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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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der Erde, wie Sie selbst?« Er sah Merriman an wie ein Mann, der flehend um sein Leben bettelte. »War nichts von allem je wirklich?«
    Merriman sagte unglücklich: »Wirklich?« Zum ersten Mal, seit Will ihn kannte, war seine Stimme ohne Autorität, suchend und verloren. »Wirklich? Wenn wir in Ihrer Welt leben, wie Sie es tun, John, die vom Licht oder die von der Finsternis, fühlen und sehen und hören wir wie Sie. Wenn Sie uns stechen, bluten wir, wenn Sie uns kitzeln, lachen wir — nur wenn Sie uns vergiften, sterben wir nicht, und wir haben gewisse Empfindungen und Erkenntnisse, die Sie nicht haben. Und diese wiegen am Ende schwerer als die anderen Dinge. Ihr Leben mit Blodwen war wirklich, es existierte, sie empfand es genauso wie Sie. Aber ... es gab noch eine andere, mächtigere Seite ihres Wesens, die Sie nie sehen konnten.«
    John Rowlands streckte einen Arm aus und versetzte der Bordwand einen heftigen Schlag, den seine Hand nicht zu spüren schien. »Lügen!« Das Wort war ein Schrei. »Mehr war es nicht, Betrug und Täuschung! Können Sie das bestreiten? Ich habe mein Leben auf einer Lüge aufgebaut!«
    »Also gut.« Merriman ließ seine breiten Schultern einen Augenblick lang hängen, dann richtete er sich langsam wieder auf. »Es tut mir Leid, John. Klagen Sie das Licht an? Wäre es weniger eine Lüge gewesen, wenn Sie die Finsternis nie erkannt hätten?«
    »Zum Teufel mit beiden«, sagte John Rowlands bitter. Er sah Merriman, Bran und Will kalt an und seine Stimme hob sich vor Zorn und Kummer. »Zum Teufel mit euch allen. Wir waren glücklich, bevor dies alles begann. Warum konntet ihr uns nicht in Ruhe lassen?«
    Und während seine Worte durch die Luft hallten, sahen alle auf dem Boot eine Gestalt aus der wirbelnden, nebligen Dunkelheit auftauchen, als würde sie vom Echo der zornigen Stimme getragen: eine dunkle Gestalt, einen Reiter. Jeder von ihnen sah etwas anderes in ihr, dieser hochragenden Figur, die in einen Umhang gehüllt war und die Kapuze vom hochmütig aussehenden Kopf gestreift hatte.
    Bran sah den Herrn der Finsternis, der Will und ihn durch das Verlorene Land gejagt hatte, in wilder Verfolgung durch die Stadt, ihnen auflauernd in der Nähe der Burg, rasend vor Wut, als sie das Schwert bekommen hatten.
    Jane, Simon und Barney sahen eine Gestalt, die zu vergessen sie gehofft hatten, aus früheren Jahren, als sie in die Suche nach dem Gral des Lichts verwickelt worden waren: einen schwarzhaarigen, schwarzäugigen Mann, der sich Hastings nannte, fanatisch und mächtig, und am Ende in wildem Zorn nach Vergeltung drängte.
    Will sah den Schwarzen Reiter auf seinem schwarzen Hengst in einem Wolkenwirbel der Finsternis, eine Seite seines Gesichts immer abgewandt. Er fing den Blick aus einem blauen Auge unter glänzendem rotbraunem Haar auf und die Bewegung eines Armes unter dem Umhang, als der Reiter sich im Sattel drehte und auf Bran zeigte. Das große Pferd bäumte sich vor ihnen auf, mit blinkenden Hufen und weit geöffneten weißen Augen. Will sah, wie Jane neben ihm sich instinktiv duckte.
    »Eine Forderung, Merlion!«, rief der Schwarze Reiter. Seine Stimme war klar, aber leise, als ob die sie umgebende Dunkelheit sie dämpfte. »Wir behaupten, dass es für den Pendragon, den Jungen, keinen Platz gibt in diesem Streben und diesem Trachten. Eine Forderung! Er muss gehen!«
    Merriman drehte sich um, wandte dem Schwarzen Reiter verächtlich abweisend den Rücken zu. Aber der Reiter rührte sich nicht, sondern blieb bei ihnen; sein wirbelnder, dunkler Wolkenturm folgte ihnen den Fluss hinunter, immer langsamer, wie auch das Boot, in dem sie fuhren, allmählich langsamer wurde, wie Will feststellte. Endlich bewegte es sich überhaupt nicht mehr voran, ruhte auf dem stillen Wasser. Für einen Augenblick riss die neblige Dunkelheit vor ihnen auf, als ob ein wässeriges Sonnenlicht durchbrechen wollte; sie sahen schemenhaft grüne Felder, grüne Hügelketten und das dunklere Grün von Bäumen, alles immer noch von Nebelfetzen umgeben, sodass nichts deutlich zu erkennen war.
    Und dann kam durch den Nebel ein Schwanenpaar geflogen; ihre großen weißen Flügel bewegten sich rhythmisch durch die Luft, sodass der Wind durch die Federn sang. Sie flogen mit langsamen Flügelschlägen über ihnen hinweg, einmal sichtbar, einmal verschwunden, dann wieder hinter Nebelfetzen auftauchend, und dann stießen beide herunter, setzten ungeschickt auf, jeder an einer Seite des Bootes, rutschten ein Stück

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