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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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zurückgerannt, in jeder Hand einen leeren Eimer. Am Kamin war wieder Bewegung entstanden; es zischte von neuem, Qualm puffte ins Zimmer und Frank Dawson taumelte zurück.
    »Hoffnungslos«, sagte er wütend, »hoffnungslos! Sobald ich die Feuerstelle gesäubert habe, fällt neuer Schnee nach. Und die Kälte — « Er blickte verzweifelt um sich. »Sieh sie dir an, Will.«
    Im Raum herrschten Elend und Chaos; kleine Kinder weinten, die Eltern umklammerten sie und drückten sie an sich, um sie warm zu halten. Will rieb seine eiskalten Hände, seine Füße und sein Gesicht waren gefühllos. Es wurde immer kälter in der Halle und aus der erstarrten Welt draußen drang nicht einmal der leiseste Windhauch. Er hatte immer noch das Gefühl, auf zwei Zeitebenen gleichzeitig zu sein, wenn er auch von der alten Halle nichts sah, er spürte doch die drohende und hartnäckige Gegenwart der neun hohen glitzernden Eiskerzen. Als er sich in seiner eigenen Zeit wieder gefunden hatte, waren sie nur wie ein geisterhafter Schimmer gewesen, aber je stärker die Kälte wurde, desto deutlicher sichtbar wurden sie. Will wusste, dass sie irgendwie die Macht der Finsternis auf ihrem mittwinterlichen Höhepunkt darstellten, aber er wusste auch, dass sie Teil eines besonderen Zaubers waren, den die Finsternis ausübte, und dass dieser Zauber wie so mancher andere in dem langen Kampf von den Kräften des Lichtes gebrochen werden konnte, wenn man zur rechten Zeit das Richtige tat. Aber was war das?
Was?
    Dr. Armstrong kam mit seiner schwarzen Tasche zurück. Vielleicht gab es doch ein Mittel, ein einziges, der Kälte Einhalt zu gebieten, bevor sie alles zerstörte. Ein Mensch, der ohne Hintergedanken einem anderen half; vielleicht war dies das Ereignis, das die übernatürliche Macht der Finsternis abwehrte ...
    Will war plötzlich ganz gespannte Aufmerksamkeit. Der Doktor trat auf den Wanderer zu, der immer noch in John Smith' Griff unzusammenhängende Flüche murmelte, und geschickt hatte er die Nadel in den Arm des alten Mannes hineingestoßen und wieder herausgezogen, bevor dieser noch wusste, was geschah. »So«, sagte er beruhigend. »Das wird Ihnen helfen. Schlafen Sie jetzt.«
    Unbewusst rückte Will näher heran, um seine Hilfe anzubieten, falls man sie brauchte. Er sah, dass auch Merriman, Bauer Dawson und der alte George näher traten. Arzt und Patient waren von einem Kreis von Uralten umgeben, der jede Einmischung ausschloss.
    Der Wanderer sah Will, knurrte wie ein Hund und zeigte seine schadhaften gelben Zähne. »Erfrieren, du wirst erfrieren«, zischte er, »und die Zeichen werden mir gehören, was immer du ... versuchst ... was immer ...« Aber er wankte und blinzelte, die Stimme versagte, die Droge begann zu wirken und in dem Augenblick, wo sich ein Schimmer von Verdacht in seinem Blick zeigte, fielen ihm die Augen zu. Die Uralten machten noch einen Schritt nach vorn, schlossen den Kreis noch fester. Der alte Mann blinzelte noch einmal, das Weiße der Augen zeigte sich, dann war er bewusstlos.
    Und nun, da das Bewusstsein des Wanderers ausgeschaltet war, war der Finsternis der Zugang zum Haus versperrt.
    Sofort änderte sich die Atmosphäre in der Halle. Die Spannung ließ nach, die Kälte war weniger beißend, die Angst und das Elend begannen sich wie ein Nebel zu lichten. Dr. Armstrong richtete sich kopfschüttelnd auf, Verwirrung lag in seinem Blick; seine Augen weiteten sich, als er den Kreis gespannter Gesichter sah, die ihn umringten. Ärgerlich begann er: »Was ...«
    Aber Will hörte nichts mehr, denn aus der Menge heraus rief Merriman ihnen eindringlich in der Sprache der Gedanken etwas zu:
»Die Kerzen! Die Kerzen des Winters! Holt sie, bevor sie vergehen!«
    Die vier Uralten verteilten sich hastig in der Halle, wo die seltsamen blau-weißen Säulen immer noch geisterhaft an den drei Wänden standen und ihr tödliches Licht verbreiteten. Sie packten die Kerzen, eine mit jeder Hand; Will, der Kleinste, sprang schnell auf einen Stuhl, um die letzte zu ergreifen. Sie war kalt und glatt und lag schwer in seiner Hand, wie Eis, das nicht schmilzt. In dem Augenblick, wo er sie berührte, wurde ihm schwindlig, sein Kopf drehte sich ...
    ... und er war, zusammen mit den vier anderen, wieder in jener Halle einer früheren Zeit, neben dem Kamin saß wieder die Alte Dame in ihrem hochlehnigen Stuhl und die blauäugige Frau des Schmieds saß zu ihren Füßen.
    Es war klar, was getan werden musste. Mit den Kerzen der Finsternis

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