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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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Er stand in der Mitte des Bootes, Jane, Barney und Simon auf einer Ruderbank neben ihm, als hätten sie sich zusammengedrängt, um Trost zu suchen, obwohl Will nicht zu sagen vermocht hätte, wer wen tröstete. Rowlands sah Bran an, sein mageres, von Falten durchzogenes braunes Gesicht war voller Besorgnis. Seine dunklen Augen wanderten zu der ruhigen, schimmernden Gestalt der Alten Dame und wieder zurück zu dem hellen Nebel, der Bran umhüllte. »Bran
bach«,
sagte er unglücklich, »alles in Ordnung mit dir?«
    Aber es kam keine Antwort, stattdessen wandte die Alte Dame Rowlands ihr ernstes Gesicht zu, und er sah zu ihr auf und wurde plötzlich sehr still, eine stumme Gestalt, linkisch in dem dunklen Anzug, der von seiner schlanken Figur herunterhing, als gehöre er jemand anders.
    »John Rowlands«, sagte die kühle, melodische Stimme, »es werden jetzt Dinge gesagt werden, von den Herren der Finsternis und denen des Lichts, und Sie müssen sehr aufmerksam zuhören und für sich den Wert dessen abwägen, was ein jeder gesagt hat. Und dann müssen Sie sagen, welche Seite nach Ihrer Meinung im Recht ist — ohne Furcht und Bevorzugung. Und die Macht der Hohen Magie, die hier anwesend ist wie an jedem Ort im Universum, wird Ihre Entscheidung besiegeln.«
    John Rowlands stand da und sah sie immer noch an. Er schien voller Scheu zu sein, aber auf seinen hohen Backenknochen zeigten sich Farbflecke und sein sensibler Mund war zu einer geraden Linie zusammengepresst. Sehr ruhig sagte er: »Ich
muss?«
    Will zuckte zusammen und vermied es sorgsam, die Alte Dame anzusehen; er hörte Merriman leise durch die Zähne pfeifen.
    Aber die Stimme der Alten Dame wurde ruhiger, freundlicher.
    »Nein, mein Freund. In dieser Sache gibt es keinen Zwang. Wir bitten Sie um einen Gefallen, wenn wir Sie bitten, ein solches Urteil zu fällen. Denn in dieser Welt der Menschen geht es letzten Endes um das Schicksal der Menschen, und ein Mensch sollte es sein, der darüber entscheidet. Haben Sie Ähnliches nicht selbst gesagt, zu den Uralten, hier und an anderen Orten?«
    John Rowlands drehte sich um und warf Will einen ausdruckslosen Blick zu. Dann sagte er langsam: »Also gut.«
    Plötzlich kam Will zum Bewusstsein, dass sich eine große Anzahl von Uralten versammelte, ein gewaltiges Aufgebot von schattenhaften Wesen, rund um ihn herum und hinter ihm auf dem stillen, im Dunst liegenden Fluss. Sie hockten in unsichtbaren Fahrzeugen wie ihr eigenes, die er schon flüchtig gesehen hatte, als sie durch Meilen und Jahre der Britischen Insel gereist waren in einem Fahrzeug, das das Aussehen eines Zuges angenommen hatte. Ihm war, als höre er das Murmeln einer großen Menge, wie er es schon zweimal zuvor im Lauf seines Lebens vernommen hatte, als sich der ganze Kreis der Uralten versammelte, doch war nichts zu hören, das wusste er, außer dem Flüstern des Windes in den Bäumen, die den Fluss säumten. Er hielt sich fest vor Augen, dass sie da waren und dass Merrimans hoch gewachsene Gestalt in dem blauen Umhang an seiner Seite stand, und dann tat er, was zu tun er bisher nicht gewagt hatte: Er sah fest und offen auf die dunklen Nebelwirbel der Finsternis. Die Stimme des Reiters drang laut und voller Selbstvertrauen aus ihnen hervor.
    »Entscheiden Sie also. Sie wissen, dass der Knabe Bran in längst vergangener Zeit geboren und dann in die Zukunft gebracht wurde, um in ihr aufzuwachsen. Seine Mutter brachte ihn dahin, weil sie einst in ihrer eigenen Zeit ihren Gebieter und Ehemann, Arthur, schmählich betrogen hatte, und obwohl der Junge sein Sohn war, befürchtete sie, dass Arthur ihr das nicht glauben würde.«
    John Rowlands sagte tonlos: »Männer sind leicht zu betrügen.«
    »Aber Männer sind auch bereit zu vergeben«, sagte der Reiter rasch und glatt. »Und der Vater des Jungen hätte Guinevere vergeben, wenn er die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Aber einer der Herren des Lichts brachte Guinevere auf ihre Bitte hin durch die Zeit und so hatte Arthur keine Chance und der Junge wurde fortgebracht.«
    Merriman sagte mit leiser, tiefer Stimme:
»Auf ihre Bitte hin.«
    »Aber«, sagte der Reiter, »und geben Sie gut Acht, John Rowlands — aber nicht in eine
Zeit,
um die sie gebeten hatte.«
    Will spürte eine Kälte in seine Gedanken kriechen, wie ein winziger Riss in einem hohen, sicheren Deich, der das Meer fern hält. Neben ihm raschelte Merrimans Umhang.
    Die Stimme des Reiters war ruhig und selbstsicher. »Sie kam mit ihrem Kind in

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