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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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keine Erklärungen von dir.«
    Will hatte plötzlich das Gefühl, die Sonne sei durch die Wolken gebrochen. »Danke«, sagte er. Der kleinere von John Rowlands' Hunden, Tip, kam leise zu ihm und ließ sich vor seinen Füßen nieder, und er spielte mit den seidigen Ohren.
    John Rowlands schaute hinunter über den farnbraunen Hang und Will folgte seinen Blicken. Gerade über dem verkohlten Land, wo das Feuer gewütet hatte, sahen sie die winzige Gestalt, die Bran war, zusammengekauert, mit dem Rücken zu ihnen sitzen, den weißen Kopf auf die Knie gestützt.
    »Dies ist eine sehr schwere Zeit für Bran Davies«, sagte John Rowlands.
    »Ich bin froh, dass er mit Ihnen gesprochen hat«, sagte Will trübe. »Mit mir wollte er nicht reden. Nicht dass ich es ihm übel nehme. Er wird so einsam sein ohne Cafall. Ich meine, Mr Davies ist nett, aber nicht genau ... und auch, dass er keine Mutter hat, das macht es noch schlimmer.«
    »Bran hat seine Mutter nie gekannt«, sagte John Rowlands. »Er war noch zu klein.«
    Will fragte neugierig: »Wie war sie?«
    Rowlands trank seinen Tee, schüttelte den Becher trocken und schraubte ihn wieder auf die Flasche. »Sie hieß Gwen«, sagte er. Er hielt die Flasche geistesabwesend in den Händen und blickte an ihr vorbei in seine Erinnerungen. »Sie war eins der hübschesten Wesen, das man sich vorstellen kann. Klein, mit klarer heller Haut und schwarzem Haar und Augen so blau wie Ehrenpreis. Sie hatte ein strahlendes Lächeln, das wie Musik war. Aber sie war auch ein merkwürdiges wildes Ding. Sie kam von den Bergen, und nie wollte sie sagen, woher oder wie ...«
    Er wandte sich abrupt zur Seite und sah Will scharf an aus seinen dunklen Augen, die immer zusammengezogen zu sein schienen zum Schutz gegen die Witterung. »Eigentlich sollte man annehmen«, sagte er, plötzlich streitlustig, »dass du, da du der bist, der du bist, alles über Bran weißt.«
    Will sagte sanft: »Ich weiß nichts über Bran außer dem, was er mir erzählt hat. Wir sind gar nicht so viel anders als Sie, Mr Rowlands, die meisten von uns. Nur unsere Meister sind anders. Wir wissen viele Dinge, schon, aber es sind nicht Dinge, die sich in das Leben von Menschen einmischen. In diesem Punkt sind wir wie jeder andere auch — wir wissen nur, was wir am eigenen Leibe erfahren haben oder was jemand anders uns erzählt hat.«
    John Rowlands nickte versöhnlich. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, hielt inne, zog seine Pfeife aus der Tasche und stopfte mit einem Finger den Tabak nach. »Nun gut«, sagte er langsam, »vielleicht sollte ich dir die Geschichte von Anfang an erzählen. Es wird dir helfen, Bran besser zu verstehen. Einiges weiß er selbst ziemlich genau — und denkt so viel alleine darüber nach, dass ich wollte, man hätte es ihm nie erzählt.«
    Will schwieg. Er setzte sich näher zu Tip und legte ihm einen Arm um den Hals.
    John Rowlands steckte seine Pfeife an. Er sagte, durch die erste Rauchwolke hindurch: »Es geschah, als Owen Davies noch ein junger Mann war und auf Prichards Hof arbeitete. Damals lebte der alte Mr Prichard noch. Caradog arbeitete ebenfalls bei seinem Vater und wartete darauf, das Anwesen zu übernehmen, obwohl er nicht annähernd so gut bei der Arbeit war wie Owen Owen kümmerte sich um Prichards Schafe. Er war schon damals ein Einzelgänger. Er hatte ein eigenes kleines Häuschen, draußen auf dem Heideland, den Schafen näher als dem Gehöft.« Er stieß wieder eine Rauchwolke aus und sah Will an. »Du kennst das Häuschen. Es ist jetzt verlassen. Seit Jahren hat niemand dort gelebt.«
    »Die verlassene Kate? Wo Sie das Schaf zurückließen, nachdem ...« Bestürzt sah Will in Gedanken wieder John Rowlands vor sich, wie er in das kleine, leere, aus Steinen errichtete Haus inmitten des Farns stolperte, das verletzte Schaf über den Schultern und Blut von dem wolligen Fell am Hals. Das kleine Haus, aus dem das verletzte Schaf spurlos verschwunden war, als sie eine halbe Stunde später wiederkamen.
    »Die verlassene Kate, ja. Und in einer stürmischen Winternacht, als es regnete und ein kräftiger Nordwind blies, klopfte jemand an Owens Tür. Es war ein Mädchen, aus dem Nichts aufgetaucht und halb erfroren vom Sturm. Und total erschöpft, weil sie ihr Baby mit sich trug.«
    »Ihr Baby?«
    John Rowlands blickte den Berghang hinunter auf Brans zusammengesunkene Gestalt auf dem einsamen Felsen. »Es war ein kräftiger kleiner Bursche, gerade ein paar Monate alt. Sie trug ihn in

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