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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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Erscheinung mit seiner schwarzen Haut und dem dichten schneeweißen Haar. Merriman neigte, den Gruß erwidernd, ernst den Kopf, und der Mann ging weiter. Jane drang ein rasches, klickendes Geräusch ins Bewusstsein: Mrs Rowlands hatte begonnen, mit großer Geschwindigkeit zu stricken.
    Simon flüsterte fasziniert: »Wer war denn das?«
    »Ein Bekannter von mir«, sagte Merriman.
    Den Gang hinunter in gleicher Richtung kam humpelnd, auf einen Stock gestützt, eine ältere Dame in einem eleganten, aber altmodischen Mantel, mit einem randlosen Hut, der schwungvoll auf ihrem Kopf saß, und einer gewissen wuscheligen Unordnung in ihrem aufgesteckten grauen Haar. Sie nickte Merriman zu.
    »Guten Tag, Lyon«, sagte sie mit klingender, gebieterischer Stimme.
    Merriman sagte ernst: »Guten Tag, Madam«, und die scharfen Augen der Dame huschten über sie alle; dann war auch sie verschwunden.
    Vier kleine Jungen liefen vorbei, lachend, ungestüm, trappelnd.
    »Was für ulkige Sachen!«, sagte Jane interessiert und beugte sich vor, um ihnen nachzuschauen. »Wie Tuniken.«
    Der Zug fuhr um eine Kurve, schwankend und wackelnd, und sie setzte sich sehr plötzlich wieder zurück.
    Simon sagte nachdenklich: »Vielleicht irgendeine Uniform.« Mrs Rowlands nahm ein zweites Wollknäuel aus ihrer Tasche, gelb, und begann, es mit dem Rot zu verarbeiten.
    »Ein gut besetzter Zug«, sagte John Rowlands. »Wenn es noch mehr wie diesen gäbe, würden sie vielleicht nicht in Erwägung ziehen, die Strecke zu schließen.«
    Simon stand auf und hielt sich am Türpfosten fest. »Entschuldigt mich einen Augenblick.«
    »Gewiss«, sagte Merriman. Er begann, sich mit John Rowlands angeregt über die Notwendigkeit von Eisenbahndiensten zu unterhalten, während Mrs Rowlands, emsig strickend, zuhörte und Jane die purpurbraunen Hänge der Berge betrachtete und die nahen, grasbewachsenen Böschungen, die abwechselnd vorbeiflogen. Simon war lange weg, dann steckte er den Kopf durch die Tür.
    »Ich zeig dir was«, sagte er wie nebenbei zu Jane.
    Jane ging mit ihm hinaus auf den Gang. Er schob die Tür zu und zog Jane zum Ende des Ganges, wo eine verschlossene Tür das Ende des Wagens bildete.
    »Dies ist das vordere Ende des Zuges«, sagte Simon mit sonderbarer Stimme. »An dieser Seite unseres Abteils ist nichts mehr.«
    »Und?«, sagte Jane.
    »Wenn du dir überlegst, wie viele Leute bei uns vorbeigekommen sind ...«
    Jane stockte der Atem; es hörte sich an wie ein Schluckauf. »Sie kamen von dieser Seite! Alle! Aber das kann nicht sein!«
    »Aber sie sind von dieser Seite gekommen«, sagte Simon. »Und ich wette, es werden noch mehr kommen, wenn wir ins Abteil gehen. Der Zug ist schon ziemlich voll, so weit ich gekommen bin. Die merkwürdigste Mischung von Menschen, in allen möglichen verschiedenen Gewändern. Alle Arten und Farben und Gestalten. Es ist wie eine Versammlung von Menschen aller Nationen.«
    Sie sahen einander an.
    Jane sagte langsam: »Wir gehen wohl lieber zurück.«
    »Benimm dich normal«, sagte Simon. »Konzentrier dich.«
    Jane bemühte sich so sehr, sich zu konzentrieren, dass sie an der Tür ihres Abteils vorbei zum nächsten Abteil ging. Ein Mann in der Ecke sah auf, als sie näher kam, und ein plötzliches, warmes, offenes Lächeln des Wiedererkennens glitt über seine Züge. Er war ältlich, mit einem runden, wettergebräunten Gesicht und drahtigen grauen Augenbrauen; sein Haar stand aufgeplustert in einem grauen Kranz um den kahlen Kopf.
    »Captain Toms!«, sagte Jane voller Freude, und dann blinzelte sie, oder die Luft schien zu blinzeln, und es war niemand da. »Was?«, sagte Simon.
    »Ich dachte ...«, erwiderte Jane. »Ich dachte, ich hätte jemanden gesehen, den wir früher mal kannten.« Sie starrte auf den leeren Platz; es war niemand im ganzen Abteil. »Aber es stimmt nicht.«
    »Jetzt ganz normal«, sagte Simon. Er öffnete die Schiebetür ihres eigenen Abteils und sie gingen wieder hinein.
    Sie saßen schweigend da, während um sie herum Stimmen wirbelten und Mrs Rowlands' Nadeln wütend klapperten. Jane lehnte den Kopf zurück, schaute aus dem Fenster und ließ ihre Gedanken vom Rhythmus der Räder tragen. Sie rumpelten und rollten und vermischten sich mit dem Geräusch der Stricknadeln. Mit einem albtraumähnlichen Gefühl dachte sie, dass sie ratterten:
in die Finsternis, in die Finsternis, in die Finsternis ...
    Dann war auf einmal ihr Mund trocken und ihre Hände krallten sich in den Sitz. Wie in einem Nebel

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