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Lichtjahre

Lichtjahre

Titel: Lichtjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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hier?«
    »Nichts. Schaff ihn raus. Er macht den Hühnern angst.«
    Sie schrien auf ihn ein. Die Hühner hatten sich unter einen Eisentisch gedrängt, der mit Grünpflanzen vollgestellt war. Der Hund stand in der Tür und bellte. Sein Ohren legten sich bei jedem Bellen flach an, seine Beine standen fest auf dem Boden.
    »Er kann sie nicht leiden«, sagte Danny. »Mach, daß er aufhört.«
    »Kann ich nicht. Du weißt doch, daß man ihn nicht dazu kriegt aufzuhören.«
    »Dann bring ihn weg.«
    Sie gingen auf ihn zu und scheuchten ihn mit wedelnden Händen den Flur hinunter. Er ließ sich nur unwillig vertreiben, bellte sie und das Zimmer an und die Hühner, die er nicht mehr sah.
    »Da drinnen fängt's an zu stinken«, sagte Danny.
    Als Schwestern hingen sie nicht besonders aneinander. Sie beschwerten sich übereinander, sie teilten nicht gern. Franca war schöner, fand mehr Bewunderung. Danny war in ihrer Entwicklung noch nicht so weit.
    Aber in ihrer Meinung über Robert Chaptelle, als er zum Dinner kam, waren sie sich einig: er interessierte sie nicht. Er war nervös, als er eintraf. Er hatte den Zug bis Irvington genommen, aber es schien, als hätte er eine Reise von tausend Meilen hinter sich. Er war erschöpft. Viri versuchte, ihn aufzumuntern, er redete über Valle-Inclan, dessen Stücke er gerade gelesen hatte. Aber Chaptelle schien ihm nicht einmal zuzuhören. Sowie sie das Haus betraten, sagte er:
    »Haben Sie irgendwelche Musik da?«
    »Ja, natürlich.«
    »Könnten wir was hören?« sagte Chaptelle.
    Er wartete, ohne Notiz von den Kindern zu nehmen, während Viri ein paar Schallplatten heraussuchte. Die
    Musik begann. Sie war wie eine starke Medizin. Chaptelle entspannte sich.
    »Valle-Inclan hatte nur einen Arm«, erklärte er. »Er ließ sich den anderen abnehmen, um wie Cervantes zu sein. Interessieren Sie sich für spanische Autoren?«
    »Ich weiß nicht viel über sie.«
    »Ich verstehe.«
    Er aß mit dem Gesicht dicht über dem Teller wie ein Mann im Speisesaal einer Anstalt. Er aß nicht viel. Er sei nicht hungrig, erklärte er, er habe im Zug ein Sandwich gegessen. Was den Wein betraf - er trank nicht. Der Arzt hatte ihm verboten, Alkohol zu trinken.
    Danach spielten sie Russische Bank. Chaptelle, der am Anfang fast gleichgültig war, wurde sehr lebhaft.
    »Ah«, sagte er. »Ich habe ein Talent für Karten, müssen Sie wissen. Als ich zwanzig war, habe ich fast nichts anderes getan. Was ist das hier? Ist das der Bube?«
    »Der König.«
    »Ah. Le roi«, rief er aus. »Ja, ich erinnere mich.«
    Viri fuhr ihn zum Zug. Sie standen auf dem langen, verlassenen Bahnsteig. Chaptelle starrte die leeren Gleise hinunter.
    »Er kommt aus der anderen Richtung«, sagte Viri.
    »Oh.« Er sah in die andere Richtung.
    Sie betraten ein kleines Wartezimmer, in dem ein Ofen angeheizt worden war. Die Bänke waren vernarbt von den Initialen von Reisenden, die Wände vollgeschmiert mit primitiven Zeichnungen.
    »Können Sie mir ein paar Dollar für's Taxi leihen?« sagte Chaptelle plötzlich.
    »Wieviel brauchen Sie?«
    »Ich hab überhaupt kein Geld bei mir. Ich hab nur die Fahrkarte. Zumindest kann ich nicht ausgeraubt werden.«
    Viri hatte alles Geld, was er bei sich hatte, herausgeholt. Er hielt ihm zwei Dollar hin. »Reicht das?«
    »Oh ja«, sagte Chaptelle mit großer Geste. »Hier, ein Dollar reicht.«
    »Vielleicht brauchen Sie's.«
    »Ich geb niemals Trinkgeld«, erklärte Chaptelle. »Wissen Sie, Nedra ist eine sehr intelligente Frau. Mehr als intelligent.«
    »Ja«, stimmte Viri zu.
    »Du chien. Kennen Sie den Ausdruck?«
    Der Boden unter ihren Füßen hatte zu beben begonnen. Die hohen, beleuchteten Fenster des Zuges flogen vorbei und kamen zu einem abrupten Halt. Chaptelle bewegte sich nicht. »Ich kann meine Fahrkarte nicht finden«, erklärte er.
    Viri hielt die Tür des Warteraums auf. Ein paar Fahrgäste waren ausgestiegen; der Schaffner sah in beide Richtungen. »Warum steigen Sie nicht ein und suchen dann danach?«
    »Ich hatte sie in meiner poche... Ah, merde! « Er fing an, auf französisch vor sich hin zu murmeln.
    Man hörte den schrillen Ton einer Pfeife. Chaptelle richtete sich auf. »Ah, hier«, sagte er.
    Er eilte auf den Bahnsteig und stand unschlüssig da, um zu sehen, welche Tür noch offen war. Es gab nur eine, die, in der der Schaffner stand.
    »Wo kann ich einsteigen?« fragte Chaptelle.
    Der Schaffner beachtete ihn nicht.
    »Da, wo er steht«, rief Viri.
    »Aber das ist zwei Wagen

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