Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
Umzug zusehen.«
»Wahrscheinlich«, sagte Simon unsicher. Er dachte angestrengt nach. Es war, als hätten die Worte des Fischers eine Feder in seinem Gehirn berührt. »Mr Penhallow«, sagte er, wobei er sich bemühte, unverfänglich zu klingen. »Ich denke mir, dass bei sehr niedriger Ebbe draußen außerhalb des Hafens sehr viel mehr Klippen herauskommen als sonst.«
»Oh, sehr viel mehr«, sagte der Fischer. »Man sagt, dass es möglich ist, vom Hafen von Trewissick aus über die Klippen bis nach Dodman zu gehen, das ist zwei Buchten weit hinter Kenmare Head. Aber das sagt man nur so — ich möchte meinen, dass die Steine aus dem Wasser herausragen, aber bevor man den halben Weg zurückgelegt hätte, wäre die Flut schon wieder da.«
Jane hörte nur mit halbem Ohr zu. »Mr Penhallow, wir suchen Mrs Palk, sie ist die Frau, die uns den Haushalt führt. Kennen Sie sie?«
»Ob ich Molly Palk kenne?« Mr Penhallow kicherte. »Das will ich wohl meinen. Ein nettes Mädchen war das — ist sie immer noch, aber seit der alte Jim Palk tot ist, ist sie ein bisschen geizig geworden. Ich vermute, sie kostet eure Mama und euren Papa ein schönes Stück Geld. Die täte alles für ein paar Pfund extra, die Molly. Jetzt fällt mir auch ein: Sie ist die Tante eures Freundes Bill.«
»Mrs Palk?«, sagte Jane erstaunt. »Die Tante dieses schrecklichen Jungen?«
»Ach«, sagte Mr Penhallow friedfertig, »die beiden Seiten der Familie haben nicht viel miteinander zu tun. Die meisten Leute in Trewissick haben vergessen, dass sie überhaupt verwandt sind. Ich glaube, Molly hätte gar nicht gern, dass die Leute das wissen.«
»Ich glaube, Großonkel Merry hat es mir einmal gesagt«, sagte Simon. »Ich hatte es ganz vergessen. Er sagte, Bill wäre der Sohn von Mrs Palks missratenem Bruder.«
Jane sagte nachdenklich: »Ob wohl ... nun, es ist auch gleich. Haben Sie sie irgendwo gesehen?«
»Lass mich nachdenken — ich hab doch mit ihr gesprochen. Oh ja, am vorderen Kai. Sie war schon verkleidet, hatte so ein komisches Ding auf dem Kopf. Wahrscheinlich hilft sie beim Umzug. Ich denke, ihr werdet sie noch da oben finden, falls sie nicht schnell zum Mittagessen gegangen ist.«
Die Menschenmenge hatte sich jetzt gelichtet, die meisten hatten sich zum vorderen Kai verzogen, wo die Mitglieder des Musikkorps in leuchtend blauen Uniformen mit ihren großen gewundenen silbernen Instrumenten und schlecht passenden blauen Schirmmützen herumstanden. Simon und Jane spähten über den Hafen hinweg, aber sie waren zu weit entfernt, um Gesichter erkennen zu können.
»Ich muss jetzt unseren Walter suchen, dem wird der Kamm ganz schön geschwollen sein. Grüßt unseren kleinen Fischer, Kinder.« Mr Penhallow grinste vor sich hin, während er den Kai entlang davontrottete. Jane hatte darüber gegrübelt, warum er ihr anders als sonst vorgekommen war, und merkte jetzt erst, dass er statt des blauen Sweaters und der hohen Schaftstiefel einen steifen blauen Anzug trug und Halbschuhe, die knarrten.
»Ich finde, er sollte nicht so über Mrs Palk sprechen«, sagte sie beunruhigt.
»Man kann nie wissen, es könnte wichtig sein«, sagte Simon. »Aber was sollen wir jetzt machen? Wir müssen Mrs Palk finden, um herauszubekommen, wohin Großonkel Merry gegangen ist. Mr Penhallow hat gesagt, dass er sie auf der anderen Seite des Hafens gesehen hat, und wir wollten uns doch hier mit Barney treffen.«
»Wo Barney nur sein mag? Er hat Zeit genug gehabt, bis zum Ende der Straße und wieder zurückzukommen. Geh du nach drüben und sieh nach, ob Mrs Palk dort ist, und ich warte hier auf Barney.«
Simon rieb sich am Ohr. »Ich weiß nicht, es gefällt mir gar nicht, dass wir uns alle trennen. Wir haben Großonkel Merry nicht bei uns und im Augenblick auch Barney nicht. Und wenn wir beide uns jetzt noch trennen, dann ist keiner mehr beim andern. Jeder von uns könnte geschnappt werden, ohne dass die andern es wissen. Ich meine, wir sollten zusammenbleiben.«
»Na gut«, sagte Jane, »dann warten wir noch ein bisschen. Lass uns zur Ecke des Frontkais zurückgehen, da können wir ihn abfangen. Es ist die einzige Stelle, an der er herunterkommen kann, er muss da vorbeikommen.«
Als sie zurückgingen, sahen sie, dass das Musikkorps von Trewissick sich auf der anderen Hafenseite formierte. Die Menschenmenge wogte um die Musikanten herum, Kinder flitzten am Rand der Hafenmauer hin und her. Zwischen den weißen Hemden und den Sommerkleidern fielen ein paar
Weitere Kostenlose Bücher