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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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ihrem Versteck holen, durch jenen sehr komplizierten Bann hindurch, mit dem wir sie belegten, nachdem sie zusammengefügt worden waren. Ich hoffe nur, dass ich den Weg finde.«
    »Das hoffe ich auch«, sagte Merriman ernst. »Denn wenn du es nicht tust, wird die Hohe Magie, die sie bewacht, sie aus der Zeit herausnehmen, und der einzige Vorteil, den das Licht in dieser großen Auseinandersetzung hat, wird für immer verloren sein.«
    Will schluckte. »Aber ich muss es von meinem eigenen Jahrhundert aus tun. In ihm wurden sie auch vereint und versteckt.«
    »Natürlich«, sagte Merriman. »Und darum bat uns mein Herr, König Arthur, schnell zu sein. Gehe, Will, und tue, was du zu tun hast. Eine Nacht und einen Tag, mehr haben wir nicht, nach dem Maßstab der Erde.«
    Er erhob sich, durchquerte den Raum in einer einzigen raschen Bewegung und ergriff Wills Arme zu dem alten römischen Gruß. Die dunklen Augen blitzten aus dem schroffen Gesicht mit den tiefen Falten auf Will hinunter. »Ich werde bei dir sein, aber machtlos. Sei vorsichtig«, sagte Merriman.
    »Ja.«
    Will wandte sich zur Tür und zog den Vorhang beiseite. Draußen klang immer noch schwach das metallische Hämmern durch die Nacht, das Schlagen von Eisen gegen Eisen.
    »Wayland Smith arbeitet heute lange«, sagte Merriman hinter ihm leise. »Und diesmal macht er keine Hufeisen, denn in dieser Zeit gab es keine Hufeisen für Pferde. Er ist damit beschäftigt, Schwerter, Äxte und Messer anzufertigen.«
    Will schauderte und ging wortlos in die schwarze Nacht hinaus. In seinem Kopf wirbelte es, ein scharfer Wind wehte ihm ins Gesicht und wieder schwebte der Mond wie eine große, blasse Orange vor ihm am Himmel. In den Armen hielt er ein Holzbrett, und das Hämmern, das er hörte, war das Geräusch eines Hammers, der Nägel in Holz schlug.
    »Oh«, sagte Stephen und sah auf. »Das sieht genau richtig aus. Danke.«
    Will trat zu ihm und reichte ihm das Brett.

Der Ruf
    Oben in Wills Zimmer unter dem Dach war es still und sommerlich heiß. Er lag auf dem Rücken und lauschte den spätabendlichen Geräuschen von unten, während die letzten noch wachen Stantons — sein Vater und Stephen, vermutete er nach den polternden Stimmen — sich zum Schlafengehen bereitmachten. Dies war früher Stephens Zimmer gewesen, und Will hatte seine Sachen sorgfältig zusammengepackt, um den ursprünglichen Besitzer für die Dauer seines Urlaubs wieder dort einziehen zu lassen. Aber Stephen hatte den Kopf geschüttelt. »Max ist ja nicht da — ich werde in seinem Zimmer schlafen. Ich bin jetzt ein Nomade, Will. Es gehört dir ganz allein.«
    Die letzte Tür schloss sich, der letzte Schimmer von Licht erlosch. Will sah auf seine Uhr. Mitternacht war vorbei, der Tag der Sommersonnenwende war angebrochen, wenige Minuten alt. Eine halbe Stunde Warten müsste genügen. Er sah keinen Stern durch das Dachfenster in der schrägen Wand, nur einen vom Mondlicht überfluteten Himmel; die gedämpfte Helligkeit sickerte in das Zimmer.
    Das Haus war in Schlaf gehüllt, als er endlich im Schlafanzug die Treppe hinunterschlich, vorsichtig auf die äußersten Ecken
    jener Stufen tretend, von denen er wusste, dass sie knarrten. Vor der Tür zum Zimmer seiner Eltern erstarrte er; sein Vater, der leise schnarchte, wachte halb auf, brummte etwas vor sich hin, drehte sich geräuschvoll um und schlief, sanft atmend, wieder ein.
    Will lächelte in die Dunkelheit hinein. Es wäre für einen Uralten kein Problem gewesen, über sämtliche Familienmitglieder eine Zeitpause zu verhängen, sie aus der Wirklichkeit heraus in einen tiefen Schlaf fallen zu lassen, der nicht gestört werden konnte. Aber das wollte er nicht. Es war anzunehmen, dass es heute Nacht noch genug Situationen geben würde, in denen er mit der Zeit spielen musste.
    Leise ging er die untere Treppe hinunter in die Diele. Das Bild, das er suchte, hing an der Wand dicht neben der großen Haustür, neben der Hutablage und dem Schirmständer. Will hatte eine kleine Taschenlampe mitgenommen, stellte aber fest, dass er sie nicht brauchte; das Mondlicht, das silbern durch die Fenster der Diele fiel, zeigte ihm all die vertrauten Gestalten auf dem Bild.
    Das Bild hatte ihn schon fasziniert, als er noch sehr klein war, so klein, dass er auf den Schirmständer klettern musste, um über den dunklen geschnitzten Holzrahmen hinwegzublicken. Es war ein Druck aus der viktorianischen Zeit, ganz in düsteren Braunschattierungen, und seine große

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