Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
aussetzen, von Caradog Prichard entdeckt zu werden. Der Mann funkelte ihn jetzt an und ballte die Fäuste in einem Anfall der gleichen unerklärlichen gemeinen Wut, die Will schon einmal bei ihm erlebt hatte. »Ich sage dir, raus!«
Auf dem freien Feld, unter dem stillen grauen Himmel, streckte Will einen Arm aus, alle fünf Finger steif auf Prichard gerichtet, und sagte ein einziges leises Wort. Und Caradog Prichard fiel aus der Zeit, unbeweglich, mit halb geöffnetem Mund und erhobener ausgestreckter Hand, das Gesicht erstarrt in dem gleichen hässlichen Zorn, der es auch verzerrt hatte, als er den Hund Cafall erschoss. Was für ein Jammer, dachte Will bitter, dass man ihn nicht für immer so lassen konnte.
Aber kein Bann dauert ewig und die meisten nur einen kurzen Atemzug lang. Rasch lief Will auf die Steinhütte zu, griff zwischen die Heuballen und zog die glänzende kleine goldene Harfe hervor. Mit einer Ecke verfing sie sich in einem alten zerschlissenen Sack, den man zwischen den Ballen vergessen hatte. Will zerrte Harfe und Sackleinen ungeduldig heraus und schob sie zusammengewickelt unter den Arm. Dann drehte er sich um und blieb hinter Caradog Prichard stehen. Wieder zeigte er mit ausgestreckten steifen Fingern auf ihn und sagte ein einziges Wort. Und Caradog Prichard stapfte über das Feld auf sein Gehöft zu, ohne sich ein einziges Mal umzuschauen — als hätte er nie etwas anderes vorgehabt. Will wusste, wenn er dort ankam, würde er überzeugt sein, dass er von seiner Arbeit direkt nach Hause gekommen sei, und nichts würde ihn daran erinnern, dass Will Stanton auf seinem Feld gestanden und den Himmel angesungen hatte.
Die stapfende, dickliche Gestalt verschwand hinter dem Zauntritt am Ende des Feldes. Will befreite den kunstvoll verschnörkelten goldenen Rahmen der Harfe von dem alten Sack und wollte ihn schon beiseite werfen, als ihm klar wurde, wie nützlich er als Hülle für die Harfe sein würde. Für ein unförmiges Bündel unter seinem Arm konnte er eine Erklärung finden, falls er jemandem begegnen sollte, jedenfalls leichter als für eine schimmernde und offensichtlich unbezahlbare goldene Harfe. Während er die Harfe sorgfältig einwickelte und die Nase krauste, als ihm der Heustaub ins Gesicht wehte, war ihm so, als hätte sich auf der anderen Seite des Feldes etwas bewegt. Er blickte auf und für einen Augenblick vergaß er sogar die Harfe.
Es war der große graue Fuchs, der König der
milgwn,
der in Riesensprüngen entlang der Hecke näher kam. Von plötzlichem wilden Zorn ergriffen, streckte Will ihm eine Hand entgegen und brüllte ein einziges Wort, um ihn zum Stehenbleiben zu bringen. Das große graue Geschöpf, nicht mehr auf dem Gebiet seines Meisters, stolperte mitten im Sprung, als wäre es plötzlich von einem gewaltigen Wind gepackt worden. Es rappelte sich wieder auf und starrte Will mit heraushängender roter Zunge an. Dann hob es seine lange Schnauze und gab ein lang gezogenes Heulen von sich, wie ein Hund in einer schwierigen Lage.
»Dein Rufen hat gar keinen Sinn«, sagte Will leise. »Du bleibst da stehen, bis ich entscheide, was mit dir zu tun ist.«
Aber dann schauderte ihn unwillkürlich. Es schien plötzlich kälter zu sein, und auf den Feldern sah er von allen Seiten einen Bodennebel näher kommen, der ihm vorher nicht aufgefallen war. Langsam stiegen Nebelwolken über die Zäune, unbarmherzig, einem riesigen Kriechtier ähnlich. Sie kamen von allen Seiten, von den Bergen, aus dem Tal, von den unteren Hängen, und als Will zu dem steifbeinig auf dem Feld stehenden grauen Fuchs blickte, entdeckte er etwas anderes, das dem Nebel die Kälte eines neuen Schreckens verlieh. Der Fuchs wechselte die Farbe. Während Will zusah, wurde der geschmeidige Körper mit dem buschigen Schwanz von Sekunde zu Sekunde dunkler, bis er beinahe schwarz war.
Will beobachtete das mit gerunzelter Stirn. Er dachte ohne jeden Zusammenhang:
»Er sieht genauso wie Pen aus«,
und hielt sofort den Atem an. Ihm war etwas klar geworden, was durchaus nicht ohne jeden Zusammenhang war — dass es John Rowlands' Hund Pen war, der, zusammen mit Cafall, von Caradog Prichard bezichtigt worden war, die Schafe angegriffen zu haben, während die wirklichen Täter die Füchse des Grauen Königs waren.
Etwas unermesslich Starkes schob sich gegen ihn und zerstörte seinen eigenen Zauber. Während Will für einen Augenblick verwirrt und machtlos dastand, machte der große Fuchs, jetzt kohlschwarz, seinen
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