Lichtjahre
Halskette und Armbänder aus Goldgeflecht. Ihr Name war Candis. Ihr Mann war Art director. Er arbeitete an Filmen; er entwarf Buch-umschläge.
»Viri, was möchtest du trinken?« fragte Peter.
»Weißt du, ich glaub, ich hab schon so lange keinen mehr gehabt ... «
»Was immer du willst.«
»Ich glaube, ich hätt gern einen Martini«, sagte Viri.
Er trank einen, eisig kalt, aus einem funkelnden Glas. Es war wie ein Wetterumschwung. Im Shaker war noch ein zweiter, stark, klar.
»Wie kriegst du sie so kalt?« fragte er.
»Na ja, du hast dir den Drink ausgesucht, an dem man den wahren Mixer erkennt. Man muß die richtigen Zutaten nehmen - und den Gin im Kühlfach aufbewahren.«
»Ah.«
»Ich wollte mal einen Artikel über die zehn besten Bars der Welt schreiben. Ich hab viel Recherche betrieben. Hat mich fast die Gesundheit gekostet.«
»Und? Welche ist die beste?« fragte der Art director.
»Ich glaub nicht, daß man eine herauspicken kann. Es geht eher darum, welche im entscheidenden Moment in der Nähe ist. Ich mein, es gibt jeden Tag eine Stunde, wenn die Zunge ausgetrocknet ist, wenn nichts anderes hilft als ein Drink, und dann in der Nähe einer dieser Läden zu sein, das ist wie in Mohammeds Paradies.«
»Ich glaube nicht, daß man da was zu trinken kriegt«, sagte Candis. »Nicht im Paradies der Moslems.
»Richtig«, sagte Peter. »Und damit ist es für mich gestorben.«
»Aber Frauen in Hülle und Fülle«, sagte ihr Mann.
»Ich denke«, begann Peter, »wenn die Zeit gekommen ist, daß ich ins Paradies eingehe ... «, er war aufgestanden, um in die Küche zu gehen, er war derjenige, der bei Dinnereinladungen kochte, »wird meine Verbindung zu Frauen rein historischer Natur sein.«
»Niemals, Darling«, widersprach Catherine, die gerade zur Tür hereinkam.
»Oder imaginär«, sagte er.
»Du wirst nie dein Interesse an Frauen verlieren«, sagte sie.
»Hallo, Viri. Wie geht's? Du siehst gut aus.«
»Mein Interesse vielleicht nicht, aber ich fürchte, meine Fähigkeit ... «
»Die hält ewig«, sagte sie.
»Also, ich weiß ja nicht,, was du da drinnen getrunken hast«, murmelte er, »aber dein Vertrauen rührt mich.«
»Ich denke, Frauen wissen solche Dinge, glaubst du nicht?«
»Manchmal sind sie ja in der richtigen Lage dazu«, sagte Viri.
Während sie lachten, traf sein Blick den von Candis. Sie hatte eine lange Nase, ein intelligentes Gesicht. Ihre Augen waren sehr weiß und klar.
»Viri, du hast uns gefehlt«, sagte Catherine. Ein weiteres Paar traf ein. Viri unterhielt sich ungezwungen. Er beschrieb einen Theaterabend.
»Ich bin die Theaterliebhaberin in unserer Familie«, sagte Candis. »Eins der ersten Stücke, die ich gesehen hab - dazu gibt's eine Geschichte - war Der versteinerte Wald.«
»Aber so alt können Sie doch noch gar nicht sein«, sagte Viri. Er fühlte sich ungeheuer warm und gelöst.
»Ich war damals vierzehn.«
»Es ist geschrieben worden, als Sie noch nicht auf der Welt waren«, sagte er.
»Na ja, vielleicht war es nur eine Neuinszenierung. Auf jeden Fall... «
»Wie alt sind Sie?«
»Achtundzwanzig. «
»Achtundzwanzig ...«
»Als ich nach der Aufführung nach Hause kam, fragten sie mich: Und? Wie hat's dir gefallen? Und ich sagte: Es ist ein sehr komisches Stück. Zum Beispiel war da die Stelle, wo er zu dem Mädchen sagt: Wie wär's mit einem Schäferstündchen? Und ich hab gesagt, das Publikum lachte, weil es in der Wüste natürlich keine Schafe gibt.«
Der Luxus, die Behaglichkeit dieser in einer nicht sehr schicken Gegend gelegenen Wohnung. Es war ein altes Gebäude, eine Wohnung schön wie ein Park oder wie ein wunderbarer alter Band, den man in den Stapeln eines antiquarischen Buchladens findet.
Peter kannte sich in historischen Dingen aus, er verstand etwas von Kunstgeschichte und Wein, dem zweiten und dritten Grand Cru, die so gut waren wie der erste. Er wußte von einem kleinen Städtchen, das besser war als Beaune, er kannte die Namen von Weinbergen. Er stand in der engen Küche, auf jeder freien Fläche lag frisches Gemüse, standen Teller, und hackte inmitten des Durcheinanders mit einem großen Messer Petersilie.
»In unserem nächsten Haus«, erzählte er Viri, »werd ich eine Küche haben, die groß genug ist, um darin manövrieren zu können, so eine wie eure.« Er trug eine Schürze über seinem Anzug. Während er das Abendessen zubereitete, rief er immer wieder nach draußen und wollte von seiner Frau wissen, wo irgendwas war oder
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