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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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und kühl um sein Gesicht wirbelte und alles andere unsichtbar machte, sogar den Boden unter seinen Füßen. Er konnte die Harfe nicht mehr sehen, sie nur noch fühlen, fest von seinen beiden Armen umklammert. Er schwankte benommen hin und her und eine schreckliche Kälte ergriff seinen ganzen Körper.
    Dann war es vorbei. Er stand auf dem Feldweg zwischen den Hecken, die Harfe an seine Brust gedrückt, und das Tal um ihn herum war klar unter dem grauen Himmel. Neben seinen Füßen lag ein leerer alter Getreidesack.
    Will bückte sich zittrig und wickelte die Harfe wieder ein und dann machte er sich auf den Weg zum Clwyd-Hof.
     
    Er huschte hinauf in sein Zimmer und rief im Vorbeilaufen Tante Jen einen Gruß zu. Sie grüßte über die Schulter zurück, ohne sich umzudrehen; sie war gerade damit beschäftigt, etwas in einem Topf auf dem Herd vorsichtig umzurühren. Aber als Will wieder herunterkam, schien die große Küche voller Leute zu sein. Sein Onkel und Rhys wanderten pausenlos auf und ab, mit besorgten, angespannten Gesichtern. John Rowlands war eben hereingekommen.
    »Hast du ihn gesehen?«, rief Rhys ihm beunruhigt entgegen.
    John Rowlands' wettergebräuntes Gesicht bekam noch einige Falten mehr, als er die Augenbrauen hob. »Wen hätte ich sehen sollen?«
    David Evans zog einen Stuhl zu sich und ließ sich müde fallen. Er seufzte. »Caradog Prichard war gerade eben draußen. Es nimmt kein Ende mit seinen Verrücktheiten. Er behauptet, dass heute Nachmittag wieder eins von seinen Schafen von einem Hund angegriffen worden sei — und dieses wurde getötet. Er sagt, dass es wieder mitten auf seinem Hofplatz geschehen sei und dass er und seine Frau alles mit angesehen hätten. Und er schwört Stein und Bein, dass Pen der Hund gewesen sei.«
    »Hat wieder mit seinem Schießeisen rumgefuchtelt, der verdammte Wirrkopf«, sagte Rhys zornig. »Er hätte den Hund mit Sicherheit erschossen, wenn du und Pen da gewesen wärt. Gott sei Dank wart ihr es nicht.«
    John Rowlands lächelte sanft. »Es überrascht mich, dass er nicht am Tor auf uns gewartet hat.«
    »Ich habe ihm gesagt, du wärest hinter ein paar Mutterschafen auf dem Berg her und würdest spät zurückkommen«, sagte Wills Onkel mutlos, den hübschen Kopf gesenkt. »Der Dummkopf wird mit Sicherheit dort nach dir suchen.«
    »Würde mich nicht wundern, wenn er ein Schaf erschießt«, sagte John Rowlands. »Das heißt, wenn er ein schwarzes Mutterschaf findet.«
    Aber David Evans war zu durcheinander, um zu lächeln. »Wenn er das tut, werde ich ihn zur Polizeiwache in Tywyn bringen lassen, Hunde oder keine Hunde. Es gefällt mir nicht, John Rowlands. Der Mann führt sich auf, als ob ... ich weiß es nicht, ich habe wirklich das Gefühl, er verliert den Verstand. Er tobte vor Wut. Hunde, die Schafe reißen, sind eine schlimme Sache, weiß Gott, aber er benahm sich, als handle es sich um Kinder, die getötet worden sind. Wenn er Kinder gehabt hätte. Ich denke, es ist nur gut, dass er keine hat.«
    »Pen ist den ganzen Tag bei mir gewesen, ohne Unterbrechung«, sagte John Rowlands, und seine tiefe Stimme war ganz ruhig.
    »Natürlich war er das«, sagte Rhys. »Aber Caradog Prichard würde das nicht glauben, selbst wenn er dich den ganzen Tag Minute für Minute mit seinen eigenen Augen beobachtet hätte. In einer so üblen Verfassung ist er. Und morgen wird er wiederkommen, da gibt es gar keine Frage.«
    »Vielleicht bringt Betty Prichard ihn bis dahin zur Vernunft«, sagte Tante Jen. »Obwohl sie bisher noch nie viel Glück gehabt hat, weiß der Himmel. Es muss nicht leicht sein, mit dem Mann verheiratet zu sein.«
    John Rowlands sah Wills Onkel an. »Was machen wir?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte David Evans und schüttelte verdrießlich den Kopf. »Was meinst du?«
    »Nun«, sagte John Rowlands, »ich dachte, wenn du morgen Vormittag den Landrover nicht brauchst, könnte ich ganz früh das Tal hinauffahren und Pen für ein paar Tage bei Idris Jones Ty-Bont lassen.«
    Wills Onkel hob den Kopf und sein Gesicht hellte sich zum ersten Mal auf. »Gut. Sehr gut.«
    »Jones Ty-Bont schuldet dir noch eine Gefälligkeit; er hat sich diesen Sommer deinen Traktor ausgeliehen. Außerdem ist er sowieso ein netter Kerl. Und einer seiner Hunde stammt aus dem gleichen Wurf wie Pen.«
    »Das ist eine sehr gute Idee«, sagte Rhys. »Und wir haben keine Zündkerzen für die Motorsäge mehr. Du könntest auf dem Rückweg in Abergynolwyn eine besorgen.«
    Rowlands lachte.

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