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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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stöhnend sträubte. »Was ist das denn?«
    »Vielleicht ein Schock«, sagte Merriman.
    »Er benimmt sich wirklich sehr merkwürdig«, sagte Mr. Stanton. »Vor ein paar Tagen haben wir ihn bewusstlos im Schnee gefunden und wir dachten schon, er hätte sich erholt, aber jetzt — «
    Der stärker werdende Wind knallte die Haustür zu und der Wanderer schrie. »Hm«, sagte der Arzt und winkte zwei große junge Leute herbei, die ihn in ein anderes Zimmer tragen sollten. »Überlassen Sie ihn nur mir«, sagte er fröhlich. »Bis jetzt haben wir ein gebrochenes Bein und zwei verstauchte Fußgelenke. Der Alte wird für Abwechslung sorgen.«
    Er trottete hinter seinem Patienten her. Wills Vater spähte in die Dämmerung hinaus. »Meine Frau wird sich Sorgen machen«, sagte er. »Wir müssen gehen.«
    Merriman sagte sanft: »Ich glaube, wenn Sie jetzt gehen, werden Sie weggehen, aber nicht ankommen. Vielleicht in einer kleinen Weile — «
    »Die Finsternis erhebt sich, siehst du«, sagte Will.
    Sein Vater sah ihn mit einem halben Lächeln an: »Du wirst ja plötzlich ganz poetisch. Also gut, wir warten noch ein bisschen. Ich muss sagen, ich bin ganz dankbar für eine Pause. Wir wollen inzwischen Miss Greythorne begrüßen. Wo ist sie, Lyon?«
    Merriman, der beflissene Butler, führte sie durch die Menge. Es war die seltsamste Versammlung, die Will je gesehen hatte. Plötzlich war das Dorf ganz nah aneinander gerückt, eine winzige Kolonie von Betten, Koffern und Decken. Überall hatten sich in dem riesigen Raum kleine Nester gebildet; ein Bett oder eine Matratze in eine Ecke gerückt oder von ein paar Stühlen abgezäunt. Miss Bell winkte ihnen fröhlich von einem Sofa. Es war wie ein unordentliches Hotel, wo alle im Foyer kampieren.
    Miss Greythorne saß steif und aufrecht in ihrem Rollstuhl neben dem Feuer und las einer sprachlosen Gruppe von Dorfkindern
Der Phönix und der Teppich
vor. Wie alle anderen im Raum sah sie ungewöhnlich heiter und froh aus.
    »Komisch«, sagte Will, während sie sich einen Weg durch das Chaos bahnten. »Alles ist ziemlich schrecklich und doch sehen die Leute glücklicher aus als sonst. Sieh sie dir doch an. Sie sprudeln.«
    »Es sind Engländer«, sagte Merriman.
    »Ganz recht«, sagte Wills Vater, »bewundernswert in der Not und langweilig in ruhigen Tagen. Nie zufrieden. Wir sind wirklich ein seltsamer Haufen. Sie sind kein Engländer, nicht wahr?«, sagte er plötzlich zu Merriman und Will war über den leichten Unterton von Feindseligkeit erstaunt.
    »Ein Mischling«, sagte Merriman unbewegt. »Es ist eine lange Geschichte.« Seine tief liegenden Augen funkelten auf Mr. Stanton herunter und dann hatte Miss Greythorne sie entdeckt.
    »Ah, da sind Sie ja! Guten Abend, Mr. Stanton, na, Jungens, wie geht's denn? Wie finden Sie das hier? Ist es nicht herrlich?« Sie ließ das Buch sinken, der Kreis der Kinder öffnete sich, um die Neuankömmlinge durchzulassen, und die Zwillinge und ihr Vater wurden von Miss Greythorne mit Beschlag belegt.
    Merriman sagte leise in der Alten Sprache zu Will: »Schau ins Feuer, so lange, wie du brauchst, um mit der rechten Hand jedes der großen Zeichen abzutasten. Schau ins Feuer; mach es zu deinem Freund. Halte deinen Blick die ganze Zeit fest ins Feuer gerichtet.«
    Neugierig trat Will ans Feuer, als wollte er sich wärmen, und tat, wie ihm gesagt worden war. Während er in die tanzenden Flammen des riesigen Holzfeuers starrte, fuhr er mit dem Finger sanft an den Umrissen des Zeichens aus Eisen, des Zeichens aus Bronze, des Zeichens aus Holz, des Zeichens aus Stein entlang. Er sprach zum Feuer, nicht wie damals, als er es auslöschen wollte, sondern als ein Uralter, der das Buch
Gramarye
kennt. Er sprach zu ihm von dem roten Feuer in der Königshalle, von dem blauen Feuer, das über dem Moor tanzt, von dem gelben Feuer, das zum Frühlingsfest und am Abend vor Allerheiligen auf den Hügeln entzündet wird, vom Wildfeuer und Notfeuer und vom kalten Feuer der See, von der Sonne und den Sternen. Die Flammen tanzten. Seine Finger hatten das Ende ihrer Reise erreicht, sie hatten das letzte Zeichen umkreist. Er blickte auf. Er blickte auf und sah..
    ... er sah nicht den fröhlichen Haufen der versammelten Dorfbewohner in einem hohen, getäfelten modernen Raum, der von elektrischen Glühbirnen erleuchtet war, sondern die weite, von Kerzen erleuchtete Steinhalle mit ihren Bildteppichen und dem hohen gewölbten Dach, wie er sie schon einmal vor langer, langer Zeit

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