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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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auszogen und Mr. Stanton sagte:
    »... nett von dem alten Mädchen, dass sie alle dahaben will. Natürlich haben sie Platz genug und die Kamine und die alten Wände sind so dick, dass sie die Kälte besser abhalten als alle anderen Häuser. Es ist so wirklich am besten für die Leute aus den kleinen Häuschen — die arme Miss Bell hätte es nicht überlebt ... Aber wir sind hier natürlich gut aufgehoben. Wir versorgen uns selbst. Nicht nötig, dass wir denen im Schloss zur Last fallen.«
    »O Papa«, rief Will heftig, »findest du nicht, dass wir auch hingehen sollten?«
    »Nein, das finde ich nicht«, sagte sein Vater mit einer lässigen Selbstzufriedenheit, gegen die — das hätte Will wissen müssen — schwerer anzukommen war als gegen Härte.
    »Aber Mr. Lyon sagte doch, es würde noch gefährlicher werden, weil der Sturm stärker wird.«
    »Ich glaube, Will, ich kann mir selber ein Urteil über das Wetter bilden, ohne Miss Greythornes Butler zu Rate zu ziehen«, sagte Mr. Stanton gemütlich.
    »Huh huh«, sagte Max lachend, »hört euch das an. Du bist doch ein richtiger alter Snob.«
    »Na hör mal, so hab ich es nicht gemeint.« Sein Vater warf einen feuchten Schal nach ihm. »Es ist eher ein umgekehrter Snobismus. Ich sehe einfach keinen Grund, warum wir hinpilgern und von der Wohltätigkeit der Schlossherrin profitieren sollen. Wir haben hier noch alles, was wir brauchen.«
    »Da hast du Recht«, sagte Mrs. Stanton munter. »Und jetzt macht, dass ihr aus der Küche kommt. Ich will Brot backen.«
    Seine einzige Hoffnung, so fand Will, war jetzt der Wanderer selbst.
    Er schlüpfte nach oben in das winzige Gastzimmerchen, wo der Wanderer im Bett lag. »Ich muss mit Ihnen sprechen.«
    Der alte Mann wandte den Kopf auf dem Kissen. »Also gut«, sagte er. Er schien eingeschüchtert und unglücklich. Plötzlich tat er Will sehr Leid.
    »Geht es Ihnen besser?«, sagte er. »Ich meine, sind Sie wirklich krank, oder fühlen Sie sich nur schwach?«
    »Ich bin nicht krank«, sagte der Wanderer mit matter Stimme. »Nicht mehr als sonst.«
    »Können Sie gehen?«
    »Du willst mich in den Schnee hinausjagen, ist es das?«
    »Natürlich nicht«, sagte Will. »Mama würde Sie nie in diesem Wetter weglassen und ich auch nicht; übrigens habe ich dabei nicht viel zu sagen. Ich bin der jüngste in der Familie, das wissen Sie doch.«
    »Aber du bist ein Uralter«, sagte der Wanderer und sah ihn misstrauisch an.
    »Nun, das ist etwas anderes.«
    »Nein, es ist überhaupt nichts anderes. Es bedeutet, dass es überhaupt keinen Zweck hat, wenn du mir gegenüber so tust, als wärest du nur ein kleiner Junge in einer Familie. Ich weiß es besser.«
    Will sagte: »Sie waren der Hüter eines der großen Zeichen. Ich verstehe nicht, warum Sie mich hassen.«
    »Ich tat nur, wozu ich gezwungen wurde«, sagte er alte Mann. »Ihr habt mich genommen ... ihr habt mich ausgewählt ...« Seine Stirn furchte sich, als versuche er, sich an etwas längst Vergangenes zu erinnern; dann gab er es wieder auf. »Ich wurde gezwungen.«
    »Hören Sie, ich will Sie zu gar nichts zwingen, aber es gibt etwas, das uns alle angeht. Es schneit so schlimm, dass alle im Dorf ins Schloss ziehen, so wie in eine Art Herberge, weil es dort sicherer und wärmer ist.«
    Während er sprach, hoffte er, dass der Wanderer schon wusste, worauf er hinauswollte, aber es war unmöglich, in die Gedanken des alten Mannes einzudringen; immer wenn er es versuchte, hatte er das Gefühl, gegen eine nachgiebige Wand anzurennen.
    »Der Doktor wird auch dort sein«, sagte er. »Wenn Sie also so täten, als brauchten Sie einen Arzt, könnten wir alle ins Schloss gehen.«
    »Willst du sagen, dass ihr sonst nicht hingeht?« Der Wanderer blinzelte ihn argwöhnisch an.
    »Mein Vater will nicht. Aber wir müssen hin, es ist sicherer — «
    »Ich werde auch nicht hingehen«, sagte der Wanderer. Er wandte den Kopf ab. »Geh weg. Lass mich in Ruhe.«
    Will sagte leise, in warnendem Ton, in der Alten Sprache: »Die Finsternis wird dich holen.«
    Ein Schweigen entstand. Dann wandte der Wanderer seinen struppigen grauen Kopf und Will wich zurück, als er das Gesicht sah. Denn einen Augenblick lang war die Geschichte des Alten unverhüllt darin zu lesen. In den Augen lagen bodenlose Tiefen von Pein und Entsetzen. Bittere Erfahrung hatte schreckliche Linien in das Gesicht gezeichnet. Dieser Mann hatte so abgründige Ängste, solche Not ausgestanden, dass nichts ihn mehr berühren konnte. Zum

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