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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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entfernen konnte. Und durch die eigene Immunabwehr der Ameise war diese Methode so steril, dass es nur mit Viralchirurgie besser geht. Praktisch, was?«

    »Und weshalb jagen wir die Jäger?«, fragte Bella. Arkasha hatte recht. Hinter ihrer Schüchternheit verbarg sich Sinn für Humor.
    »Nun, offiziell weil sie die wichtigsten Raubtiere des Planeten sind und Arkasha und ich so viele Daten wie möglich über sie sammeln wollen. Aber um ehrlich zu sein … Ich habe mir immer einen Schwarm Wanderameisen gewünscht, mit dem ich herumspielen kann. Warte mal ab, bis ich dir Schnierlas Experiment zur Kreisbewegung zeige.«
    Das Ganze machte wirklich Spaß … aber nicht genug Spaß, um Arkady von dem beunruhigenden Gefühl abzulenken, dass mit Novalis irgendetwas nicht ganz stimmte.
    Oberflächlich betrachtet sah alles immer noch gut aus. Mehr als gut. Fabelhaft.
    Aber die Teile, die für sich genommen gut aussahen, wurden schlüpfrig und widerspenstig, wann immer Arkady sie in ein größeres Muster einzufügen versuchte. Und mit jeder neuen sedimentartigen Schicht von Daten, die sich in seinen Logbüchern ansammelte, war Arkady immer stärker davon überzeugt, dass er keine Ameisen, sondern (im übertragenen Sinne) Krähen fangen sollte.
     
    Das Krähenfangen war für forschende Biologen, die Feldarbeit leisteten, von jeher ein Sinnbild für die Art undankbarer, unmöglicher und frustrierender Feldarbeit gewesen, die einen Jahre des Lebens kostete, ohne dem Bestand verlässlicher Daten etwas Nennenswertes hinzuzufügen. Arkady wusste nicht genau, wann der Begriff zum ersten Mal auf Terraforming angewandt worden war – aber er passte zweifellos.
    Theoretisch war Terraforming eine einfache Sache. Man führte eine BFS durch. Man stellte fest, ob sich die Konzentration flüchtiger Substanzen in einem akzeptablen Bereich bewegte. Wenn nicht, suchte man sich einen anderen Planeten. Wenn doch, ging man auf dem vorliegenden an die Arbeit. Zunächst initiierte man einen eskalierenden Treibhauseffekt,
indem man die Atmosphäre mit FCKWs impfte. Wenn die atmosphärische CO 2 -Konzentration den Umschlagspunkt erreicht hatte, schaukelte sich der Treibhauseffekt allmählich hoch, und man konnte den Fortschritt mit Messsonden verfolgen, bis der Punkt erreicht war, an dem man mittels Fotodissoziation auf effektive Weise eine Ozonschicht erzeugen konnte. Falls man genügend Kolonisten fand, die gern in einer Hölle lebten, konnte man die UV-Strahlung auch durch Staubstürme an der Oberfläche anstelle einer Ozonschicht blockieren. Schon in diesen frühen Phasen konnte man mit der biologischen Impfung beginnen: das klassische Terraforming-Verfahren schrieb vor, dass man den Zielplaneten mit UV-resistenten kryptoendolithischen Flechten impfte, die meisten von ihnen künstlich modifizierte Abkömmlinge der wenigen wertvollen Flechtenproben aus der antarktischen Ross-Wüste, die noch erhalten waren. Und wenn die Flechten ihre Arbeit verrichtet hatten, begann man mit einer wohlbekannten Abfolge von Pflanzen und Insekten, die im Idealfall etwas hervorbrachten, das – nun, so aussah wie das, was man auf Novalis vorgefunden hatte.
    Aber das war die Theorie. Und wenn an einer Theorie komplexer adaptiver Systeme eines sicher war, dann die Tatsache, dass man zwar eine Menge über die charakteristische Dynamik eines gegebenen System aussagen, aber niemals verlässliche Vorhersagen über das praktische Verhalten eines gegebenen Systems machen konnte.
    Wenn man die Theorie auf einem realen Planeten in die Praxis umsetzte, entwickelte sich das saubere Schema zu einem Chaos. Eine Biosphäre war ein emergentes System, so wie eine KI oder ein Ameisenschwarm. Man konnte es nicht auf dieselbe Weise »konstruieren«, wie man ein Schiff oder eine Orbitalstation konstruierte. Man konnte nur die erforderlichen Bedingungen herstellen und hoffen, dass es eine Möglichkeit fand, sich selbst zu organisieren. Doch manchmal, aus Gründen, die sich nie vollständig aufklären ließen,
gelang es dem System einfach nicht, sich zu einem auch nur im entferntesten funktionsfähiges Ökosystem zu organisieren. Oder es organisierte sich auf eine für Menschen und ihre Abkömmlinge lebensfeindliche Weise. Oder es entwickelte sich eine positive Rückkopplungsschleife, die die Biospäre so stark schädigte, dass man nur noch ihre Überreste zusammenscharren konnte.
    In solchen Fällen standen Terraformer vor der unangenehmen, zeitraubenden und oft vergeblichen Aufgabe, eine

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