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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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riesigen Brustkorbs glitzerten in der Sonne. Es warf seinen schrecklichen Kopf zurück und rote Bänder baumelten und flatterten wie lange Fahnen von seinem grinsenden Unterkiefer.
    Das Wesen spielte mit ihnen, trieb sie einmal in diese Richtung, dann in jene, wie ein Kätzchen, das mit einem Käfer spielt. Es sprang vor ihnen hin und her, dann blieb es wie festgewurzelt stehen, nur seine Hufe rutschten in dem sandigen Boden. Den bösartig grinsenden Schädel vorgestreckt, die Kiefer weit geöffnet, stürzte es direkt auf sie zu, in schrecklichem Schweigen — und stand plötzlich auf der anderen Seite hinter ihnen, wieder wartend. Bran drehte sich heftig um, stolperte und fiel.
    Das Wesen warf den Schädel zurück auf der Wirbelsäule, die sein Hals war; seine Zähne glitzerten, die roten Bänder tanzten um einen merkwürdigen abgebrochenen Stumpf in der Mitte der knochigen Stirn. In unveränderter lautloser Drohung beobachtete es sie aus den blinden Augenhöhlen, mit Hufen und Knochen auf den Boden stampfend. Will schluckte.
    »Alles in Ordnung bei dir? Steh auf!«
    Bran setzte sich auf, seine weit geöffneten gelbbraunen Augen blinzelten — seine Brille war nicht mehr da. »Die
Man Llwyd«,
flüsterte er. »Die
Man Llwyd!«
Er starrte wie gebannt auf das Wesen.
    »Steh auf, schnell!« Will hatte in der Nähe einen Zufluchtsort entdeckt. In panischer Hast zerrte er Bran auf die Beine. Die gespenstische Erscheinung begann, sie zu umkreisen, langsam und stumm.
    »Hierher! Komm doch!«
    Es war ein Gebäude, ein sehr sonderbares Gebäude: ein kleines, niedriges, aus grauen Steinblöcken errichtetes Haus, dessen einst strohgedecktes Dach mit Rasen und wuchernden Gräsern und dicken Büscheln weiß blühender Äste bedeckt war. Ein Weißdornbaum wuchs dort auf dem alten Dach, ein kleiner Baum, kaum größer als ein Busch.
    Bran stand da wie gelähmt, die Augen auf das Skelett gerichtet. »Die
Man Llwyd!«,
flüsterte er wieder.
    »Mach die Augen zu!«, sagte Will heftig. Er schob die Hand vor Brans Gesicht, um den Anblick des scheußlichen Pferdes auszusperren, und im gleichen Augenblick fielen ihm die richtigen Worte ein. »Schnell, denk nach, was hat die Alte Dame gesagt?«
    »Die Alte Dame?«, fragte Bran schwerfällig. Aber er wandte den Kopf.
    »Was hat die Alte Dame zu Jane gesagt? Denk nach!«
    »Zu Jane.« Brans Gesicht hellte sich auf. »Uns zu sagen ... ein weißer Knochen wird uns zurückhalten ... und ein fliegender Maibaum ...«
    »Wird uns retten. Sieh ihn dir an. Sieh ihn an!« Will drehte Bran zum Steinhaus, auf dessen Dach ein weiß blühender Baum wuchs. Das Wesen, das sie umkreiste, schob sich näher heran, immer näher. Mit einem Laut, der wie ein Schluchzen klang, stolperte Bran voran; Will schob ihn durch die Tür und schlug sie hinter sich zu. Er stand an die Tür gelehnt da und rang nach Atem. Draußen herrschte knisterndes Schweigen.
    Bran schaute auf seine Hände hinunter. Er umklammerte immer noch die Satteltasche von seinem verschwundenen Pferd, als wäre sie ein Rettungsgürtel. Er ließ sie auf den Boden fallen, rieb sich die steifen Finger und sah Will an. »Es tut mir Leid.«
    Aber Will hörte nicht zu; er war zu dem einzigen kleinen Fenster hinübergegangen, das ein trübes, schattiges Licht durch die dicke Steinmauer ließ. Ein zerbrochener Fensterladen hing am Rahmen des Fensters; eine Scheibe gab es nicht. Wills Gesicht war blass; Bran sah Furcht in seinen Zügen.
    Will fragte mit belegter Stimme: »Kannst du sehen?«
    »Mit mir ist wieder alles in Ordnung.« Bran trat zu Will und stellte sich neben ihn. Und als er aus dem Fenster sah, packte er Wills Arm, ohne es zu merken, so fest, dass seine Fingerspitzen sich tief einbohrten und später einen Abdruck hinterließen.
    Das große weiße Skelett des gehörnten Pferdes, tot und doch lebendig, lief vor dem Haus hin und her, hin und her, hin und her. Seine vier knochigen Beine tänzelten unter den geschwungenen weißen Rippen und den flachen Bögen der Hüftknochen. Der lange Schädel mit den Bändern schnellte in einer schrecklichen toten Raserei auf und ab, immer schneller, und jedes Mal wenn es dem Haus gegenüberstand, senkte das Skelett die Stirn wie ein angreifender Stier und verharrte einen Augenblick, bevor es sich ruhelos abwandte und wieder hin und her lief.
    Will flüsterte: »Es wird uns angreifen. Sich auf die Tür stürzen. Was können wir tun?«
    »Die Tür verbarrikadieren? Würde das es

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