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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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schien die Mission wie auf Schienen zu laufen. Die Auswahl des Landeplatzes und die GPS-Sondierung verliefen so problemlos wie die elementarste Trainingssimulation. Selbst um die Auswahl des Landeplatzes gab es keine nennenswerte Diskussion. Arkasha sprach sich für die Südspitze des größeren Kontinents aus, die den Vorteil hatte, dass sie in Richtung Äquator zeigte. Die Ahmeds dagegen wollten in der gemäßigten Zone entlang der Ostflanke des Kontinents landen. Arkasha brachte Argumente für seinen Vorschlag vor: eine höhere Evapotranspirationsrate würde einen größeren Reichtum an Spezies bedingen, was ihre Feldarbeit effektiver gestalten würde; sie hatten sehr viel bessere Ausgangsdaten für tropische Ökosysteme als für gemäßigte, und so weiter. Aber wie Arkady vermutet hatte, war Arkasha nach der letzten Besprechung jeder Gelegenheit aus dem Weg gegangen, seinen Disput
mit Bella oder dem Korrekten Ahmed zu verschärfen oder seine Allianz mit den anderen A-Klasse-Wissenschaftlern zu stärken. Während sich also Arkady und (zu aller Überraschung) die Schüchterne Bella für den von Arkady favorisierten Standort aussprachen, einigte sich der Rest des Teams bald auf den Landeplatz, den die Ahmeds vorgeschlagen hatten. Zu Arkadys Überraschung zog Arkasha seinen Vorschlag zurück, ohne es auf eine Konfrontation anzulegen – und sie alle einigten sich auf einen vermutlich geeigneten Standort für das Basislager im Küstenflachland auf dem Hauptkontinent.
    Ahmed war als Erster an der Luke, als sie aufsetzten. Er trat ans Bullauge und schaute durch das Viruglas, das von unzähligen Einschlagskratzern schon milchig weiß war – und hielt so ruckartig den Atem an, dass Arkady ein Schauer der Angst durch den Körper fuhr.
    »Was ist los?«, fragte jemand.
    »Schaut’s euch an.«
    Die Mannschaft drängte sich in der Luftschleuse zusammen und blickte zum fernen Himmel empor wie Bergleute, die aus den Tiefen eines Grubenschachts hinaufschauten. Die Ahmeds hatten das Landemodul auf einem ausgedehnten, freien Gelände aufgesetzt, das Arkady als eine Weide bezeichnet hätte, wenn es auf Novalis grasende Tiere oder überhaupt Säugetiere gegeben hätte. In der Nähe verlief ein Fluss, und in der Jahreszeit, die man auf Novalis Winter nennen konnte, wäre er vom Landeplatz aus zu sehen gewesen. Im Moment allerdings konnte man nur etwa sechzig Meter weit einen Hang hinuntersehen, bis vor eine massive Wand aus dicht verfilztem, dornigem Gestrüpp.
    Arkady und der übrigen Erkundungsmannschaft stand der Mund vor Staunen offen. Dies waren nicht die verstreuten Buscheichen oder Pappeln auf den Terraform-Planeten an der Peripherie, einschließlich Gilead. Die Bäume – wenn man solche Riesen als Bäume bezeichnen konnte – ragten
fünfzehn, zwanzig, vierzig Meter auf. Schon bei einem ersten flüchtigen Überblick zählte Arkady zwei Dutzend verschiedene Spezies. Er konnte sich nicht einmal ansatzweise das komplizierte Netzwerk miteinander verschlungener Wasser-, Luft- und Chlorophyll-Kreisläufe vorstellen, die es vermutlich erforderte, um diese weltumspannende Grünpflanzensymphonie zu unterhalten.
    Die Schüchterne Bella war die Erste, die wieder zu Atem kam und Worte fand, als sie sah, was draußen vor der Luftschleuse auf sie wartete.
    »Was ist denn das?«, flüsterte sie.
    Arkady legte den Kopf in den Nacken und hatte das Gefühl, als ob er aus einem Brunnen emporschaute und ihm das Tosen von Wellen, die an einen felsigen Strand brandeten, in den Ohren dröhnte.
    »Ich glaube, es ist ein Wald.«

Der fast unendliche Abstand zwischen einer Ursache und ihrer Wirkung
    ► Im Krieg, mehr als auf allen anderen Gebieten, muss man damit beginnen, die Natur des Ganzen anzusehen … und … den riesigen, fast unendlichen Abstand, der zwischen einer Ursache und ihrer Wirkung existieren kann.
     
    von Clausewitz (1780 – 1831)

    D as eigentliche Problem beim Schach bestand Cohens Meinung nach darin, dass die Alternativen für jeden gegebenen Weltzustand so begrenzt waren. Was machte schon Spaß daran, wenn man sich intuitiv durch ein Spiel bewegte, dass man auch durch bloße Rechenleistung dominieren konnte?
    Es war durchaus nicht so, dass es Schach an historischem und ästhetischem Interesse mangelte. Im Gegenteil, im Moment beschäftigte er sich mit einer Simulation des Spiels Deep Blue gegen Kasparow – wenn auch vielleicht nur aus Bewunderung für die intrikate Akrobatik der damaligen Codejongleure. Aber Cohen war mit

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