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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Arkady hatte Spinvideoaufnahmen von Ameisenvögeln gesehen, die sich buchstäblich gegenseitig von den Ästen der Bäume heruntergestoßen hatten, um die günstigste Position auszufechten, von der aus sie sich auf das wandernde Festmahl herabstürzen konnten, das des Weges kommen würde. Diese beiden hier hatten sich noch nicht ganz in solche Gier hineingesteigert, aber sie rechneten ganz offensichtlich damit, dass etwas passieren würde.
    Kurz darauf platzte ein Schwarm wild durcheinanderflatternder Ameisenschmetterlinge auf die Lichtung – Arkady vermutete, dass es sich um Ithomiine handelte, konnte es aber nicht genau erkennen –, was ein sicheres Zeichen dafür war, dass die Räuber heranmarschierten. Zu diesem Zeitpunkt konnte Arkady allerdings schon das Raunen und Zischeln
zusammengedrängter Insekten hören, die in einem verzweifelten Fluchtversuch vor dem Ameisenheer davonliefen, -krochen, -hüpften und -flogen.
    Die Räuber überschwemmten die Lichtung wie ein rot glitzernder, körniger Tsunami. Die Marschfront war fünfzehn Meter breit: zehntausende rötlich-schwarze Ameisen, die sich unter, über und durch den Schutt auf dem Waldboden wälzten und den Boden mit einem tödlichen Teppich rasiermesserscharfer Kiefer bedeckten. Arkady und Bella wichen vorsichtig zurück und umgingen in weitem Bogen die Flut glitzernder Leiber, damit sie ihren Voranmarsch beobachten konnten, ohne selbst überrannt zu werden.
    Die Vorgehensweise des Schwarms war trügerisch einfach: die Frontreihe griff einfach jedes lebende Wesen an, das ihr in den Weg kam, biss sich fest und stach zu, bis sie durch die schiere Übermacht aufgehäufter Ameisenleiber auch Spinnen, Skorpione, Käfer, Schaben, Heuschrecken, ganze Ameisenkolonien, kleine Nagetiere und sogar, wenn man den alten Legenden aus den Dschungeln der Erde glauben durfte, ungewollte menschliche Säuglinge überwältigen konnten. Innerhalb von fünf Minuten wurden Arkady und Bella Zeuge, wie diese Frontreihe eine Spinne, eine Gruppe von Raupen und ein halbes Dutzend Ponerinen auf Futtersuche erbeuteten, die das Pech hatten, ihnen über den Weg zu laufen. Ein strahlend blauer Käfer wurde von der Flut erfasst, konnte sich einige heikle Momente oben halten, kippte dann aber um und wurde in den Wirbel glitzernder Leibe hineingesaugt. Jede neue Beute, die der Schwarm einfing, wurde zunächst von den großen Arbeitern gepackt und bewegungsunfähig gemacht, während ihre Kameraden sie für den leichteren Transport zurück in die Nachschublinien ausweideten. Nach und nach, ungefähr im Schritttempo eines Menschen, schob sich die Frontreihe über die Lichtung und in den Wald dahinter und zog einen ausgedünnten, aber immer noch beeindruckenden Zopf von Nachschublinien hinter sich her, darunter
vorwärtsmarschierende Trupps, die die Frontlinie verstärkten, während andere Trupps in der Gegenrichtung unterwegs waren und Beuteteile ins Nachtlager transportierten, um die gefräßigen Larven zu füttern.
    Arkady beugte sich vorsichtig über den Schwarm, balancierte seine Pinzette mit den weichen Spitzen über eine der Futterlinien und pflückte einen der kräftigen Soldaten vom Boden, die die Kolonne bewachten. Er hielt ihn Bella zur Begutachtung hin.
    »Ein schönes Tier«, sagte sie.
    »Und einer der erfolgreichsten Organismen, die die Erde je hervorgebracht hat. Ohne diese Ameisen gäbe es keine Menschen. Und das meine ich nicht nur in biologischer Hinsicht. Wanderameisen entwickelten sich in denselben Lebensräumen wie die Frühmenschen, und die Wörter, die sie bezeichneten – siafu, soldier, soldado und so weiter –, sind die ältesten Wörter der menschlichen Sprache. Eine Theorie besagt sogar, dass sich die organisierte Jagd und Kriegführung des Menschen aus der Beobachtung der Angriffsfronten afrikanischer Treiberameisen durch prähistorische Menschen entwickelte.«
    Er drehte den Soldaten, damit Bella den gepanzerten Kopf mit den mächtigen Kiefermuskeln und die mit Widerhaken versehenen Kiefer besser betrachten konnte. »Vor der Evakuierung wurden diese Ameisen von afrikanischen Völkern sogar als chirurgische Klammern verwendet. Man hielt dafür den Soldaten einfach so an die Wunde.« Er zeigte es ihr, achtete aber darauf, dass ein Abstand zwischen den wild zuschnappenden Kiefern und seinem Arm blieb. »Man drückte auf den Körper, damit die Ameise die Wundränder mit einem Biss zusammenzog, und dann kniff man ihr den Kopf ab, der so lang in der Wunde blieb, bis man ihn

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