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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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Welt sich im Kreise. In seinem Kopf brauste es wie dahinschießendes Wasser, bis für einen Augenblick die Stimme wieder hindurchdrang.
    »Will! Wach für einen Augenblick auf ...«
    Es war die Stimme seiner Mutter. Er wusste es, konnte sich aber nicht konzentrieren. Die Dunkelheit wirbelte und dröhnte.
Ich habe etwas verloren. Es ist nicht mehr da. Was war es? Es war schrecklich wichtig, ich muss mich erinnern, ich muss einfach!
Er versuchte, wieder zu sich zu kommen, und hörte sich selbst wie aus weiter Ferne stöhnen.
    »Los geht's.« Eine andere Stimme. Der Arzt. Ein kräftiger Arm stützte ihn, kaltes Metall berührte seine Lippen, eine Flüssigkeit, geschickt eingeflößt, rann ihm durch die Kehle. Automatisch schluckte er. Die Welt drehte sich wild im Kreise herum. Die Panik kehrte wieder. Ein paar Wörter kamen ihm flüchtig in den Sinn und verschwanden, wie ein Fetzen Musik. Sein Gedächtnis griff gierig nach ihnen ...
»Am Tage der Toten ...«
    Mrs Stanton schaute besorgt auf das weiße Gesicht hinunter, auf die dunkel umrandeten geschlossenen Augen, das feuchte Haar.
    »Was hat er gesagt?«
    Will setzte sich plötzlich auf, die Augen weit geöffnet.
»Am Tage der Toten ...«
Er sah sie beschwörend an, ohne sie zu erkennen. »An mehr kann ich mich nicht erinnern! Es ist weg! Da war etwas, an das ich mich erinnern musste, etwas, was ich tun musste, es war wichtiger als alles andere, und ich habe es verloren! Ich habe verges...sen ...« Sein Gesicht verzog sich und er fiel auf das Kissen zurück. Tränen rannen ihm über die Wangen. Seine Mutter beugte sich über ihn, nahm ihn in die Arme und redete beruhigend auf ihn ein, als wäre er ein Baby. Nach kurzer Zeit begann er, sich zu entspannen und leichter zu atmen. Sie blickte bekümmert auf.
    »Fantasiert er?«
    Der Arzt schüttelte den Kopf; sein rundes Gesicht drückte Mitleid aus. »Nein, das ist vorbei. Physisch hat er das Schlimmste hinter sich. Das hier ist eher ein schlechter Traum, eine Halluzination ... obwohl es durchaus möglich ist, dass er wirklich etwas vergessen hat. Der Geist kann sehr abhängig sein von der Gesundheit des Körpers, auch bei Kindern ... Machen Sie sich keine Sorgen. Er wird jetzt schlafen. Und von jetzt an wird es ihm von Tag zu Tag besser gehen.«
    Mrs Stanton seufzte und streichelte ihrem jüngsten Sohn die feuchte Stirn. »Ich bin Ihnen sehr dankbar. Sie sind so oft gekommen ... Es gibt nicht viele Ärzte, die ...«
    »Na, na«, sagte der kleine Dr. Armstrong forsch und nahm Wills Handgelenk zwischen Daumen und Zeigefinger. »Wir sind doch alle alte Freunde. Eine Zeit lang war er sehr, sehr krank. Er wird auch noch lange schlapp sein ... Selbst Kinder erholen sich von so etwas nicht so schnell. Ich komme wieder vorbei Alice. Jedenfalls muss er noch mindestens eine Woche im Bett bleiben, und zur Schule darf er erst in einem Monat wieder gehen. Könnten Sie ihn irgendwo hinschicken? Zum Beispiel zu Ihrer Kusine nach Wales, bei der Mary über Ostern war?«
    »Ja, er könnte nach Wales gehen, da bin ich mir sicher. Es ist dort auch im Oktober schön und die Seeluft ... Ich werde ihnen schreiben.«
    Will bewegte den Kopf auf dem Kissen und murmelte etwas, aber er wachte nicht auf.

Teil I

Die goldene Harfe

Die ältesten Berge
    Er erinnerte sich, dass Mary gesagt hatte: »Sie sprechen alle walisisch, meistens jedenfalls. Sogar Tante Jen.«
    »Oje«, sagte Will.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte seine Schwester. »Früher oder später schalten sie auf Englisch um, wenn sie merken, dass du da bist. Du musst nur Geduld haben. Und sie werden besonders nett sein, weil du krank warst. Zu mir waren sie es jedenfalls, nach meinem Mumps.«
    Und so stand Will nun geduldig auf dem windigen grauen Bahnsteig des kleinen Bahnhofs von Tywyn in einem dünnen, herbstlichen Sprühregen und wartete, während neben ihm zwei Männer in der marineblauen Dienstkleidung der Bahnbeamten sich auf Walisisch miteinander unterhielten. Der eine war klein und verhutzelt wie ein Gnom, der andere sah weich und breiig aus, wie ein Mann aus Teig.
    Der Gnom entdeckte Will.
»Beth sy'n bod?«,
sagte er.
    »Hm ... entschuldigen Sie«, sagte Will. »Mein Onkel sagte, dass er mich vom Zug abholen wollte, am Bahnhof, aber dort ist niemand. Können Sie mir sagen, ob er vielleicht einen anderen Ort gemeint haben kann?«
    Der Gnom schüttelte den Kopf.
    »Und wie heißt dein Onkel?«, erkundigte sich der Mann mit dem Teiggesicht.
    »Mr Evans, aus Bryn-Crug. Vom

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