Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
Äpfel, die allmählich Gestalt annahmen. Viele der Äpfel waren schon heruntergefallen; sie würden, Opfer des Überflusses, niemals reifen. Will hob eine der kleinen Früchte auf und betrachtete sie nachdenklich.
»Wirf ihn weg«, sagte Barbara. »Das da schmeckt besser.« Sie reichte ihm einen Teller, auf dem zwei dick mit Butter und Marmelade bestrichene Plätzchen lagen.
»He«, sagte Will. »Danke.« Es war eine kleine freundliche Geste; in einer so großen Familie wie der der Stantons war Selbstbedienung im Allgemeinen die Regel. Barbara lächelte ihn flüchtig an, und Will spürte ihre unausgesprochene mütterliche Besorgnis, dass die Brutalität des Mannes im Auto ihren jüngsten Bruder durcheinander gebracht haben könnte. Seine Stimmung stieg weiter. Der Uralte in ihm dachte:
Die andere Seite. Vergiss es nicht. Es gibt auch immer die andere Seite der Menschen.
»Noch dreieinhalb Wochen Schule«, sagte James halb entzückt, halb murrend. Er blickte zum Himmel hinauf. »Hoffentlich bleibt es die ganzen Ferien so.«
»Die langfristige Wettervorhersage behauptet, es wird vom ersten Ferientag an in Strömen gießen«, sagte Paul ernsthaft und klappte ein Butterbrot zusammen. Mit vollem Mund fuhr er fort: »Es wird drei Wochen lang pausenlos so weitergehen. Mit einer Ausnahme: das letzte Wochenende im August.«
»O nein!«, sagte James mit unverhohlenem Entsetzen.
Paul sah ihn über seine Hornbrille hinweg wie eine Eule an. »Da wird es sehr wahrscheinlich Hagel geben. Und für den letzten Julitag rechnen sie mit einem Schneesturm.«
James' Gesicht entspannte sich zu einem Grinsen, in dem Erleichterung sich mit verschämter Wut mischten. »Paul, du gemeiner Kerl. Ich werde ...«
»Bring ihn nicht um«, sagte Stephen. »Zu anstrengend. Schlecht für die Verdauung. Erzählt mir lieber, was ihr in den Ferien macht.«
»Pfadfinderlager, einen Teil der Zeit«, sagte James eifrig. »Zwei Wochen in Devon.«
»Das hört sich gut an.«
»Ich habe Sommerkurse auf der Akademie belegt — und spiele abends in einem Jazzklub«, sagte Paul mit einem schiefen Lächeln.
»Großer Gott!«
»Nun, auch der Wurm krümmt sich, wenn er getreten wird. Aber nicht gerade die von dir bevorzugte Art von Jazz.«
»Besser als nichts. Was hast du vor, Will?«
»Faulenzen wie ich«, sagte Barbara gemütlich aus ihrem Armstuhl.
»Nun, zufällig hat Will eine Einladung bekommen, von der er noch gar nichts weiß«, sagte Mrs Stanton. »Eine richtige Überraschung.« Sie beugte sich mit der Teekanne vor und begann, die Tassen zu füllen. »Eure Tante Jen hat heute Nachmittag aus London angerufen — sie und David sind für ein oder zwei Tage dort, mit irgendeiner Gruppe aus Wales. Und sie hat gefragt, Will, ob du Lust hast, einen Teil der Ferien auf dem Hof zu verbringen — sobald die Ferien anfangen, wenn du magst.«
Will sagte langsam: »Das kommt mir gerade recht.«
»O Mann!«, sagte James. »Erzählt das bloß nicht Mary, sie wird fuchsteufelswild sein. Sie hat damit gerechnet, dass sie in diesem Jahr wieder nach Wales eingeladen werden würde.«
»Jen sagte etwas von einem Jungen, der dort lebt und sehr einsam ist und mit dem Will sich im letzten Jahr sehr gut verstanden hat«, sagte Mrs Stanton.
»Ja«, sagte Will. »Ja, das stimmt. Er heißt Bran.«
»Du darfst aber nicht die ganze Zeit faulenzen«, sagte sein Vater. »Hilf deinem Onkel, wo du kannst. Ich weiß, dass sich in dem Teil von Wales fast alles um Schafe dreht, aber in dieser Jahreszeit gibt es auf jedem Hof viel Arbeit.«
»O ja«, sagte Will. Er hob noch einen von den kleinen, unreifen Äpfeln auf und wirbelte ihn an seinem Stiel herum, schneller und schneller. »Ja, es wird viel zu tun geben.«
Teil II
Die singenden Berge
Die Fünf
»Sind wir schon mal hier gewesen?«, fragte Barney. »Ich habe ständig das Gefühl ...«
»Nein«, sagte Simon.
»Auch nicht, als du noch klein warst und ich ein Baby? Vielleicht hast du es vergessen.«
»Dies vergessen?«
Simon streckte theatralisch einen Arm aus, wie um die ganze Landschaft zu umarmen, die sich um sie herum ausbreitete. Sie saßen auf dem harten Gras auf halber Höhe des Berges, zwischen strahlend gelben Stechginstersträuchern. Zu ihrer rechten Seite dehnte sich die blaue Cardigan Bay aus mit ihren langen Stränden, die sich weit in die dunstige Ferne erstreckten. Direkt unter ihnen lagen die grünen Wellen des Golfplatzes von Aberdyfi hinter unregelmäßigen Dünen. Zur Linken führten die
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