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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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sagten ihm, dass er immer nur für Tiere benutzt worden war. Die Wände im Hauptraum waren aus schweren Fels- und Schieferstücken zusammengesetzt, ohne jeden Mörtel. Es gab keinerlei Möbel, wenn auch an einer der Wände ein paar rohe Borde angebracht worden waren. Das Ganze war weit entfernt von der kultivierten Eleganz der Stadt. Aber als Will mit dem Finger müßig über ein Bord strich, traf er auf einen unerwarteten Gegenstand: einen kleinen Spiegel in einem schweren Eichenholzrahmen, der mit Schnitzereien von springenden Fischen verziert war. Er wischte mit seinem Ärmel den Staub vom Glas und stellte den Spiegel auf dem Bord auf.
    Bran trat hinter ihn. »Hier, halt die Hände auf, Junge. Gwions Gesundheitsnahrung: zwei Äpfel und eine große Tüte Haselnüsse. Ohne Schale, wohlgemerkt. Probier mal, sie schmecken köstlich.« Munter kauend blickte er auf und sah Will in den Spiegel starren. Er schnitt eine Grimasse.
»Ach y fi!
Hast du nicht für eine Weile genug von Spiegeln?«
    Will beachtete ihn kaum. Während er auf Brans Spiegelbild schaute, sah er hinter Bran ein anderes vertrautes Gesicht. »Merriman!«, rief er voller Freude und drehte sich rasch um. Aber hinter sich sah er nur Bran, der mit halb geöffnetem Mund dastand, während seine heitere Miene einem Ausdruck der Beunruhigung wich. Außer ihnen beiden war niemand im Raum.
    Will blickte wieder in den Spiegel und Merriman war immer noch da. Die umschatteten Augen in dem kantigen Gesicht sahen ihn hinter Brans verwirrtem Spiegelbild an.
    »Ich bin hier«, sagte Merriman aus dem Spiegel zu ihm. Sein Gesicht war verzerrt und besorgt. »Ich bin bei euch und doch nicht bei euch, und ich muss dir sagen, dass Bran mich weder sehen noch hören kann, denn die Kraft ist ihm noch nicht verliehen worden ... Ich darf nicht zu dir kommen, Will, darf nicht einmal auf die Art der Uralten sprechen. Wie Gwion euch gesagt hat, gab es nur einen einzigen Augenblick, in dem die Gesetze des Verlorenen Landes mir Einlass gewährt hätten, und genau als dieser Augenblick kam, holte die Geschicklichkeit der Finsternis mich zurück in eine andere Zeit. Aber wir haben diesen kurzen Moment. Du machst deine Sache gut. Sei zuversichtlich. Es gibt nichts, was du jetzt nicht schaffen könntest, wenn du es versuchst.«
    »Oje«, sagte Will. Seine eigene Stimme kam ihm klein und verloren vor und plötzlich fühlte er sich auch klein und verloren.
    »Was ist denn?«, fragte Bran verwirrt.
    Will hörte ihn nicht. »Merriman, ist bei den anderen alles in Ordnung?«
    »Ja«, sagte Merriman düster. »Sie sind in Gefahr, aber im Augenblick ist alles in Ordnung.«
    Für eine kurze Zeit spürte Will im Inneren eine schreckliche Einsamkeit, aber irgendwie half die Erinnerung an den Zusammenbruch des gespenstischen Pferdes ihm, dagegen anzukämpfen. »Was müssen wir tun?«, fragte er.
    Bran stand sehr still da und starrte ihn im Spiegel wortlos an.
    »Denkt an die Worte der Alten Dame, wie ihr es getan habt.« Merrimans Gesicht im Spiegel war voller Vertrauen. »Geht jetzt und achtet darauf, an die anderen Dinge zu denken, die euch dort im Verlorenen Land gesagt worden sind. Ihr könnt nicht mehr als euer Bestes tun. Und lass dir eines von mir sagen, Will — Gwion könnt ihr euer Leben anvertrauen. Wie ich ihm einmal vor langer Zeit mein Leben anvertraut habe.« Liebevolle Zuneigung färbte seine Stimme dunkler. Er sah Will mit einem letzten festen Blick an. »Das Licht wird euch tragen, wenn ihr mit dem Schwert zurückkehrt. Mach deine Sache gut, Uralter«, sagte er.
    Dann war er verschwunden.
    Will wandte sich vom Spiegel ab und atmete tief aus. Bran fragte flüsternd: »War er hier? Ist er wieder weg?«
    »Ja.«
    »Warum konnte ich ihn nicht sehen? Wo war er?«
    »Im Spiegel.«
    »Im
Spiegel!«
Bran betrachtete den Spiegel furchtsam. Dann schaute er nach unten, sah die vergessene Tüte mit Nüssen in seinen Händen und streckte sie Will entgegen. »Hier. Iss. Was hat Merriman gesagt?«
    Will merkte plötzlich, dass er Hunger hatte, und stopfte sich den Mund mit Haselnüssen voll. »Dass er auf keinen Fall ins Verlorene Land kommen kann«, sagte er mit dumpfer Stimme. »Dass wir allein weitermachen müssen, uns an Dinge erinnern müssen, die man uns gesagt hat — wie das da, meint er wohl.« Er zeigte auf die Inschrift über der Tür. »Und dass wir Gwion vertrauen können.«
    »Das wussten wir schon«, sagte Bran.
    »Ja.« Will dachte an den schlanken graubärtigen Mann mit dem

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