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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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deren Schwärme zu einer Zeit, in die nicht einmal Cohens älteste gespeicherte Erinnerungen zurückreichten, den Himmel verdunkelt hatten, waren ebenfalls ausgestorben. Aber ihre ökologischen Nischen waren, mehr oder weniger, von anderen Arten ausgefüllt
worden. Die Welt war vielleicht nicht mehr so komplex oder so schön wie vor dem menschlichen Industriezeitalter, aber es funktionierte. Es funktionierte sogar so gut, dass über eine Lockerung des Embargos geredet wurde.
    Natürlich nur auf der Erde.
    Im Ring wollte niemand ein Wort darüber hören.
    Die Menschen, die das Embargo verhängten, hatten diese Maßnahmen als befristet angesehen. Industrielle Aktivitäten sollten so lange eingestellt werden, bis die biogenetischen Aktivitäten des Planeten sich wieder eingependelt hatten. Und wenn die Sanierung der Umwelt abgeschlossen war, konnten alle wieder auf den Planeten zurückkehren und das Leben wie gehabt weiterführen. Schließlich war die Erde ihre Heimat.
    Die 18 Milliarden Menschen und Neomenschen, die heute den Orbitalring bewohnten, betrachteten die Erde aber nicht als ihre Heimat. Für sie war die Erde nur ein Mond von vielen. Aber ein Mond mit einer Besonderheit: ein Mond, der etwas zu bieten hatte, das sie dringend brauchten.
    Wasser.
    Die Erde war trocken und wurde immer trockener. Der Ring war durstig und wurde immer durstiger. Und jeder Mensch, der nicht auf der Erde geboren wurde, bedeutete für den Orbitalring einen Mehrbedarf von einigen hunderttausend Litern trinkbarem Wasser. Und daher bot die UN den wenigen verbliebenen Menschen auf der Erde eine salomonische Wahl ein, verpackt in die neutrale Sprache des technologischen Embargos: Bleibt auf der Erde und akzeptiert die überwältigende Wahrscheinlichkeit, dass ihr keine lebenden Nachkommen zur Welt bringen werdet, oder emigriert in den Ring und erfreut euch aller Annehmlichkeiten der modernen Gentechnik. Und im vergifteten Heiligen Land, wo man tagelang unterwegs sein konnte, ohne ein einziges Kind zu sehen, war diese Wahl so einschneidend wie die Wahl zwischen Leben und Tod.

     
    Zwei Legion-Kampfjets schossen über sie hinweg, eingehüllt in einen virtuellen Nebel verschlüsselter Spinstrom-Daten.
    »Schau nicht andauernd auf deine Uhr«, nörgelte Li. »Sie geht immer nach, du hast die falsche Zeit im Kopf, ich schnapp sie von dir auf, und es bringt meine Wetware durcheinander.
    »Das hört sich lustig an«, witzelte Cohen. »Können wir das versuchen, wenn wir wieder im Hotel sind?«
    Eine Schwadron von Fremdenlegionären marschierte vorbei; die Gesichter jung und hart hinter verspiegelten Sonnenbrillen, die Falten in ihren Uniformen messerscharf. Als sie am Café vorbeikamen, übersprang einer der jungen Männer einen Schritt, fand aber mit einer Natürlichkeit, die nur durch langes Training zu erwerben ist, wieder in den Marschrhythmus seiner Kameraden zurück.
    »Das eigentliche Problem ist«, sagte Cohen, um sich wieder dem Thema seiner Uhr zuzuwenden, »dass ich sie nicht mehr zur Reparatur nach Genf bringen kann. Niemand weiß mehr, wie man eine echte Uhr richtig reinigt. Niemand hat die Geduld.«
    »Wir müssen wohl immer auf die Barbaren warten, was?«, fragte Li mit einer Stimme voller heuchlerischen Mitgefühls.
    »Ja, meine Liebe«, erwiderte Cohen gedehnt, »aber wer sind heutzutage eigentlich die Barbaren? Es gibt so viele, die sich um den Job bewerben, dass man schwer einen Favoriten benennen könnte.«
    Li lächelte, war mit den Gedanken aber nicht ganz bei der Sache. Sie war wieder an der Arbeit; Cohen konnte sie am anderen Ende des Intraface spüren. Sie scannte sich nähernde Personen, verwandelte die dreidimensionale Welt in eine Reliefkarte, in der Geschützstellungen, Deckungen und potenzielle Todeszonen verzeichnet waren. »Wenn ich mich so verspäten würde«, brummte sie, »dann nur, weil etwas schiefgegangen ist. Oder weil ich wollte, dass etwas schiefgeht. «

    Ein einsamer Israeli setzte sich an den Tisch neben ihnen, sagte höflich »Schalom«, bestellte eine Tasse schwarzen Kaffee und schlug die Wochenendseiten der Ha’aratz auf. Wenig später setzten sich zwei kamerabewehrte Bewohner des NorAm-Sektors an den übernächsten Tisch und stritten sich lautstark darüber, ob die Zahnradbahn am Samstag zum Felsendom-Aussichtspunkt fuhr. Cohen stierte sie verdattert an und stellte fest, dass der Ha’aratz -Leser das Gleiche tat. Ihre Blicke trafen sich, und die beiden Männern teilten einen Augenblick amüsierter

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