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Lichtjahre

Lichtjahre

Titel: Lichtjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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grasen begann. Die Wiese war leer, von der Straße aus nicht einzusehen.
    Im Krankenhaus sagten sie, es sei ernst, eine schwere Gehirnerschütterung. Sie war noch nicht bei Bewußtsein. Ihr Gesicht war geschwollen. Ihr Kopf war auf einen Stein aufgeschlagen. Sie war adoptiert, Mrs. Dahlanders einziges Kind. Der Arzt erklärte der erstarrten Mutter die Dringlichkeit, die Gefahr. Es war im Wartezimmer der Kinderstation. Zerrissene Bücher stapelten sich auf den Regalen, auf dem Boden lagen Bauklötze. Wenn die Blutung unter der Schädel-decke anhielte, würde sie einen lebensgefährlichen Druck auf das Gehirn ausüben.
    »Was können Sie tun?«
    »Wir müssen operieren.«
    Man konnte bereits den Neurochirurgen im grünen Kittel sehen.
    »Wir brauchen Ihre Zustimmung.« Sie drehte sich zu Nedra, flehend. »Was soll ich tun?«
    Sie befragten erneut den Arzt. Geduldig beschrieb er es noch einmal. Es war Abendessenszeit; die Straßen wurden dunkel. Das vergessene Pferd stand noch aufgezäumt auf dem leeren Feld. Das Gras wurde kalt.
    »Ich will auf meinen Mann warten.«
    »Wir können nicht warten.«
    Sie wandte sich wieder an Nedra. »Ich will auf ihn warten«, flehte sie. »Meinen Sie nicht, daß ich warten sollte?«
    »Ich glaube nicht, daß das geht«, sagte Nedra.
    Die unfruchtbare Frau nickte, gab auf. Sie brach in sich zusammen, ja, gut, retten Sie sie. Ein flüchtiger Blick, als das Kind vorbeirollte, tödlich still. Sie war stundenlang drinnen, sie kam heraus wie eine zerbrochene Puppe, mit geschlossenen Augen, den Kopf weiß bandagiert. Die Nacht über wurde sie in Eis gepackt. Der Druck im rasierten Kopf stieg weiter an. Um Mitternacht wurde der Chirurg gerufen. Er fand ihre wartenden Eltern vor.
    »Wir können erst morgen früh Genaueres sagen«, erklärte er ihnen.
    Ein Morgen, an dem Viri im Traum des letzten Schlafes eine Frau in einem schönen Kleid zum Aufzug eines großen Hotels gehen sah. Es war Kaya. Sie sah ihn nicht. Sie war in Begleitung zweier Männer im Smoking. Er wollte nicht gesehen werden: seine einfache Kleidung, seine Zähne, sein schütter werdendes Haar. Er sah sie den Fahrstuhl betreten, zu einem Dachgarten hochfahren, wo eine Party stattfand, zu einer Eleganz, die er sich nicht ausmalen konnte, und plötzlich wußte er, daß sie nicht mehr dieselbe war; irgend jemand hatte sie schließlich eingefangen.
    Er träumte am frühen Morgen in dem Haus am Fluß. Im Herbst, allein in seinem Schlaf, die Räume kühl, verlassen, die Brise vom Hudson umspülte ihn wie einen Leichnam.

11
    Der erste Schnee fiel. Es war wie mitten im Winter, die Fenster wurden kalt. Man konnte in der Dunkelheit im Bett liegen und das Heraufdämmern des Lichts beobachten. Am Tag des Erntedankfestes gab es einen blendenden Schneesturm. Hadji war begeistert. Er sprang durch die weißen Flocken wie ein Delphin, rollte sich auf dem Rücken, rannte wild umher, schnappte nach dem Schnee. Danny sah, wie er sich, schon weit entfernt, umdrehte und nach ihr Ausschau hielt: pechschwarze Augen, aufgestellte, wache Ohren.
    »Hier, du Schlittenhund«, rief sie. »Hierher.«
    Er lief mit angelegten Ohren, er wollte nicht hören. Sie klatschte in die Hände. Er rannte in großen betrunkenen Kreisen, manchmal hielt er kurz an, um sich bäuchlings in den Schnee zu legen und sie mit fuchsartigen Blicken zu beobachten. Sie rief weiter nach ihm. Er bellte.
    »Mistköter«, rief sie.
    Es schien, als gäbe es den ganzen Dezember über Dinnereinladungen. Menus wurden besprochen, Gäste. Langusten, sagte Viri, ja, meinetwegen Langusten, aber keinen Gazpacho, darauf bestand er. Es sei das falsche Wetter für Gazpacho; zu kalt.
    »Nicht vorm Feuer«, sagte Nedra.
    »Aber im Eßzimmer ist gar kein Kamin«, rief er aus.
    Sie antwortete nicht. Sie mußte arbeiten. Wen hatte sie denn nun eingeladen? fragte er.
    »Die Ayashes«, sagte sie.
    »Die Ayashes!«
    »Viri, wir müssen. Ich meine, mir ist es wirklich egal, aber es wird schon peinlich.«
    »Wen noch?«
    »Vera Cray.«
    »Was soll das werden? Ein Altersheim?«
    »Sie ist eine wunderbare Frau. Seit ihr Mann gestorben ist, war sie nicht mehr aus dem Haus.«
    »Ja, das glaub ich gern«, sagte er. »Aber sie passen nicht zueinander. Mrs. Ayashe ist halb verblödet. Vera ist absolut überspannt.«
    »Du wirst zwischen ihnen sitzen.« »Nicht den ganzen Abend.«
    »Gib ihnen ordentlich zu trinken«, sagte sie.
    »Willst du mal probieren?«
    Es war die paté maison. »Mhh! « stöhnte

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