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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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fegten über sie hinweg. Mit zugeschnürter Kehle sah Jane die Reiter wieder in Trupps und Reihen über den Himmel jagen. Panik ergriff sie; wohin ritten sie, wohin raste der Zug, wohin ...?
    »Setz dich zu mir, mein lieber Junge«, sagte Mrs Rowlands zu Bran und zog liebevoll an seinem Arm, sodass er etwas abrupt auf den Sitz zwischen ihr und Jane glitt. Während Jane hastig Platz machte, fragte sie sich, ob das Schwert immer noch unsichtbar in seiner Scheide an Brans Seite hing.
    Will stand schwankend in der Türöffnung, sich mit beiden Händen am Rahmen festhaltend. Er fragte: »Viele Leute im Zug?«, und sah Merriman an, als sei er ein Fremder.
    »Es ist wirklich ziemlich voll«, entgegnete Merriman mit der gleichen steifen Höflichkeit.
    Plötzlich kreischte die Lokomotive laut auf und der Zug tauchte in dem Berg unter. Der Tunnel schluckte ihn und rings umher war Dunkelheit. Ein leises Grollen ertönte in ihrer Nähe, und der Schwefelgeruch des Zuges lag in der Luft, die sie atmeten. Jane hatte den flüchtigen Eindruck, Besorgnis in Mrs Rowlands' freundlichen Zügen zu lesen. Dann vergaß sie es in dem überwältigend lebhaften Gefühl, dass sie in die Erde hineinfuhren, durch den Berg hindurch, unter Tonnen und Klaftern von Fels, während die Geleise den Zug unerbittlich weitertrugen.
    Allmählich überkam sie die Vorstellung, dass sie sich überhaupt nicht mehr in einem Zug aufhielten, dass all die Begrenzungen des kleinen, schachtelartigen Raums, in dem sie saßen, sich langsam auflösten. Es waren noch alle da, die sitzenden Personen und Will, der sie alle von der Stelle aus musterte, die die Tür gewesen war. Aber jetzt war rings um sie ein seltsames Leuchten, als werde ihre Geschwindigkeit sichtbar gemacht, als treibe das Leuchten selbst sie voran. Sie hatte das Gefühl, dass sie durch die Erde rasten, irgendwie mit eigener Kraft, und dass sie von einer Menge Leute begleitet wurden, die alle Hals über Kopf nach Osten rasten. Das Leuchten, das sie umgab, wuchs an, wurde strahlend, sie waren in Helligkeit eingeschlossen, als führen sie auf einem Fluss aus Licht.
    Jane sah Erstaunen und Unverständnis in John Rowlands' kraftvollem, wettergebräuntem Gesicht. Blodwen Rowlands wimmerte plötzlich furchtsam auf, erhob sich umständlich, ließ ihre Strickarbeit auf den Boden fallen und wankte hinüber, um sich neben John zu setzen. Rowlands legte tröstend den Arm um sie, Ausdruck einer jahrelangen Zuneigung. »Es ist ja gut,
cariad«,
sagte er. »Es ist ja gut, hab keine Angst. Sei ganz ruhig und vertraue ihnen. Wills Mr Merriman wird dafür sorgen, dass wir keinen Schaden erleiden.«
    Aber sowohl Will als auch Merriman, sah Jane voller Erstaunen, hatten sich vor Blodwen Rowlands gestellt; beide standen reglos da, vermittelten jedoch den Eindruck von gewaltiger, stummer Bedrohung, der Bedrohung einer Anklage. Hinter ihnen stand Bran langsam auf, und mit der gleichen spielerischen Geste, an die sich Jane vom Strand her erinnerte, zog er das unsichtbare Schwert aus der unsichtbaren Scheide an seiner Seite. Und plötzlich war das Schwert da, schrecklich, nackt, schimmernd, und seine Kristallklinge flimmerte in blauem Feuer.
    Blodwen Rowlands zuckte zurück und presste sich an ihren Mann.
    »Was soll das?«, fragte John Rowlands zornig und bekümmert und blickte auf zu dem stumm über ihm stehenden Merriman.
    »Halt sie mir vom Leib!«, rief Mrs Rowlands. »John!«
    John Rowlands konnte nicht aufstehen, während sie sich schwer auf ihn stützte, aber er schien sich aufzurichten, als er anklagend und vorwurfsvoll zu ihnen aufblickte.
    »Lasst sie jetzt in Ruhe, Leute, was ihr auch vorhabt. Was hat sie mit euren Angelegenheiten zu tun? Sie ist meine Frau, und ich dulde nicht, dass man ihr Angst macht. Lasst sie in Ruhe!«
    Bran streckte das Schwert Eirias aus, mit den über die Klinge tanzenden blauen Flammen, und hielt es so, dass die Spitze zwischen Will und Merriman hindurch auf Blodwen Rowlands' verzerrtes Gesicht zeigte.
    »Es ist feige«, sagte er mit einer kalten Erwachsenenstimme, »hinter jenen Schutz zu suchen, die einen lieben, ohne Liebe zurückzugeben. Sehr schlau natürlich. Beinahe so schlau, wie am richtigen Ort zu sein, um einen fremden, blassen Jungen aus einer anderen Zeit mit aufzuziehen — und dafür zu sorgen, dass er nie etwas tut oder sagt oder denkt, ohne dass man alles darüber weiß.«
    »Was ist los mit dir, Bran?«, fragte John Rowlands gequält. Die Helligkeit, hohl singend wie der

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