Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
wissen, sobald wir Mrs Palk finden. Nur Mut, Jane.« Simon klopfte ihr ungeschickt auf die Schulter. »Komm. Wir wollen zum Hafen hinunter. Wenn wir so weitermachen, ist Barney vor uns da.«
Jane nickte. Ihr war ein wenig wohler zumute. »Oh — Mutter und Vater kommen ja auch heute Nachmittag zurück. Glaubst du, wir sollten ihnen eine Nachricht hinterlassen?«
»Nein, wir werden lange vor ihnen zurück sein.«
Sie überließen das
Graue Haus
seiner Stille und gingen den Hügel hinab auf den Hafen zu. Überall rannten unbekannte Kinder herum, ohne auf ihre ängstlich rufenden Eltern zu achten, und der schläfrige kleine Laden, der unten am Kai Eis verkaufte, war mit Flaggen und Plakaten geschmückt und machte ein Bombengeschäft.
Simon und Jane drängten sich durch die Menschenmenge am Hafen, und als sie die verabredete Stelle erreicht hatten, stellten sie fest, dass alles vorüber war. Nur ein paar Jungen und Mädchen liefen noch in Badeanzügen zwischen der Menge herum, und nur an den tanzenden Bojenreihen auf dem leeren Wasser konnte man noch sehen, dass hier ein Schwimmfest stattgefunden hatte.
Einer der Schwimmer streifte Simon, und als dieser einen Blick auf den nassen braunen Körper warf, erkannte er das Gesicht unter dem dunklen Haar, das nass am Kopf klebte. Es war Bill.
Der Junge öffnete den Mund und blieb kampflustig stehen; aber dann hatte er sich besonnen, runzelte die Stirn und rannte barfuß durch die Menge auf den vorderen Kai zu.
»He! Jane, Jane!«, rief Simon ängstlich. Sie war ein paar Schritte vor ihm und hatte Bill nicht bemerkt.
Eine tiefe Stimme tönte in Simons Ohr: »Dein junger Freund hat das Rennen verloren. Er ist nicht gerade bester Laune. Die Hoovers sind alle gleich.«
Simon drehte sich um und sah das strahlende, runzlige braune Gesicht des alten Fischers, den sie damals bei ihrem ersten Zusammenstoß mit Bill kennen gelernt hatten.
»Hallo, Mr Penhallow«, grüßte er, und dabei fiel ihm auf, wie komisch dieser Gruß klang. »Hat er an dem Schwimmfest teilgenommen?«
»Ja, er hat den Wettbewerb mitgemacht. Und wie immer hat er sich schlecht benommen. Er hat um einige Meter verloren und hat dann dem Gewinner den Rücken gekehrt, als dieser auf ihn zukam und ihm die Hand geben wollte.« Er kicherte. »Der Sieger war mein Jüngster.«
»Ihr Sohn?«, fragte Jane, die auf Simons Ruf hin zurückgekommen war. Sie blickte in Mr Penhallows wettergegerbtes Gesicht; er schien ihr viel zu alt für einen Sohn, der jung genug war, um an einem Schwimmwettkampf teilzunehmen.
»So ist's«, sagte der Fischer zufrieden, »ein zäher kleiner Bursche. Er ist jetzt sechzehn und auf Urlaub von der Handelsmarine.«
»Ach so.« Simon war beeindruckt. »Glauben Sie, ich könnte mit sechzehn auch zur Handelsmarine gehen?«
»Ich würde noch abwarten«, sagte Mr Penhallow und zwinkerte ihm zu. »Es ist ein hartes Leben auf See.«
»Barney hat gesagt, dass er Fischer werden will wie Sie«, sagte Jane, »mit einem Boot wie die
White Heather.«
Mr Penhallow lachte. »Auch der wird nicht lange bei dem Plan bleiben. Wenn er ein bisschen größer wäre, würde ich ihn mal eine Nacht mit hinausnehmen, dann würde er seine Meinung schnell ändern.«
»Fahren Sie heute Abend aus?«
»Nein. Ich ruh mich mal aus.«
Jane spürte plötzlich, dass sie nasse Füße hatte; sie schaute nach unten und stellte fest, dass sie in einer Pfütze stand. Sie trat schnell zur Seite. »Die Schwimmer haben hier ganz schön herumgeplantscht. Überall auf dem Kai sind Pfützen.«
»Das waren nicht nur die Schwimmer, mein Schatz«, sagte Mr Penhallow. »Es war die Flut. Heute Morgen ist sie hier über den Rand geschwappt — die Springfluten sind höher als sonst in diesem Monat.«
»Oh ja«, sagte Simon. »Schau — am hinteren Rand des Gehsteigs liegen Tangfetzen. Das Wasser muss bis an die Mauer gespült sein. Steigt es oft so hoch?«
»Nicht oft. Meist ein- oder zweimal im Jahr — im März und September. Dass die Flut im August so hoch steigt, ist seltsam. Ich denke, es hängt mit dem starken Wind zusammen, den wir gehabt haben.«
»Und bis wohin fällt das Wasser?« Jane war fasziniert.
»Oh, sehr weit nach unten. Schon bei normaler Ebbe sieht der Hafen nicht sehr schön aus, aber nach einer Springflut sieht er noch schlimmer aus. Dann sind hier Massen von stinkendem Schlamm und Tang, die man sonst nicht sieht. Wartet bis fünf Uhr heute Nachmittag. Aber ich denke, dann werdet ihr wie alle anderen beim
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