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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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stehen bleiben müssen, um einem Auto auszuweichen, das die steile, enge Steigung hinaufgekeucht kam. Barney rannte ungeduldig von einer Seite zur andern, in Menschenknäuel hinein und wieder hinaus, immer dicht gefolgt von Rufus.
    Als er hügelabwärts die Hälfte des Wegs hinter sich hatte, hörte er Musik von der anderen Hafenseite, und zwischen den Köpfen schimmerte der tanzende Maskenzug hindurch, der sich am Kai entlang vorwärts bewegte. Er schob einen Finger unter das Halsband des Hundes und schlüpfte, so schnell er konnte, durch die immer dichter werdende Menge und schoss durch jede Lücke, die sich öffnete, wie eine Krabbe durch eine Pfütze.
    Aber als er im Hafengebiet angekommen war, traf er auf den Festzug, wo er außer einer undurchdringlichen Mauer von Beinen und Rücken überhaupt nichts mehr sehen konnte. Während ihm die Musik in den Ohren dröhnte, quetschte er sich hinter dieser Mauer durch, bis er endlich am Rande der Menge auf dem Kai stand. Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ er Rufus' Halsband los und rannte mit dem Hund auf die menschenleere Ecke zu, wo er mit Simon und Jane verabredet war.
    Niemand war da.
    Barney blickte aufgeregt um sich. Nichts war zu sehen, was ihm einen Hinweis gegeben hätte, wohin die andern gegangen waren. Er überlegte, dass sie Mrs Palk entdeckt haben mussten. Sie war versessen auf den Umzug und das Tanzen. Sie war bestimmt im Zug. Und Simon und Jane hatten die Aufgabe übernommen, sie zu suchen, so wie es seine Aufgabe gewesen war, nachzusehen, ob er Großonkel Merry auf der Halbinsel entdecken konnte. Sie waren sicher hinter Mrs Palk hergelaufen und dachten, dass er erraten würde, wohin sie gegangen waren.
    Barney war überzeugt, dass er den Festzug erreichen musste. Er folgte der Menge, die immer noch die Straße hinaufströmte. Sogar unten im Schutz des Hafens spürte er den Wind, der von der See landeinwärts blies — wenn er sich für einen Augenblick legte, hörte Barney Fetzen von Musik, die von irgendwoher über die Dächer des Dorfes getrieben kamen und ihn hinter sich her lockten: »Pong Pong di-pong-pong-pong.« Er befand sich in einer Menschenmenge, die ziellos umhertrieb. Er hörte Wortfetzen... »Wo sind sie hingegangen?« ... »Wir treffen sie auf dem Platz ...« »Aber sie tanzen jetzt schon eine Ewigkeit durch die Straßen ...« »Komm doch weiter!«
    Ohne sich um sie zu kümmern, bog Barney in eine kleine Seitenstraße ein. Rufus trottete ihm immer noch geduldig, dicht an seinen Fersen, hinterher. Es ging aus einer gewundenen Gasse in die andere, durch enge Passagen, wo sich über Barneys Kopf die Schieferdächer beinahe berührten, vorbei an schmucken Haustüren, an denen die Messingklopfer golden in der Sonne glänzten, über das Kopfsteinpflaster von Gässchen, wo sich die Türen nicht auf einen Bürgersteig, sondern gleich auf den Fahrweg öffneten. Obwohl Trewissick nur ein kleiner Ort war, schien es doch aus einem endlosen Labyrinth gewundener Gassen zu bestehen. Barney suchte sich seinen Weg durch dieses Labyrinth, indem er immer dem Klang der Musik nachging.
    Ein- oder zweimal bog er falsch ein, sodass er die Musik nicht mehr hörte, aber dann wurde sie allmählich lauter, und auch das Stimmengewirr und das Füßescharren wurden wieder hörbar. Er schnippte mit den Fingern, um Rufus anzutreiben, und fing an zu laufen — so bog er aus einem stillen verlassenen Gässchen ins nächste.
    Plötzlich brauste der Lärm wie ein Sturm auf ihn ein, er war aus der dämpfenden Enge der Gasse herausgetreten und stand mitten in der Menge auf einer breiten, von Sonnenschein erfüllten Straße, auf der der Festzug sich entlangschob und -tanzte. »Komm her, du Blondschopf«, rief ihm jemand zu, und die Leute in der Nähe wandten sich ihm zu und lachten.
    Barney konnte Simon und Jane nicht unter den Tänzern entdecken. Und selbst wenn er sie entdeckt hätte, hätte kaum eine Möglichkeit bestanden, zu ihnen vorzudringen. Er sah sich um und betrachtete entzückt die wippenden Riesenhäupter und die Körper darunter in fantastisch bunten Wämsern und roten, gelben, blauen Strumpfhosen. Überall sah er kostümierte Gestalten: Ein Mann, dicht bedeckt von einer flatternden Masse grüner Blätter, hielt sich ganz steif wie ein Baum. Da gab es Piraten, Matrosen, einen Husar in Hellrot mit einer hohen Mütze, Sklavinnen, Narren. Ein Mann in einem langen blauen Seidengewand stellte eine Dame dar; ein Mädchen, ganz in Schwarz, drehte sich geschmeidig

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