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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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und Schlingpflanzen überwucherten ihn. Während sie tiefer in den Wald eindrangen, wurde es kühl. Die Pferde gingen hintereinander und setzten die Hufe behutsam auf. Nur wenige Vögel sangen hier. Will und Bran wurden sich der Stille bewusst. Die Bäume waren höher und dichter und der Wald nahm kein Ende.
    Will versuchte, so lange wie möglich das Gefühl zu unterdrücken, das sich allmählich bei ihm einstellte, als das Licht schwächer wurde und die Bäume den Wald immer mehr beherrschten, aber er wusste, dass er Angst hatte.
    Jetzt war nichts mehr zu hören außer dem leisen Auf und Ab der Pferdehufe. Der Pfad, dem sie folgten, war völlig überwachsen, aber immer noch erkennbar; wie um ihn von seiner Umgebung abzusetzen, war er bedeckt von einem kleinen Kriechgewächs mit dunkelgrünen Blättern. Von irgendwo zwischen den Bäumen am Rand des Pfades vor ihnen schwirrte plötzlich ein Vogel davon; die Pferde schreckten nervös zurück.
    »Sie fürchten sich genauso wie ich«, sagte Will und bemühte sich um eine heitere Stimme. In der Nähe knackte ein Zweig und er zuckte zusammen.
    Bran sah sich in der Düsternis um. Er sagte unsicher: »Sollten wir nicht lieber umkehren?« Aber wie zur Antwort begannen die Pferde wieder, mit sicheren Schritten weiterzugehen. Will streichelte die helle Mähne vor ihm; die Ohren des Pferdes legten sich flach zurück, aber es lief beharrlich weiter.
    »Vielleicht ist es nur eine Barriere«, sagte Will plötzlich. »Wie das Labyrinth. Vielleicht wissen sie, dass in Wirklichkeit gar nichts da ist, wovor man sich fürchten müsste.«
    Ein nicht sichtbares Wesen erhob sich im Unterholz neben dem Pfad und machte sich krachend zwischen den stillen Bäumen und dem Meer von Farn rundum davon. Will und Bran hielten die Luft an, aber diesmal gingen die Pferde weiter, ohne Notiz zu nehmen. Über ihnen waren die Bäume ineinander verflochten. Will ritt mit zusammengebissenen Zähnen und versuchte, nicht in Panik zu geraten; nur das gleichmäßige Schaukeln seines großen Pferdes beruhigte ihn. Die Luft war kühl und feucht; sie überquerten einen kleinen, trägen Bach, der unter Farn fast verschwand. Dann schlugen die Pferde, kaum wahrnehmbar, eine schnellere Gangart ein. Es drang wieder Licht durch die Äste über ihnen und in der dichten Decke grüner Blätter auf dem Pfad tauchten sandige Stellen auf.
    »Wir kommen raus!«, sagte Bran mit halb flüsternder, vor Erleichterung hoher Stimme. »Du hattest Recht, die Pferde wussten, dass es nur ein Spuk war. Wir kommen raus!«
    Die Pferde fielen jetzt in Trab, eine leichte, schwingende Bewegung, und warfen die Köpfe hoch, als fühlten sie sich befreit. Will spürte, wie das rasche Klopfen seines Herzens allmählich wieder normal wurde. Er saß gerader im Sattel, schämte sich seiner Angst und schaute hinauf zu den lichter stehenden Bäumen.
    »Wieder blauer Himmel, sieh nur! O Mann, was für ein Unterschied!«
    Und so saßen sie beide entspannt im Sattel und hielten die Zügel locker, schauten ganz unbefangen nach oben, als plötzlich eines der Pferde ein hohes, entsetztes Wiehern von sich gab, und beide Tiere scheuten und bäumten sich auf, als etwas Großes sich zwischen den Bäumen hervor auf sie stürzte. Bevor sie wussten, wie ihnen geschah, wurden Will und Bran nach hinten geworfen, versuchten vergeblich, sich an Zügeln oder Sattelknopf festzuhalten, und rollten hilflos auf den Boden. Die beiden goldenen Pferde gingen in ihrer Panik durch und rasten quer über die mit Riedgras bewachsene Wiese, die sich hinter dem Wald erstreckte.
    Will erhaschte einen flüchtigen Blick auf das Ding, das sie verfolgte. Er schrie entsetzt und ungläubig:
»Nein!«
    Bran stieß einen krächzenden, wortlosen Schrei aus, und sie rappelten sich auf und flohen, ohne nachzudenken, über die Felder. Mitten in der Hitze des Sommersonnenscheines fror Will. In seinem Kopf summte es. Am liebsten hätte er sich übergeben. Er war so zu Tode erschrocken, dass er nicht einmal an Angst dachte.
    Es war das Skelett eines riesigen Pferdes, das aus den blinden Augenhöhlen seines Schädels starrte und das lief, sprang und tänzelte auf knöchernen Beinen, die von längst verfaulten Muskeln zusammengehalten wurden. Es holte sie fast sofort ein. Schneller als irgendein lebendes Pferd und völlig geräuschlos galoppierte es daher. Schweigend überholte es sie, den Kopf grinsend zur Seite gewandt, es ging ein unvorstellbares Grauen von ihm aus. Die weißen Knochen des

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