Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
Vom Netzwerk:
ein Versprechen.«
    Gwion sagte mit lauter, tiefer Stimme: »Dunkle Versprechungen sind in diesem Land wertlos, hoher Herr.«
    Der Schwarze Reiter blickte auf ihn hinunter, als sei er ein Hund oder ein kleines Kind. Er sagte verächtlich: »Es ist klüger, auf das Wort eines Herrn der Finsternis zu hören als auf das eines Spielmannes eines verlorenen Königs.«
    Dunkle Vorahnungen kribbelten über Wills ganzen Körper wie ein schnell krabbelndes Wesen; in ihm tönte es:
Oh, oh, das Wort wird dir noch Leid tun ...
Aber Gwion reagierte überhaupt nicht; er ging einfach weiter, als sei der Schwarze Reiter nicht vorhanden, und an ihm vorbei auf die stämmige, riesige Eiche zu, in deren Schatten die dunkle Gestalt stand.
    »Hier werden keine Blätter gesammelt, kleiner Spielmann«, sagte der Reiter spöttisch. »Der König der Bäume ist außerhalb deiner Reichweite, denke ich.«
    Will empfand den warnenden Schauder noch stärker. Gwions Gesicht war ausdruckslos. Mit Sorgfalt und Würde streckte er seinen mageren braunen Arm so weit wie möglich aus, ergriff einen der mit gebuchteten Blättern besetzten Zweige, brach ihn ab und zerteilte ihn in drei Abschnitte.
    Der Reiter sagte scharf: »Ich verspreche dir, Spielmann, wenn ihr in den Turm gelangt, werdet ihr ihn nie wieder verlassen.« Sie sahen die scheußliche Narbe an der Seite seines Gesichts, als er den Kopf drehte.
    »Sie können uns nicht davon abhalten, hoher Herr«, sagte Will. Und Bran mit sich ziehend, ging er auf Gwion und die große Eiche zu.
    Der Schwarze Reiter entspannte sich plötzlich und lächelte. »Oh, das wird nicht nötig sein«, sagte er und ließ seinen wundervollen nachtschwarzen Hengst zur Seite treten, sodass Will und Bran den emporragenden Glasturm voll im Blick hatten.
    Will blieb stehen und konnte einen Ausruf des Entsetzens nicht unterdrücken.
    Der Schwarze Reiter kicherte mit hoher Stimme. Es war jetzt nur allzu offensichtlich, was er meinte.
    Die große Tür des Caer Wydyr war endlich sichtbar, hoch oben auf dem felsigen Fundament am Ende einer Reihe von steilen, grob in den Stein geschlagenen Stufen. Aber es war eine Tür, deren Eingang versperrt war durch einen Zauber, wie Will ihn sich nie hätte vorstellen können. Vor der Tür hing ein riesiges Rad, das sich so schnell drehte, dass es wie eine glänzende Scheibe wirkte. Es hatte keine Achse oder irgendeine Art von Befestigung. Das Rad hing einfach dort in der Luft, todbringend, jedes Näherkommen unmöglich machend, und drehte sich im Kreis herum mit einer solchen Geschwindigkeit, dass ein drohendes Surren entstand.
    Bran sagte flüsternd:
»Nein!«
    Von den Herren der Finsternis auf ihren schwarzen und weißen, sich unruhig zwischen den Bäumen bewegenden Pferden drang ein spöttisches Zischen zu ihnen, Ausdruck befriedigter Bosheit. Der Schwarze Reiter lachte wieder, ein unangenehmes, drohendes Geräusch.
    Will drehte sich um, hoffnunglos verwirrt, und fing einen Blick aus Gwions stahlenden Augen auf, einen Blick, der das ganze kraftvolle Gesicht und den grauen Bart mit dem seltsam dunklen Streifen mit einbezog, ihn festhielt, sagte: Ich muss es dir sagen, aber ich kann es dir nicht sagen —
denk nach ...
    Und Will dachte nach, und plötzlich wusste er, was er tun musste.
    »Komm!«
    Er packte Brans Arm, begann zu laufen und rannte die Stufen in dem Felsen, auf dem der Turm stand, mit langen Schritten hinauf, fort von der spottenden Finsternis, bis er auf der obersten Stufe war, dem kreisenden Rad so nahe, dass es aussah, als würde es ihn gleich halbieren. Das surrende Kreischen bemächtigte sich ihrer Gedanken. Gwion war hinter ihnen, seine weißen Zähne blitzten auf, so entzückt war er. Will beugte sich zu Brans verwirrtem, besorgtem Gesicht und sagte ihm ins Ohr: »Und was sagte die Alte Dame als Letztes?«
    Er sah Erleichterung wie eine Woge über das Gesicht gehen und hörte die herausgewürgten Worte:
»Nur das Horn kann das Rad anhalten ...«
    Will griff in seinen Gürtel und zog das kleine, schimmernde Jagdhorn hervor. Er machte eine kurze Pause, holte tief Atem und blies einen einzigen, langen, klaren Ton, hoch und lieblich, der wie ein Oberton das schreckliche Surren des kreisenden Rades überlagerte. Und das Rad lief sofort aus, als ob eine gewaltige Kraft es anhalte, während ein langes, erbittertes, zorniges Kreischen von den Reitern der Finsternis zu ihnen heraufdrang. Will und Bran hatten einen Moment Zeit festzustellen, dass das Rad Speichen hatte, die das

Weitere Kostenlose Bücher