Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
Vom Netzwerk:
dunkle Meer und das hell leuchtende Feuerwerk, das beide herausforderte. Eine wilde Heiterkeit ergriff Besitz von ihm, die gleichzeitig aus Entsetzen und Entzücken bestand: Entsetzen wegen der Menschen aus dem Verlorenen Land, Entzücken über den verächtlichen Trotz, den sie ihrem Schicksal entgegensetzten.
    Das Meer wurde so dunkel wie der Himmel; ein neues Grollen war zu hören, als die Wellen wuchsen, ihre zornigen Kämme weithin sichtbar, schimmernd, Gischt versprühend. Der Wind wurde heftiger und peitschte dem König das dünne Haar über das Gesicht. Will hielt seinen Schild als Schutz hoch. Gwion bewegte sich, immer noch spielend, langsam zurück zu der Öffnung in der Kuppel des Turmes; er bewegte sich so, dass der König vor ihm ging, gestützt von der Wand. Und dann flammte ein greller, gewaltiger Blitz auf und der Himmel toste und das Meer schien aufzuschreien. Eine ungeheure Wasserwand kam vom Meer her donnernd auf sie zu, über den Sand und den schilfbewachsenen Marschboden hinweg, und schluckte Bäume und Land und die Ufer des Flusses, sich ausbreitend, wirbelnd, wild. Bran packte mit einer Hand Wills Arm, und als Will sich umdrehte, sah er, dass das Schwert Eirias blauweiß leuchtete, wie von einer inneren Glut.
    An dem dunklen Himmel über der Stadt hörte das Feuerwerk plötzlich auf, und der Klang der Glocken wurde ein einziges misstönendes Durcheinander, das die heitere Weise, die Gwion seiner Harfe entlockte, wild übertönte. Dann verstummten auch sie abrupt. Doch Gwion spielte weiter. Das Meer schlug irgendwo unter ihnen gegen den Turm; sie spürten, wie er unter ihren Füßen erzitterte. Eine Woge nach der anderen kam angedonnert, das Meer stieg, die Stimme des Königs rief in den warmen, stürmischen Wind hinaus: »Verloren! Verloren!« Vom tosenden Meer her kam etwas auf sie zugesegelt, was unmöglich war: Schräg durch die großen Wellen steuerte das dickbäuchige Boot mit dem schwarzhaarigen Kapitän und dem einen stramm aufgeblähten braunen Segel und von seinem Platz an der Ruderpinne streckte der Seemann einen Arm auffordernd nach Will und Bran aus. Für einen Augenblick lag das Deck seines Bootes fast auf gleicher Höhe mit dem Balkon des Turmes.
    »Geht!«, schrie Gwion ihnen zu; er stand zur Seite geneigt und unterstützte mit der Schulter den schwächer werdenden König.
    »Nicht ohne Sie!«
    »Ich gehöre hierher!« Sie sahen nur das letzte Aufleuchten eines Lächelns über dem umschatteten, bärtigen Gesicht. »Geht! Bran, rette Eirias!«
    Die Worte trafen Bran wie ein Blitz. Er griff nach Wills Arm und sprang mit ihm in das Boot, das eine Armlänge entfernt von den Wellen hin und her geworfen wurde. Das Boot stürzte in ein Wellental; einen kurzen Augenblick hörten sie Gwions Harfe lieblich und leise über der donnernden See, bis ein einziger zerstörender, die Augen blendender Lichtstreifen aus dem Himmel kam und in den Turm einschlug. Er spaltete die Kuppel in zwei Teile, und der goldene Pfeil wurde vom Dach fortgetragen und über die Wellen in ihre Richtung geschleudert, als wäre er plötzlich etwas Feindseliges. Aus einem Instinkt, der nicht sein eigener war, hielt Will den goldenen Schild mit beiden Armen in die Höhe, der goldene Pfeil schlug gegen den Schild, und in einem grellen Aufleuchten gelben Lichts verschwanden beide, und Will wurde in dem tanzenden Boot auf den Rücken geschleudert.
    In seinem Kopf dröhnte es und vor seinen Augen verschwamm alles. Er sah, dass Bran über ihm stand, das flammend blaue Schwert in der Hand, und er sah das magere braune Gesicht des Seemannes, verzerrt vor Anstrengung, während er sich abmühte, das Boot vor Schaden zu bewahren. Die Welt dröhnte und wurde in einem dunklen, endlosen Aufruhr hin und her geschüttelt und jedes Gefühl für Zeit ging verloren.
    Und dann gab es einen so heftigen Ruck, dass Will das Bewusstsein verlor, und als er die Augen öffnete, befand er sich in einer Welt grauen Lichts und leiser Geräusche, dem sanften Murmeln kleiner Wellen auf einem Strand. Er und Bran lagen auf einem langen Sandstreifen; es war ein klarer Morgen, der Himmel über ihnen von einem weißlichen Blau. Das Kristallschwert leuchtete weiß in Brans Hand, die Scheide lag neben ihm. Der breite Strand reichte bis in die Mündung des Dyfi weit vor ihnen; grün bewachsene Sandberge schimmerten an seiner anderen Seite, und dahinter, über den Bergen und den grauen Dächern Aberdyfis, erschien der erste goldene Rand der aufgehenden

Weitere Kostenlose Bücher