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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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und nippte vergnügt. Der Weihnachtspunsch im Schloss war immer köstlich, obgleich noch niemand genau herausgefunden hatte, was alles hineingetan wurde. Als die beiden ältesten Familienmitglieder schlenderten die Zwillinge zu Miss Greythorne hinüber, um pflichtgemäß mit ihr zu plaudern; Barbara mit Mary im Schlepptau ging sofort auf Miss Hampton, die Haushälterin, und das Hausmädchen Annie zu, die beide etwas schüchterne Mitglieder der Laienspielgruppe waren, die Barbara im Dorf ins Leben gerufen hatte. Merriman sagte zu James: »Du und dein kleiner Bruder, ihr singt sehr gut.«
    James strahlte. Er war zwar kräftiger, aber nicht größer als Will und es geschah nicht oft, dass ein Fremder ihn als den überlegenen großen Bruder erkannte. »Wir singen im Schulchor«, sagte er, »und Soli bei Musikwettbewerben. Sogar einmal bei einem in London. Unser Musiklehrer ist auf Wettbewerbe ganz versessen.«
    »Ich nicht«, sagte Will, »all diese glotzenden Mütter.«
    »Aber du warst der Erste deiner Altersgruppe in London«, sagte James. »Natürlich hassten sie dich alle, weil du ihre kleinen Lieblinge geschlagen hast. Ich war nur Fünfter in meiner Gruppe«, sagte er in sachlichem Ton zu Merriman. »Will hat eine viel bessere Stimme als ich.«
    »Oh, lass das doch«, sagte Will.
    »Es ist aber doch wahr.« James hatte Sinn für Gerechtigkeit. »Jedenfalls so lange, bis wir in den Stimmbruch kommen. Vielleicht sind danach unsere Stimmen beide nichts mehr wert.«
    Merriman sagte in Gedanken versunken: »Tatsächlich wirst du eine sehr schöne Tenorstimme bekommen. Fast bühnenreif. Die Stimme deines Bruders wird ein Bariton — sehr angenehm, aber nichts Besonderes.«
    »Das könnte vielleicht stimmen«, sagte James höflich, aber nicht überzeugt. »Natürlich kann man das gar nicht vorhersagen.«
    Will sagte streitlustig: »Aber er — «, dann fing er Merrimans dunklen Blick auf und schwieg. »Hmm, aah«, sagte er verlegen und James sah ihn erstaunt an.
    Miss Greythorne rief Merriman quer durch den Raum zu: »Paul würde gern die alten Schnabelflöten und die anderen Instrumente sehen. Wollen Sie sie ihm bitte zeigen?«
    Merriman antwortete mit einer leichten Verbeugung. Wie beiläufig sagte er zu Will und James: »Habt ihr Lust mitzukommen?«
    »Nein, danke«, sagte James prompt. Seine Augen waren auf eine Tür gerichtet, durch die die Haushälterin eben mit einem neuen Tablett trat. »Ich rieche Miss Hamptons Weihnachtspastetchen.«
    Will hatte verstanden und sagte: »Ich würde die Flöten gern sehen.«
    Er ging mit Merriman auf Miss Greythornes Stuhl zu, zu dessen beiden Seiten Paul und Robin steif und ein wenig verlegen wie zwei Wachtposten Stellung bezogen hatten.
    »Nun geht schon«, sagte Miss Greythorne munter. »Und du gehst auch mit, Will? Natürlich, du interessierst dich auch für Musik, das hatte ich ganz vergessen. Wir haben drinnen eine ganz schöne Sammlung von Instrumenten. Es wundert mich, dass ihr sie noch nie gesehen habt!«
    Durch ihre Worte abgelenkt, sagte Will gedankenlos: »In der Bibliothek?«
    Miss Greythornes scharfe Augen blitzten ihn an: »Die Bibliothek?«, sagte sie. »Du musst uns mit jemand anderem verwechseln, Will. In diesem Haus gibt es keine Bibliothek. Ich glaube, es hat einmal eine kleine gegeben, mit sehr wertvollen Büchern, aber sie ist vor mehr als einem Jahrhundert ausgebrannt. In diesem Teil des Hauses hat ein Blitz eingeschlagen und, so sagt man, großen Schaden angerichtet.«
    »O mein Gott«, sagte Will verwirrt.
    »Nun, das ist wohl kein Thema für Weihnachten«, sagte Miss Greythorne und winkte, dass sie gehen sollten. Dann wandte sie sich mit einem liebenswürdigen, konventionellen Lächeln Robin zu und Will fragte sich, ob nicht doch vielleicht die beiden Miss Greythornes, die er nun kannte, nur eine einzige waren.
    Merriman führte die beiden Jungen zu einer Seitentür, dann gingen sie durch einen modrig riechenden kurzen Flur und kamen in einen hohen hellen Raum, den Will nicht sofort wieder erkannte. Erst als er den Kamin sah, merkte er, wo er war. Es war die riesige Feuerstelle mit der breiten Einfassung, den viereckigen Füllungen mit den geschnitzten Rosen. Aber an den anderen Wänden fehlte die Täfelung die Wände waren einfach weiß gestrichen und mit einigen phantastischen Seestücken geschmückt, die in leuchtenden blauen und grünen Tönen gemalt waren.
    »Miss Greythornes Vater war ein sehr musikliebender Herr«, sagte er mit seiner Dienerstimme.

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