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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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bellten und kreischten die Füchse. Und dann war nur noch nackter grauer Fels vor Will: eine gewaltige leere Wand, die das Ende des Spalts bildete. Will starrte auf den Fels, und ein erregtes Gefühl der Entdeckung und der Erleichterung erfüllte ihn, vergleichbar mit einer großen Freude. Neben ihm stand Cafall, aufrecht und stolz wie ein junges Pferd. Will legte eine Hand auf den weißen Kopf des Hundes. Den anderen Arm streckte er aus, die Finger starr ausgerichtet in einer Geste des Befehlens, und er rief drei Worte in der Alten Sprache.
    Und der Felsen vor ihm öffnete sich wie ein großes Tor, zu den leisen, sehr leisen Tönen zarter Musik, die schmerzlich vertraut und doch fremd war, verklungen, kaum dass man sie vernommen hatte. Will schritt voran durch das Felsentor, und Cafall blieb vertrauensvoll an seiner Seite, mit erhobenem Kopf und wedelndem Schwanz. Bran folgte ihnen etwas zögernd.

Der Vogelfelsen
    Sie hatten keine Ahnung, ob sie sich tief innerhalb des Craig yr Aderyn befanden oder ob sie durch die grauen Felstüren an einen anderen Ort und in eine andere Zeit geraten waren. Es war unwichtig für Will. Heiterkeit erfüllte ihn bei diesem eigentlichen Anfang seiner ersten selbstständigen Suche als einer der Uralten. Als er zurückblickte, überraschte es ihn nicht, dass die Türen, durch die sie gekommen waren, nicht mehr da waren. Die Felsenwand am Ende der Kammer, wo sie jetzt standen, war glatt und ohne Risse, und an ihr, hoch oben, hing ein runder goldener Schild, auf den ein Licht irgendwo aus den Tiefen des Raumes einen trüben Glanz warf.
    Will warf einen prüfenden Blick auf Bran, aber Bran wirkte völlig gelassen. Sein blasses Gesicht sah merkwürdig verletzbar aus ohne Schutzbrille, aber in den Augen, die denen von Katzen glichen, konnte Will kein Gefühl erkennen, und erneut spürte Will heftige Neugier in Bezug auf diesen seltsamen Jungen, der so ganz ohne Farbe war, geboren in dem von der Finsternis heimgesuchten Tal — sterblich und doch ein Mensch, den die Uralten schon vor Jahrhunderten vorausgesehen hatten. Wie kam es, dass er, Will, selbst ein Uralter, Brans Wesen so wenig erspüren konnte?
    »Alles okay bei dir?«, fragte er.
    »Alles in Ordnung«, entgegnete Bran. Er musterte die Wände hinter Will.
»Duw«,
sagte er leise. »Wunderschön. Sieh dir die an.«
    Es war ein lang gestreckter, leerer Raum. An seinen Wänden hingen vier Wandteppiche, zwei an jeder Seite, deren kräftige Farben so tief leuchteten, dass sie in dem Dämmerlicht zu schimmern schienen, wie der goldene Schild. Will zwinkerte mit den Augen, als er die gestickten Bilder erkannte, farbenprächtig wie buntes Glas: ein silbernes Einhorn, ein Feld voller roter Rosen, eine glühende goldene Sonne ...
    Alles Licht in diesem Raum schien, wie er jetzt sah, von einer einzigen Flamme zu kommen. In einem eisernen Halter, der aus der Steinwand in der Nähe des Raumendes herausragte, stand eine einzige gewaltige Kerze. Sie war mehrere Fuß hoch und brannte mit einer weißen ruhigen Flamme von intensiver Helligkeit. Der lange Schatten der Kerze fiel über Wand und Boden, bewegungslos und ohne zu beben. Ihre Stille, so wurde Will klar, war die Stille der Hohen Magie, einer Macht, die weit über Licht oder Finsternis oder irgendwelchen Verbündeten stand — die stärkste und fernste Kraft im Universum, der er und Bran an diesem Ort bald gegenübertreten mussten.
    Neben ihm ertönte ein schwaches pfeifendes Winseln, kaum hörbar. Er blickte nach unten und sah Cafall, der seine Blicke nach hinten, auf Bran, richtete.
    Will sagte leise: »Lauf zu ihm.«
    Die kalte Nase des Hundes stupste an seine Hand, dann drehte Cafall sich um und lief mit wedelndem Schwanz zurück zu seinem Herrn. Bran fuhr in rascher, heftiger Zuneigung mit den Fingern durch das Fell des Hundes, und Will wusste, dass trotz seines gelassenen Aussehens in Brans Vorstellung eine Ungewissheit bestand, die sich einer Panik näherte. Cafall hatte das gespürt und versuchte, Bran zu beruhigen. Will überkam plötzliches Mitgefühl für Bran, aber sie hatten keine Zeit für Erklärungen.
    Er wusste, er musste sich auf sein Gefühl verlassen, dass am Ende die seltsame Distanz zu den Dingen, die bei Bran immer wahrzunehmen war, sich als große Stärke erweisen würde.
    Er sagte laut und ohne sich umzudrehen: »Hier entlang.« Dann durchschritt er mit festen Schritten den lang gestreckten hohen Raum. Bran folgte ihm mit Cafall; Will hörte die Schritte zusammen mit

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