Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
an den hohen Herrn in der himmelblauen Robe.
»Die Mächte der Finsternis und die des Lichts sind von gleicher Stärke, aber wir unterscheiden uns ein wenig in ... der ... Behandlung ... derer, die wir unserem Willen unterwerfen wollen.« Die Stimme kroch wie eine Schnecke über Wills Haut. »Geh zurück, Uralter. Ich werde das Licht nicht noch einmal warnen.«
Unter Aufbietung seines ganzen Selbstvertrauens rappelte Will sich auf und ließ die Harfe auf dem Boden neben seinen Füßen liegen. Er machte eine höhnische kleine Verbeugung vor der grauen Nebelgestalt, die er, das wusste er jetzt, nicht direkt anblicken durfte. »Ihr habt uns gewarnt, Majestät«, sagte er, »und ich habe es vernommen. Aber das ändert nichts. Die Finsternis kann nie den Geist des Lichts verdrehen noch kann sie verhindern, dass wir einen Gegenstand der Macht an uns nehmen, wenn der Anspruch zu Recht besteht. Nehmt Euren Bann von der goldenen Harfe. Ihr habt nicht das Recht, sie mit Eurer Zauberkaft zu berühren.«
Der Nebel wirbelte dunkler, die Stimme wurde kälter, kam aus größerer Ferne. »Es liegt kein Bann auf der Harfe, Uralter. Nimm sie auf von dem Sack.«
Will beugte sich hinunter. Wieder versuchte er, die von dem Sack umhüllte Harfe aufzuheben, aber sie bewegte sich nicht von der Stelle; genauso gut hätte es ein tief im Boden verwurzelter Felsblock sein können. Dann schob er den Sack zur Seite und hob die von ihrer Hülle befreite Harfe auf, und das schimmernde goldene Instrument lag so leicht in seinen Händen wie am Anfang.
Er blickte auf den Sack hinunter. »Da ist noch etwas anderes drin.«
»Natürlich«, sagte der Graue König.
Will riss den halb verfaulten Sack auf. Er schien immer noch völlig leer zu sein, wie er es von Anfang an gewesen war. Dann entdeckte Will in einer Falte einen kleinen, auf Hochglanz polierten weißen Stein, nicht größer als ein Kieselstein. Er beugte sich nieder, um ihn aufzuheben. Er ließ sich nicht bewegen.
Er sagte langsam: »Es ist ein Wachstein.«
»Ja«, sagte die Stimme.
»Euer Wachstein. Ein Tunnel für die Finsternis. Wenn er an einen bestimmen Ort gelegt wird, erfahrt Ihr alles, was an diesem Ort geschieht, und Ihr könnt Euren Willen auf ihn übertragen, andere Dinge geschehen zu lassen. Er war die ganze Zeit in dem alten Sack versteckt.« Plötzlich kam ihm etwas anderes in den Sinn. »Kein Wunder, dass ich meine Macht über den Fuchs von den
milgwn
verlor.«
Aus dem Nebel ertönte Lachen. Es war ein Furcht erregendes Geräusch, wie das erste Grollen einer Lawine. Dann, und das war noch schlimmer, flüsterte die Stimme: »Ein Wachstein der Finsternis hat keinen Wert für das Licht. Gib ihn mir.«
»Ihr habt ihn auf Caradog Prichards Land gebracht«, sagte Will. »Warum? Er ist ohnehin Eure Kreatur, Ihr braucht für ihn keinen Wachstein.«
»Der Dummkopf gehört nicht zu mir«, sagte der Graue König verächtlich. »Wenn die Finsternis sich ihm zeigen würde, würde er vor Furcht wie Butter in der Sonne schmelzen. Nein, er gehört nicht zu der Finsternis. Aber er ist sehr nützlich. Ein Mann, der so aufgeht in seiner eigenen Bösartigkeit, ist ein Geschenk der Erde an die Finsternis. Es ist so leicht, ihm geeignete Ideen einzuflößen ... Wirklich sehr nützlich.«
Will sagte ruhig: »Es gibt auch Menschen von der entgegengesetzten Art, die dem Licht dienen, ohne es zu wissen.«
»Schon«, sagte die Stimme listig, »aber nicht so viele, Uralter. Nicht so viele, glaube ich.« Die Stimme wurde wieder schärfer und der Nebel wirbelte kälter. »Gib mir den Wachstein. Er wird nicht gegen dich arbeiten, aber er wird auch nicht für dich arbeiten. Er wird immer an der Erde haften, wenn das Licht ihn berührt, wie es ein Wachstein von euch bei meiner Berührung tun würde — wenn ihr einen hättet.«
»Ich brauche keinen Wachstein«, sagte Will. »Ganz gewiss nicht Euren. Nehmt ihn Euch.«
»Tritt zur Seite. Ich werde ihn nehmen und diesen Ort verlassen. Und wenn du innerhalb eines Tages und einer Nacht nicht auch dieses Land verlassen hast, mein Land, wirst du nach menschlichen Begriffen aufhören zu existieren, Uralter. Du wirst uns nicht im Wege stehen, weder mit deinen sechs Zeichen noch mit deiner Harfe aus Gold.« Die Stimme hob sich und schwoll plötzlich an wie ein heftiger Wind. »Denn unsere Zeit ist beinahe da, trotz eurer Anstrengungen, und die Finsternis erhebt sich,
die Finsternis erhebt sich!«
Die Worte dröhnten Will im Kopf, während der Nebel dunkel
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