Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
Schäfer,
Die klingt und weckt die alten Schläfer;
Zaubermacht der grünen Hexe, die am Meeresgrunde träumt;
Alle finden einst das Licht, Silber, das die Bäume säumt.
Die gelben Augen blickten Will wieder an, aber ohne ihn zu sehen; sie waren abweisend, kühl; ein kaltes Feuer stieg in ihnen auf und brachte die grausamen Züge des Gesichtes vollends zum Vorschein. Aber Will verstand, dass diese Grausamkeit die wilde Unerbittlichkeit der Natur war. Nicht aus Bosheit jagten die Herren und die Diener des Lichts die Finsternis, sondern weil die Natur es so erforderte.
Herne, der Jäger, riss das große weiße Pferd herum, weg von Will und der großen Eiche, und die Furcht erregende Silhouette wurde im Mondlicht vor den immer noch drohenden Gewitterwolken sichtbar. Er hob den Kopf und stieß einen Schrei aus, der wie das Hornsignal eines Jägers klang, der die Meute zur Jagd ruft. Das Jagdhorn seiner Stimme wurde lauter und lauter, schien den Himmel zu füllen, als käme es aus tausend Kehlen gleichzeitig.
Und Will sah, dass dies wirklich so war, denn aus jeder Ecke des Parkes, aus jedem Schatten, hinter jedem Baum hervor, aus jeder Wolke, über den Boden rasend und durch die Luft springend, kam eine endlose Hundemeute; sie kläfften und bellten wie Jagdhunde, die eine Spur aufnehmen. Es waren riesenhafte, weiße, gespenstische Tiere, die durcheinander rannten, sich stießen und balgten; sie beachteten weder die Uralten noch sonst etwas, hörten nur auf Herne auf seinem weißen Ross. Ihre Ohren waren rot, ihre Augen waren rot, es waren hässliche Geschöpfe. Will wich ihnen unwillkürlich aus, aber eine große silbrige Dogge verhielt einen Augenblick, um ihm einen Blick zuzuwerfen. Die roten Augen in dem weißen Kopf waren wie Flammen, die roten Ohren waren in so schrecklichem Eifer gespitzt, dass Will versuchte nicht daran zu denken, wie es sein musste, von solchen Hunden gehetzt zu werden.
Bellend und winselnd umringten sie Herne wie ein wogendes Meer rotfleckigen Schaums. Dann plötzlich richtete der Mann mit dem Geweih sich auf, wies mit den Hörnern auf ein Ziel und rief die Hunde mit einem schnellen, eindringlichen Ruf, dem
me
nee, das die Meute auf die Fährte hetzt. Das eifrige Kläffen und Bellen der losstürzenden Tiere füllte die Luft und im selben Augenblick brach das Gewitter mit voller Gewalt los. Wolken barsten und Blitze zuckten, während Herne auf dem weißen Ross sich in den Himmel schwang und die rotäugigen Hunde wie eine weiße Flut hinter ihm her in die Luft sprangen.
Aber dann erstickte ein schreckliches Schweigen den tosenden Lärm. In einer letzten verzweifelten Anstrengung hatte die Finsternis die Schranken, die sie fern gehalten hatten, durchbrochen, um Will zu fangen. Himmel und Erde verdeckend, kam die tödlich kreisende Säule auf ihn zu, schrecklich in ihrer wirbelnden Wut und ihrer völligen Stille.
Es blieb keine Zeitmehr, sich zu fürchten. Will stand allein. Und die hohe schwarze Säule umschloss ihn mit all den ungeheuerlichen Kräften, die die Finsternis in dem kreisenden Nebel angesammelt hatte. In ihrer Mitte bäumte sich das schwarze Pferd mit dem schwarzen Reiter, dessen Augen wie blaue Funken brannten. Will rief vergeblich jeden Zauber auf, der ihn schützen konnte, er wusste, dass seine Hände keine Kraft hatten, die hilfreichen Zeichen hervorzuziehen. Verzweifelt schloss er die Augen.
Aber durch das tödliche, erstickende Schweigen, das ihn umhüllte, klang ein leiser Laut. Es war das seltsam hohe Kläffen am Himmel, als zögen Wildgänse durch eine Herbstnacht, das er schon dreimal an diesem Tag gehört hatte. Es kam immer näher, wurde immer lauter. Er öffnete die Augen und sah ein Schauspiel, wie er es nie zuvor gesehen hatte und nie mehr sehen würde.
Die Hälfte des Himmels war schwarz, erfüllt vom schweigenden Wüten der Finsternis, vom Wirbeln ihrer gewaltigen Stürme, aber vom Westen kam mit der Geschwindigkeit fallender Steine Herne mit der Wilden Jagd. In voller Kraft kamen sie aus der Gewitterwolke gebraust; begleitet von Blitzen und grau-purpurnen Wolken, ritten sie auf dem Sturm. Der gelbäugige Mann mit dem Geweih schrie mit einem 'schrecklichen Lachen das
avaunt,
das die Hunde in voller Jagd sammelt, und sein strahlendes, weiß-goldenes Pferd stürzte mit fliegender Mähne und fliegendem Schwanz vorwärts.
Und um ihn und hinter ihm strömten wie ein breiter weißer Strom die Hunde, die Kläffer, die Winsler, die Schicksalshunde. Ihre Augen
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