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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Cohen, drei Jahrhunderte von seinen einzigen unvermittelten menschlichen Erinnerungen entfernt, zunehmend unverständlicher fand.

    Schließlich beugte sich Mosche in seinem Stuhl vor, und das dünne Metall quietschte unter seinem Gewicht. »Es geht darum, Major, dass ich Ihnen nicht vertraue.«
    »Wenn die EBKL mitbieten soll, werden Sie mir vertrauen müssen.«
    Mosche schürzte die Lippen.
    »Müssen Sie deshalb mit jemandem sprechen?«, fragte Li. Die Frage kam von einem kollektiven Arbeitsbereich, den sich Li, Cohen, der Router/Decomposer und eine Schar plappernder halb bewusster KIs teilten, aber es schien höflich, Li die Frage stellen zu lassen. Mosche war offensichtlich in die Falle getappt und betrachtete die beiden Körper vor ihm wie zwei getrennte Entitäten – und man wusste nie, wann diese Art von Missverständnis einem zum Vorteil gereichte.
    »Nein. Ich bin diskret.« Er zögerte noch einen Moment. »Also gut. Wir machen weiter wie gehabt. Vorläufig. Aber es könnte sein, dass wir bei unserem nächsten Treffen zusätzliche Bürgen verlangen werden.«
    »Vielleicht nicht nur sie«, erwiderte Li. »Wir haben bisher nur ihr Wort, dass der Verkäufer echt ist. Wie wär’s mit Leuten, die für ihn bürgen?«
    »Das müssen sie mit dem Verkäufer besprechen.« Mosche stand auf, ließ die Zeitung auf dem Tisch liegen und ein paar Schekel darauf fallen. »Ich öffne nur den Käfig und lass die Peitsche knallen. Ob der Bär für Sie tanzen oder ob er fressen will, ist ihr Problem.«

Sex. Wasser. Gott
    ► Das Individuum verbessert seine Reproduktionschancen nicht in einem luftleeren Raum, sondern immer in Relation zu den Reproduktionschancen anderer Angehöriger seiner Spezies. So wie Unternehmen ihre Reproduktionskosten zu externalieren versuchen, so versuchen auch Individuen unweigerlich, ihre Reproduktionskosten zu externalisieren, den Wert ihrer eigenen genetischen Ausstattung zu erhöhen, indem sie den Wert der genetischen Ausstattung ihrer Nachbarn verringern. Als die Existentialisten des Zwanzigsten Jahrhunderts in Pariser Cafés ihre Kaffees schlürften oder die Einkäufer des Einundzwanzigsten Jahrhunderts wegen billiger Konsumprodukte bei Wal-Mart zusammenströmten, waren beide Teilnehmer an einer globalen Ökonomie, deren letztendliche evolutionäre Auswirkung darin bestand, dass sie die Reproduktionsmittel (proteinreiche Ernährung, hoher Lebensstandard, bezahlte Kinderversorgung etc.) in die Konsumnationen verschoben, während sie zugleich für die Reproduktion limitierende Faktoren (Krieg, Armut, Umweltverschmutzung etc.) den produzierenden Nationen aufbürdeten … In diesem Licht betrachtet, erscheint der ökologische Kollaps der Erde als logische, sogar unvermeidliche Folge von vier Jahrtausenden menschlicher Evolution. Die Erde starb nicht, weil Menschen vom Pfad der »Natur« oder des »Instinkts« abwichen, sondern weil menschliche Individuen allzu bereitwillig ihren natürlichen Instinken gehorchten, ohne an die Konsequenzen für die Gemeinschaft zu denken …
     
    Einführung in die Soziobiologie (zugelassen für
das 6-Jahres-Curriculum durch den Verwaltungsrats
des KnowlesSyndikats, Jahr 11, Orbit 227)

    D ie erste Versteigerungsrunde fand auf dem gefährlichen, aber neutralen Boden der Internationalen Zone statt.
    Unter den wachsamen Augen der Legionäre passierten Arkady und Osnat um kurz nach zehn Uhr morgens, eingezwängt in eine schwitzende Menge religiöser Pilger, den Kontrollposten am Damaskustor. Als sie endlich den Kontrollposten hinter sich hatten und in die Altstadt vordrangen, hatte Arkady bereits begriffen, dass dies eine andere Stadt war als die Stadt, die sie bis zum Erreichen des großen Tors durchquert hatten. Während in den Warteschlangen vor den Kontrollposten die Pilger und Pendler vorherrschten, wurden die eigentlichen Straßen der Altstadt – zumindest für die Augen eines Syndikatssprösslings wie Arkady – von Bettlern dominiert. Er brauchte eine Weile, bis er verstand, dass es wirklich Bettler waren. Sie bettelten nicht um Geld. Sie saßen nur zusammengesunken an den Steinmauern, die die schmalen Straßen säumten, und machten den Eindruck, als säßen sie schon so lang hier, dass sie die Hoffnung auf Almosen aufgegeben hatten. Arkadys instinktive Reaktion war Ungeduld. Warum versammelten sie sich nicht einfach an den Versorgungsstellen, nahmen mit, was sie brauchten, und setzten ihr Leben fort? Aber natürlich gab es hier keine Versorgungsstellen. Und

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