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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Drehtür und bestieg mit klappernden Absätzen und in einer Wolke von Parfüm den Aufzug. Eine Schar von Polykonfessionellen erreichte den Aufzug im selben Moment wie die Jugendlichen, erkannte sie als das, was sie waren, und drängte sich zusammen wie eine Handvoll Hypochonder, die es in eine Leprakolonie verschlagen hatte. Li stellte sich gern vor, dass zumindest bei einigen die schockierten mittelalten Gesichter eine heimliche Sehnsucht ausdrückten … aber sie hatte ohnehin die Angewohnten, den Leuten immer das Beste zu unterstellen. »Bin ich verrückt«, fragte sie Cohen, »oder hat einer dieser Burschen wirklich eine Kippa getragen?«

    »Jeschiwa-Schüler-Mode. Ist aber total out. Sie stammen wahrscheinlich aus den Vororten von Tel Aviv und sind nur heute Abend hier.«
    »Jeschiwa-Schüler-Mode, häh? Ich könnte mir vorstellen, dass du hier unten richtig beliebt bist.«
    »Ähem. Nun ja, nicht jedem ist wohl bei dem Gedanken, dass ein Löwe Judas durch die Fleischtöpfe tappt. Ich versuche dabei relativ diskret zu sein.«
    Li hob die Augenbrauen als wortlosen Kommentar zu dem Gedanken, dass Cohen bei irgendetwas »relativ diskret« sein könnte.
    »Es ist alles legal«, betonte er. »Trotz aller Bemühungen der Ultraorthodoxen und der Polykonfessionellen. In Israel herrscht wirklich eine ideale Kombination von Prüderie und Liederlichkeit. Man kann tun, was man will, bekommen was man will, schlafen, mit wem man will. Aber weil sich immer jemand findet, der einem sagt, dass man dafür in der Hölle verrotten wird, hat es trotzdem den Ruch des Verbotenen. Alles ist tabu … aber nichts ist so tabu, dass man dafür im Gefängnis landet. Wie könnte es besser sein?«
    »Da wir schon davon reden«, bemerkte sie beiläufig, »Gavi ist ein ganz schön interessanter Typ. Ihr zwei habt nie …«
    »Niemals.« Cohen klang entschieden, sogar ein wenig hitzig. »Ich habe nie auch nur daran gedacht. Erst einmal ist er eine so seltsame Kombination aus Prüderie und Romantik, dass ich mir nicht sicher bin, ob er seit Leilas Tod überhaupt mit jemandem geschlafen hat. Und zweitens … Gavi verlangt eine Menge. Ich hätte das Gefühl, dass ich bei lebendigem Leibe verspeist werde, wenn ich je versuchen würde, ihm zu geben, was er braucht.«
    »Da suchst du dir wohl lieber ein kaltes, zynisches, unabhängiges Miststück wie mich?«
    Cohen machte eine pompöse Schau daraus, so zu tun, als würde er ausgiebig darüber nachdenken. Er spielte heute mal wieder das dumme Blondchen. Die Tatsache, dass er in Rolands
Körper eine solche Show abziehen konnte, war eine Demonstration höchster Programmierkunst. Li hatte genug Zeit in Rolands Nähe verbracht, wenn Cohen offline war, um zu wissen, dass er in jeder Hinsicht todlangweilig hetero war. Aber irgendwie brachte Cohen es fertig, dem Jungen Schattierungen einer Marilyn Monroe zu verleihen. »Nun ja«, säuselte er schließlich, »immerhin bist du nicht prüde.«
    Sie lehnte sich an ihn – eine, wie sie wusste, selbst für ihre Verhältnisse ungewöhnliche öffentliche Bekundung von Zuneigung – und presste ihre Lippen unmittelbar unter dem Haaransatz auf Rolands glatte junge Stirn. Cohen erwiderte ihre Küsse, bewegte sich unter ihren Händen wie Wasser und ließ sie den fremden Körper vergessen, der zwischen ihnen stand.
    »Ich liebe dich«, sagte sie.
    »Ist das der Grund, warum du dich letzte Nacht zu Ash rübergeschlichen hast?«
    Sie wich zurück und starrte ihn vom anderen Ende des Sofas an. Er saß, die Hände im Schoß gefaltet, in einem Zustand unnatürlicher Reglosigkeit da, was sie längst als äußeres Anzeichen für seine heftigsten Emotionen zu deuten gelernt hatte.
    Ihre Gedanken überschlugen sich. Woher wusste er das? Hatte der Router/Decomposer es ihm gesagt? Oder war es ein weiteres Indiz dafür, dass er besseren Zugriff auf ihre Implantate hatte, als er zugeben wollte?
    Sie sah ihn an, versuchte ihren Puls ruhig zu halten und Cohen auf Augenhöhe anzusehen. »Du hast mir also wieder nachspioniert.«
    »Offensichtlich aus gutem Grund.«
    »Cohen …«
    »Spar dir die Entschuldigungen. Das ist unter deiner Würde.«
    Das Schweigen inner- und außerhalb des Stromraums war erstickend. Cohen beugte sich nach vorn, um sich eine Zigarette anzuzünden, und Rolands Augen verschwanden unter
einer üppigen goldenen Stirnlocke. Rolands Augen schlossen sich, als er den ersten langen Zug inhalierte. Li saß da und fühlte sich wie eine Maus zwischen den Tatzen einer

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