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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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seinen eigenen auf dem steinernen Boden. Er kam zu der großen Kerze. Ihr eiserner Halter war auf der Höhe seiner Schulter im Fels verankert; die glatte weiße Kerze reichte viel höher, weit über seinen Kopf hinaus, sodass die weiße Flamme dort oben leuchtete wie ein heller Vollmond.
    Will blieb stehen. »Zuerst der Mond«, sagte er. »Dann Sterne und, wenn alles gut ist, ein Komet, und dann der Sternennebel. Und als Letztes die Sonne.«
    »Was?«, sagte Bran.
    Will blickte hinüber, ohne wirklich etwas zu sehen. Hinter seinen Augen blickte er in sich selbst und in sein Gedächtnis, nicht auf Bran. An diesem Ort war er einer der Uralten, beschäftigt mit den Angelegenheiten des Lichts; nichts sonst hatte große Bedeutung. Er sagte: »Das ist die Ordnung der Dinge, an der die Hohe Magie zu erkennen sein wird. Sodass keiner in ihre Nähe kommt außer durch Geburtsrecht.«
    Bran sagte: »Ich weiß immer noch nicht, wovon du redest.« Dann schüttelte er rasch und entschuldigend den Kopf. »Es tut mir Leid, ich wollte nicht den Eindruck erwecken ...«
    »Es spielt keine Rolle«, sagte Will. »Komm einfach hinter mir her. Du wirst sehen.«
    Ihre Schritte hallten wider und dann hatten sie das Ende des lang gestreckten Raumes erreicht und vor ihnen befand sich nichts außer einem Loch im Boden. Bran musterte es zweifelnd.
    Will sagte: »Tu, was ich tu.« Er setzte sich an den Rand der rechteckigen Öffnung und sah unter sich eine Treppe, die steil hinabführte. Er ließ sich vorsichtig hinunter und stellte fest, dass es im Treppenhaus eng und dunkel war; es kam ihm vor, als klettere er einen Brunnenschacht hinunter. Wenn er die Hände ausstreckte, berührte er an beiden Seiten Felsen, und dicht über seinem Kopf war auch Felsen. Er stieg langsam hinunter. Hinter sich hörte er Brans vorsichtige Schritte und das leise Kratzen von Cafalls Pfoten. Eine Zeit lang drang noch Licht von dem Raum über ihnen herunter und warf schwankende Schattenmuster auf die nahen Wände, aber bald verlosch auch das und es wurde völlig dunkel. An den Wänden zu seinen Seiten fanden Wills Finger zwei glatte Rinnen, die wie Geländer geformt waren, ein fester Halt für jeden, der hier hinunterstieg. Er sagte leise — und seine Stimme hallte gespenstisch wider: »Bran, wenn du die Hände ausstreckst ...«
    »Ich hab sie schon gefunden«, sagte Bran. »Wie Treppengeländer, findest du nicht? Da hat jemand eine schlaue Idee gehabt.« Seine Worte klangen kühl, aber es lag Spannung hinter ihnen. Ihre Stimmen dröhnten leise durch den Treppenschacht, gedämpft wie durch einen Nebel.
    Will sagte: »Sei vorsichtig. Vielleicht bleibe ich plötzlich stehen.« Er versuchte angestrengt, die Stimme seiner Instinkte zu hören; zufällige Bilder und Eindrücke kamen ihm in den Sinn und verschwanden wieder. Irgendetwas rief ihn, etwas, das nahe war, sehr nahe ...
    Er streckte eine Hand vor sich aus, gerade noch rechtzeitig, um zu verhindern, dass er gegen eine leere Felswand rannte. Es gab keine weitere Treppe vor ihnen, nur eine steinerne Sackgasse.
    »Was ist?«, fragte Bran hinter ihm.
    »Warte einen Moment.« Eine Anweisung kehrte langsam in Wills Erinnerung zurück, wie ein Echo aus einer anderen Welt. Mit beiden Füßen fest auf der letzten Stufe stehend, legte er beide Handflächen flach auf die raue, unsichtbare Felswand, die ihnen den Weg versperrte, und schob. Gleichzeitig sagte er bestimmte Worte in der Alten Sprache, die ihm wieder in den Sinn kamen.
    Und der Fels teilte sich, stumm, wie es auch geschehen war, als die großen Türen am Vogelfelsen sich stumm geöffnet hatten, wenn hier auch keine Musik ertönte. Mit Bran und Cafall dicht hinter ihm trat Will vor in einen matten Lichtschimmer, der ihn so mit Erstaunen erfüllte, dass er nur stehen und schauen konnte.
    Sie waren nicht mehr dort, wo sie eben noch gewesen waren. Sie befanden sich irgendwo in einer anderen Zeit, auf dem Dach der Welt. Von allen Seiten umgab sie der offene Nachthimmel wie eine riesige umgekehrte schwarze Schüssel, und an ihm funkelten die Sterne, tausende und abertausende feurige Stacheln. Will hörte Bran tief Luft holen. Sie standen da und schauten hinauf. Die Sterne funkelten um sie herum. Es war kein Laut zu hören in der Unermesslichkeit des Raums. Will spürte einen leichten Schwindel; ihm war, als stünden sie am äußersten Rand des Universums, und wenn sie fielen, würden sie aus der Zeit hinausfallen ... Während er sich umblickte, kam ihm allmählich die

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