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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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versuchte; dann trat Todesangst in seine Augen. »Nur mein Kopf ... ich fühle meinen Kopf, weil er schmerzt. Aber meine Arme, meine Beine, sie sind ... nicht da ...«
    Eine schreckliche, verzweifelte Hoffnungslosigkeit stand jetzt in dem gefurchten Gesicht. Hawkin sah Merriman voll an. »Ich bin verloren«, sagte er. »Ich weißes. Sie werden mich weiterleben lassen, das schlimmste Leiden kommt jetzt. Das letzte Recht eines Menschen ist es, zu sterben. Sie haben es die ganze Zeit verhindert, Sie haben mich durch die Jahrhunderte leben lassen, obgleich ich mich oft nach dem Tod gesehnt habe. Und ich habe mich nur darum in einen Verrat verstrickt, weil ich nicht die Urteilskraft eines Uralten hatte ...«
    Das Leid und die Sehnsucht in seiner Stimme waren unerträglich; Will wandte sich ab.
    Aber Merriman sagte: »Du warst Hawkin, mein Pflegesohn und mein Gefolgsmann, du hast deinen Herrn und du hast das Licht betrogen. Darum wurdest du zum Wanderer, um so lange über die Erde zu wandern, wie das Licht dessen bedurfte. Und so hast du in der Tat weitergelebt. Aber wir haben dich seitdem nicht mehr gehalten, mein Freund. Als die Aufgabe des Wanderers erfüllt war, warst du frei und du hättest für immer ausruhen können. Stattdessen hast du den Verlockungen der Mächte der Finsternis geglaubt und das Licht ein zweites Mal betrogen ... ich habe dir die Freiheit der Wahl gegeben, Hawkin, und habe sie nicht zurückgenommen. Ich kann es nicht. Sie ist immer noch dein. Keine Macht der Finsternis oder des Lichts kann einen Menschen zu mehr machen als einem Menschen, wenn die übernatürliche Rolle, die er vielleicht hat spielen müssen, beendet ist. Aber keine Macht der Finsternis oder des Lichts kann dir auch deine Rechte als Mensch nehmen. Wenn der schwarze Reiter dir das gesagt hat, so hat er gelogen.«
    Das verzerrte Gesicht blickte ungläubig zu ihm auf. »Ich kann Ruhe finden? Es wird ein Ende und Ruhe geben, wenn ich will?«
    »Du hast dich immer entscheiden können«, sagte Merriman traurig.
    Hawkin nickte. Schmerz überschattete sein Gesicht und verflog wieder. Die Augen, die jetzt zu ihnen aufsahen, waren wieder die hellen, lebhaften Augen des Anfangs, die Augen des kleinen anmutigen Mannes im grünen Samtrock. Sie wandten sich Will zu. Hawkin sagte leise: »Nutze die Gabe wohl, Uralter.«
    Dann sah er wieder Merriman an, mit einem langen, unergründlichen und doch vertrauensvollen Blick. Fast unhörbar sagte er: »Mein Herr ...«
    Dann erlosch das Licht der hellen Augen.

Der Kreis der Zeichen
    In der niedrigen Schmiede stand Will mit dem Rücken zum Eingang und starrte ins Feuer. Es brannte rot und golden und in einem wilden Gelb-Weiß, während John Smith den Blasebalg bediente. Zum ersten Mal an diesem Tage fühlte sich Will behaglich. Es konnte nicht viel geschehen, wenn ein Uralter in einem eisigen Strom nass wie ein Fisch wurde, aber er war doch froh zu fühlen, wie die Wärme seinen Körper durchdrang. Das Feuer erhellte sein Gemüt, wie es den ganzen Raum erhellte.
    Und doch war der Raum nicht wirklich hell, denn nichts, was Will sah, schien Festigkeit zu haben. Die Luft zitterte. Nur das Feuer schien wirklich; alles andere war wie eine Spiegelung.
    Er sah, dass Merriman ihn mit einem leisen Lächeln beobachtete.
    »Es ist wieder dieses zwischenweltliche Gefühl«, sagte Will erstaunt. »Das gleiche wie im Schloss, als wir gleichzeitig in zwei Zeiten waren.«
    »Ja, genauso. Und so ist es auch wieder.«
    »Aber wir sind doch in der Zeit der Schmiede«, sagte Will. »Wir sind durch das Tor geschritten.«
    Und so war es gewesen: Als die Wilde Jagd die Finsternis davon-getrieben hatte, waren sie auf der dunklen, nassen Heide durch das Tor gegangen. Sie waren in eine Zeit getreten, die sieben Jahrhunderte zurücklag, aus der Hawkin gekommen war und in die Will an jenem stillen verschneiten Morgen seines Geburtstages gegangen war. Auf Pollux' breitem Rücken hatten sie Hawkin zum letzten Mal in sein Jahrhundert zurückgebracht. Als sie alle das Tor durchschritten hatten, hatte George das Pferd mit Hawkins Leiche in die Richtung der Kirche davongeführt. Und Will wusste, dass in seiner eigenen Zeit irgendwo auf dem Dorffriedhof, unter einem Stein, dessen Aufschrift bis zur Unleserlichkeit abgebröckelt war, das Grab eines Mannes namens Hawkin liegen würde, der einmal im dreizehnten Jahrhundert gestorben war und seitdem hier in Frieden geruht hatte.
    Merriman zog ihn zum Eingang der Schmiede, wo der schmale Pfad

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