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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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könnten.«
    Sie zögerte einen Augenblick, dann zog sie ihren Stuhl näher heran. »Ich möchte dir etwas erzählen«, sagte sie, »vielleicht hilft es Bran. Ich weiß, dass du genug Verstand hast, es ihm nicht weiterzuerzählen. Ich glaube, dass Gwen, seine Mutter, in ihrer Vergangenheit irgendein großes Problem hatte, an dem sie nichts ändern konnte, und dass sie aus diesem Grund das Gefühl hatte, sie müsse Bran ein Leben ermöglichen, das ihn nicht mit hineinzog. Sie wusste, dass Owen Davies ein guter Mensch ist, der sich um den Jungen kümmern würde, aber sie wusste auch, dass sie Owen nicht so sehr liebte, wie er sie liebte, nicht genug, um ihn zu heiraten. Wenn die Dinge sich so entwickeln, kann eine Frau nichts tun. Es ist das Beste, fortzugehen.« Sie machte eine Pause. »Nicht das Beste für Bran, ihn zu verlassen, könntest du einwenden.«
    »Genau das wollte ich sagen«, sagte Will.
    »Nun«, fuhr seine Tante fort, »Gwen hat etwas zu mir gesagt, in den wenigen Tagen, in denen sie hier war, als wir einmal allein waren. Ich habe nie darüber gesprochen, aber ich habe es nie vergessen. Sie sagte:
Wenn du einmal ein tiefes Vertrauen missbraucht hast, wagst du es nicht zuzulassen, dass dir noch einmal Vertrauen entgegengebracht wird, denn ein zweiter Vertrauensbruch wäre das Ende der Welt.
Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst.«
    »Du meinst, sie hatte Angst vor dem, was sie tun könnte?«
    »Und noch mehr Angst vor dem, was sie getan hatte. Was es auch gewesen sein mag.«
    »Und darum ist sie davongelaufen. Armer Bran«, sagte Will. »Armer Owen Davies«, sagte seine Tante.
    Es wurde leise an die Tür geklopft und John Rowlands steckte den Kopf herein.
»Bore da«,
sagte er. »Fertig, Will?«
    »Bore da,
John«, sagte Tante Jen und lächelte ihn an.
    Will zog seine Jacke an, drehte sich plötzlich um und umarmte seine Tante ungeschickt. »Danke, Tante Jen.«
    Ihr Lächeln wurde strahlender vor Freude und Überraschung. »Wir werden dich sehen, wenn wir dich sehen«, sagte sie.
    John Rowlands sagte, während er den Wagen vor dem Hoftor startete: »Hat dich gern, dein Tantchen.«
    Will hielt die Tür für Pen auf; der Hund sprang über den Sitz nach hinten und legte sich brav auf den Boden.
    »Ich hab sie auch gern, sehr gern. Meine Mutter hat sie auch sehr gern.«
    »Darum gib gut auf dich Acht, hörst du?«, sagte Rowlands. Sein durchfurchtes braunes Gesicht war ausdruckslos, aber die Worte sprachen für sich. Will sah ihn kühl an.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nun«, sagte Rowlands vorsichtig und lenkte den Landrover auf die Straße. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, was überall um uns herum vor sich geht, Will
Bach,
noch wohin es führt. Aber die Männer, die überhaupt etwas vom Licht wissen, wissen auch, dass etwas Wildes in seiner Macht ist, wie das blanke Schwert des Gesetzes oder das weiße Glühen der Sonne.« Plötzlich kam seine Stimme Will sehr kraftvoll vor und sehr walisisch. »Im tiefsten Inneren, meine ich. Andere Dinge, wie Menschlichkeit, Barmherzigkeit und Wohltätigkeit, die den meisten guten Menschen mehr als alles andere bedeuten, stehen für das Licht nicht an erster Stelle. Oh, sie sind manchmal da, oft sogar. Aber auf lange Sicht ist das Wichtigste für euch das absolut Gute. Ihr seid wie Fanatiker. Jedenfalls eure Meister. Wie die alten Kreuzfahrer — oh, wie bestimmte Gruppen in jedem Glauben, obwohl es hier natürlich nicht um Religion geht. Im Zentrum des Lichts brennt eine kalte weiße Flamme, geradeso wie sich im Zentrum der Finsternis ein großer schwarzer Abgrund befindet, bodenlos wie das Universum.«
    Seine warme, tiefe Stimme verstummte und nur das Dröhnen des Motors war noch zu hören. Will sah schweigend hinaus auf die neblig grauen Felder.
    »Das war jetzt eine ziemlich lange Rede«, sagte John Rowlands verlegen. »Aber ich wollte nur sagen, denk immer daran, dass es Leute in diesem Tal gibt, die zu Schaden kommen können, auch wenn man nur nach dem Guten strebt.«
    Will hörte in Gedanken wieder den Schmerz in Brans Stimme, als Cafall erschossen wurde, hörte sein abweisendes kaltes:
Geh, geh ...
Und für einen Augenblick sah er unerwartet ein anderes Bild vor Augen, aus der Vergangenheit: das kraftvolle, knochige Gesicht seines Meisters Merriman, dem Ersten der Uralten, kalt in seiner Verurteilung einer viel geliebten Person, die, weil sie nicht mehr als ein schwacher Mensch war, einst die Sache des Lichts verraten hatte.
    Er seufzte. »Ich

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