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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Belustigung.
    »Sehr lustig«, brummte Li. »Unser Kontaktmann taucht erst nach dem Mittagessen auf. Und in der Zwischenzeit sitzen wir hier auf dem Präsentierteller.«
    »Entspann dich, Catherine.«
    »Wenn du dich entspannen willst, hättest du mich nicht mitzunehmen brauchen. Und da wir schon davon reden: warum zum Teufel sind wir überhaupt hier?«
    »Mein Land braucht mich, und ich folge dem Ruf«, witzelte Cohen.
    »Kann sein, dass dich dein Land braucht. Aber es scheint deinem Land scheißegal zu sein, ob du genug Bandbreite zur Verfügung hast, um dem Ruf zu antworten. Manchmal könnte ich Hy Cohen dafür erwürgen, dass er dir diese Last aufgebürdet hat.«
    »Wahrscheinlich hat er sich nicht viel dabei gedacht. Manchmal hat es ihm ein wenig an Scharfsinn gemangelt. Und er hat es nie in den Kopf bekommen, dass Israel alles andere als perfekt ist.« Cohen grinste verlegen. »Für meine eselshafte Störrischkeit kann man nicht ausschließlich das Spiel verantwortlich machen. Ein Teil davon resultiert aus meiner aufrichtigen Überzeugung.«
    Li brach die Scans ab und drehte sich in ihrem Stuhl herum, um ihn anzusehen. »Weißt du, dass du gerade das erste Mal, seit ich dich kenne, zugegeben hast, dass er nicht perfekt war?«

    »Er war alles andere als perfekt. Zum Beispiel hat er’s hinter dem Rücken seiner Frau mit anderen getrieben. Das fand ich widerlich. Nicht so sehr den Ehebruch, sondern die Lügen.« Cohen spürte eine vertraute Aufwallung von Selbsthass an der Stelle, wo sich seine Magengrube befunden hätte – wenn er einen Magen gehabt hätte. »Verlogenheit ist mir zuwider. «
    »Aber du hast es ihr nie gesagt.«
    Cohen starrte ins Leere und sah vor sich das Gesicht der ersten Frau, die er je geliebt hatte – und die ihm durch die Finger geglitten war, so wie ihm Li jetzt durch die Finger glitt. »Sie wollte es nicht wissen«, sagte er schließlich.
    »Und du gibst den Spielern immer das, was sie wollen, nicht?«
    Er tastete über den Spinstrom nach ihr, stieß gegen eine Wand und sah ihr in die Augen, nur um festzustellen, dass ihr Blick ebenso schwer zu deuten war. »Dir nicht«, flüsterte er. »Ich liebe dich.«
    In diesem Moment trat ihre Kontaktperson aus einer schmalen Gasse zwischen zwei Restaurants, warf ihnen einen Blick zu – so kurz, dass Cohen ihn erst bemerkte, als er Lis Spinvideo-Aufzeichnung noch einmal abspielte – und sah gleich wieder weg.
    Li lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, verlagerte ihr Gewicht nach vorn und stellte ihre Füße weiter auseinander. Ihr Gesicht war ausdruckslos, doch über den Spinstrom strahlte sie eine tiefe, wortlose Befriedigung aus, die vermutlich nahe an dem war, was man erhielt, wenn man die neuronalen Signale einer Katze anzapfte, die gerade eine schöne, fette Maus zum Spielen gefunden hatte.
    Die Kontaktperson stellte sich als eine Frau heraus, noch dazu eine Frau, der die Geschichte Israels im Gesicht geschrieben stand. Sie sah aus, als sei sie direkt aus einem Foto von der Erntezeit in einem Fünfzigerjahre-Kibbuz oder einer unscharfen Filmaufnahme vom Aufstand im Warschauer
Ghetto herausgetreten. Dazu passte das zerzauste blonde Haar und das hakennasige Gesicht. Dazu passten auch die stahlblauen Augen – in einem der dunkle Fleck einer alten Verletzung.
    , fragte Li.
    
    
    
    
    Cohen ignorierte die Stichelei. Li konnte sich über unsymmetrische Filesharing-Protokolle beschweren, soviel sie wollte, aber er würde die Firewall zwischen ihr und den Jungs am König-Saul-Boulevard nicht aufheben, solang er Einfluss darauf hatte. Ihr würden auch ohne seine Hilfe genug Möglichkeiten einfallen, um sich umbringen zu lassen.
    , fragte Li.
    
    Die Frau blieb vor ihrem Tisch stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und warf den Kopf ein wenig zurück und zur Seite, um die beiden

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