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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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einer Art Schlinge auf dem Rücken. Das einzige Ungewöhnliche an ihm, stellte Owen fest, war das Fehlen von jeglicher Farbe. Der Kleine hatte weiße Haut, weißes Haar, weiße Augenbrauen und sehr seltsame Augen, gelbbraun, wie die Augen einer Eule ...«
    Will sagte langsam: »Ich verstehe.«
    »Owen nahm das Mädchen auf«, sagte John Rowlands. »Er erweckte nach und nach wieder die Lebensgeister in ihr, mit großer Fürsorge, in jener Nacht und am folgenden Tag, und er kümmerte sich auch um das Baby, obwohl Babys zähe kleine Geschöpfe sind und der Kleine in ganz guter Verfassung war. Und bevor auch nur vierundzwanzig Stunden vergangen waren, hatte Owen Davies sich mehr in das fremde schöne Mädchen verliebt, als ich es je bei einem Mann gesehen habe. Er war bisher kaum verliebt gewesen, war immer sehr schüchtern. Es war wie ein Damm, der plötzlich brach ... Bei einem solchen Mann ist es gefährlich: Wenn er einmal liebt, gibt er sein ganzes Herz, ohne Rückhalt und ohne nachzudenken, und vielleicht hat er es für den Rest seines Lebens verloren.« Rowlands machte eine kurze Pause und saß schweigend da und Mitgefühl machte sein vom Wetter gegerbtes Gesicht weicher. Dann fuhr er fort: »Na ja, da waren sie also. Am nächsten Tag ging Owen zu den Schafen und ließ das Mädchen zurück, damit sie sich ausruhen konnte. Auf dem Heimweg kam er zu meinem Haus, dort auf Clwyd, um etwas Milch für das Baby zu holen. Wir waren befreundet, seit er ein Junge war, obwohl ich älter bin. Ich war nicht da, aber meine Frau war zu Hause und er erzählte ihr von Gwen und dem Baby. Meine Blodwen hat ein warmes Herz und versteht es zuzuhören. Sie sagte, es war, als brenne er lichterloh, als glühe er geradezu, er musste es irgendjemand erzählen ...«
    Weiter unten am Hang erhob Bran sich von seinem Felsblock und begann, ziellos durch den Farn zu streifen und sich dabei umzuschauen, als suche er irgendetwas.
    »Als Owen zu seinem Haus zurückkam«, sagte John Rowlands, »hörte er Schreie. Er hatte noch nie eine Frau schreien gehört. Draußen vor der Tür wartete ein fremder Hund. Caradog Prichards Hund. Owen schoss in das Haus wie der Blitz und fand dort das Mädchen im Handgemenge mit Caradog. Caradog war vorbeigekommen, um festzustellen, warum Owen am Tag zuvor nicht zur Arbeit gekommen war, und hatte stattdessen Gwen gefunden und in seiner schmutzigen Art beschlossen, dass sie ein leichtes Mädchen sein müsse und dass es ihm mit Leichtigkeit gelingen würde, sie zu nehmen, wenn ihm der Sinn danach stand ...« John Rowlands lehnte sich zur Seite und spuckte ins Gras. »Entschuldige, Will«, sagte er, »aber so ist mir zumute, wenn ich Caradog Prichards Namen in den Mund genommen habe.«
    »Was geschah dann? Was hat er getan?« Will konnte es nicht fassen, dass diese romantische Liebesgeschichte etwas mit dem farblosen Durchschnittsmenschen Owen Davies zu tun haben sollte.
    »Owen? Er drehte durch. Er war nie ein Kämpfer, aber er warf Caradog aus dem Haus, lief hinter ihm her, brach ihm das Nasenbein und schlug ihm zwei Zähne aus. Dann kam ich dazu und das war ein Glück, denn sonst hätte er den Mann umgebracht. Blodwen hatte mich gebeten, ein paar Sachen für das Baby hinüberzubringen. Ich habe Caradog nach Hause gebracht. Er wollte nicht, dass der Arzt gerufen wurde. Fürchtete sich vor dem Skandal. Ich kann nicht behaupten, dass ich viel Mitgefühl für ihn empfand. Seine Nase hat seitdem nie wieder ganz so wie früher ausgesehen.«
    Er blickte wieder den Hang hinunter. Brans weißer Kopf war immer noch über den Boden gebeugt, während er langsam und sinnlos umherlief.
    »Bran wird vielleicht bald froh über deine Gesellschaft sein, Will. — Eigentlich gibt es nicht mehr viel zu erzählen. Das Mädchen Gwen blieb noch einen Tag und eine Nacht bei Owen in seinem kleinen Haus, und er bat sie, ihn zu heiraten. Er war so glücklich, er strahlte vor Glück. Wir haben sie an dem Tag beide gesehen und sie schien genauso glücklich zu sein. Aber dann, am vierten Tag, etwa um die Morgendämmerung, wurde Owen vom Weinen des Babys geweckt, und Gwen war nicht da. Sie war verschwunden. Niemand wusste, wohin sie gegangen war. Und sie ist nie zurückgekehrt.«
    Will sagte: »Bran hat zu mir gesagt, dass sie gestorben sei.«
    »Bran weiß, dass sie fortgegangen ist«, sagte John Rowlands.
    »Aber vielleicht ist es angenehmer zu glauben, dass deine Mutter gestorben ist, als dir vorzustellen, dass sie weggelaufen ist und dich

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