Lichtraum: Roman (German Edition)
Damals glaubte ich ihm nicht so recht, aber jetzt verstehe ich viel besser, was er damit meinte.«
Sie sah Corso an, dass er diese Enthüllung immer noch nicht verdaut hatte. »Aber es funktioniert nicht, oder?« Mit dem Kinn deutete er auf Lamoureaux.
»Nein, sie haben mit ihren Bemühungen keinen Erfolg«, bekräftigte sie, »jedenfalls klappt es bei den meisten von uns nicht. Aber ich kann auch nicht mit absoluter Gewissheit behaupten, dass es ihnen noch kein einziges Mal gelungen ist, andere Maschinenköpfe in das Abbild ihrer ursprünglichen Navigatoren zu verwandeln. Vielleicht finden wir es erst heraus, wenn irgendwas passiert.«
»Was zum Beispiel?«
»Ich denke, ihr höchstes Ziel wird vermutlich sein, den Technologiehort in Tierra zu zerstören.«
Sie merkte, wie es in Corso arbeitete. »Tatsächlich?«
»Denk daran, dass ihre vordringlichste Mission, abgesehen von der Suche nach dem Schöpfer, darin besteht, jeden aufgespürten Technologiehort zu vernichten. Ohne Ausnahme.«
»Aber die Schiffe der Weisen besitzen keine Waffen«, hielt er entgegen. »Wie könnten sie …?«
Sie lächelte, als Corso von selbst auf die offensichtliche Antwort kam. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Indem sie den jeweiligen Stern zerstören, um den der Technologiehort kreist, natürlich«, erwiderte sie schließlich und stieß sich von dem Untersuchungstisch ab.
»Wir müssen eine Warnung durchgeben«, krächzte er.
»Sicher, das könntest du tun«, stimmte sie zu und trat an den Monitor, um die Details ihrer Diagnose zu prüfen; sie bemerkte die dunklen Flecken in ihrem Schädel, die den Sitz ihrer Implantate anzeigten. »Trotzdem solltest du es dir noch einmal gut überlegen, Lucas. Ich habe die Nachricht gehört, dass die Streitkräfte des Konsortiums anrücken und den Tierra-Hort mit Gewalt in Besitz nehmen wollen. Niemand wird auf dich hören, wenn du etwas sagst. Aber sollte der schlimmste Fall eintreten, dass wir das komplette Tierra-System verlieren, dann können wir uns damit trösten, dass es da draußen noch mehr Technologiehorte gibt und wir immer noch auf andere Schiffe zurückgreifen können, um sie zu finden.«
Sie beobachtete ihn, wie er sich ihre Worte durch den Kopf gehen ließ. Er würde so oder so versuchen, die Leute zu warnen, daran hegte sie nicht den geringsten Zweifel, denn er konnte nun mal nicht aus seiner Haut; er war eben ein Mann, der sich immer wieder aussichtslosen Unterfangen verschrieb.
»Du hast also dein Schiff zerstört …?«
»Weil ich ihm nicht mehr trauen konnte.«
Wie vom Donner gerührt stierte Corso sie an.
Abermals hörten sie einen Glockenton, und das Diagnose-Display blitzte ein paarmal auf.
»Was steht da?«, fragte sie.
»In deinem Gehirn gibt es Gewebeveränderungen«, klärte Corso sie auf. »Die Krankenstation glaubt, du hättest einen schweren epileptischen Anfall erlitten, ein Grand Mal.« Er tippte mit dem Finger auf den Schirm, und noch mehr Informationen erschienen. »Es ist das Gleiche wie bei Ted«, bemerkte er.
»Ich fühle mich gut. Und ganz gleich, welche Veränderungen die Weisen in meinem oder Teds Gehirn vorgenommen haben, deine Krankenstation ist nicht darauf programmiert, sie zu erkennen, geschweige denn zu interpretieren.«
»Wie auch immer, diese Veränderungen sind da.«
»Wird Ted wieder gesund werden?«
Corso zuckte die Achseln. »Das wissen wir erst, wenn die Med-Box mit ihm fertig ist. Wie geht es dir … psychisch?«, Neugierig sah er sie an.
»Worauf willst du hinaus?«
»Ich weiß, dass du …« Er rang um das richtige Wort. »Na ja, dass du an deinem Schiff gehangen hast. Eine Art Beziehung mit ihm eingingst.«
»Ich komme damit klar«, versetzte sie brüsk. »Und ich werde ganz bestimmt nicht noch einmal durchdrehen.« Sie nickte in Richtung der Tür. »Sagtest du nicht, wir sollten uns ansehen, wofür wir uns so ins Zeug gelegt haben? Na, dann mal los!«
Ty Whitecloud hob den Kopf, als er hörte, wie sich die Luftschleuse des Labors in Bewegung setzte, und ihm fiel ein, dass er immer noch keine Ahnung hatte, ob der Plan des Senators, die Fregatte zu kapern, geglückt war. Er saß an der Hauptkonsole des Labors, und jählings verspannten sich seine Rückenmuskeln.
Endlich öffnete sich mit einem Seufzen die innere Schleusentür, und Senator Corso betrat das Labor in Begleitung einer Frau; Ty war sich sicher, dass er ihr noch nie zuvor begegnet war, und trotzdem kam sie ihm bekannt vor. Doch einen Moment
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