Lichtraum: Roman (German Edition)
werde dich nicht belästigen, Nancy, wenn du in diese Hinsicht Befürchtungen hegst.«
Sie rückte näher an ihn heran. »Das hatte ich nicht gemeint.«
Etwas in ihrem Tonfall verriet ihm, dass sie darum rang, die richtigen Worte zu finden. Ty hatte gemerkt, dass Nancy keine Frau war, die ihre Gefühle offen zum Ausdruck brachte; nur in den intimsten Momenten ging sie aus sich heraus.
»Ich weiß nicht, was uns hier draußen erwartet.« Mit einer behandschuhten Hand winkte sie in Richtung der Sterne. »Und … wenn mir dann diese Gedanken kommen, möchte ich nicht gern allein sein.«
Einem jähen Impuls folgend, legte er eine Hand auf den Ärmel ihres Anzugs. Er blickte auf seine gespreizten Finger und sinnierte darüber nach, wie es dazu kommen konnte, dass sein eigener Körper ihn so verraten hatte.
»Du bist nicht allein«, äußerte er schließlich.
»Ich bin froh darüber, Nathan.« Sie wich ein Stück von ihm zurück, und als sie dann sprach, machte sie wieder einen beherrschteren
Eindruck. »Ich … du weißt, wo du mich findest. Schau einfach irgendwann mal vorbei.«
»Mach ich«, hörte er sich antworten.
Sie setzte sich in Bewegung, plötzlich wieder ganz die Nancy, die er kannte – tüchtig und resolut.
Eigentlich hatte er nicht lange fackeln und mit ihr Schluss machen wollen; das war der einfachste Weg, um derlei Dinge zu handhaben. Doch jedes Mal, wenn er den Mund öffnete, um etwas in dieser Hinsicht zu sagen, war etwas völlig anderes herausgekommen.
Er rief eine der Spinnen zu sich, und während er anfing, in deren Werkzeugbox herumzukramen, dachte er fieberhaft nach. Auf welche Weise konnte Corso ihn überhaupt bestrafen, überlegte er. Vermutlich gab es nur sehr wenig, womit er ihn unter Druck setzen konnte.
Ty rief das Menü seines Anzugs auf, meldete sich bei Nancy, und erhielt prompt eine Antwort.
»Heute Nacht«, sagte er. »Bordzeit. Komm runter ins Labor.«
»Äh … brauchst du bei irgendwas Hilfe?«
»Allerdings«, bestätigte er grinsend. »So könnte man es nennen.«
Kapitel Zweiundzwanzig
»Genau hier befinden wir uns jetzt«, erklärte Lamoureaux.
Dakota lehnte sich an ihrem Platz auf der Brücke zurück und spähte hinauf zu der Überkopf-Simulation – ein Bild von der Milchstraße, wie man sie von einem Ort aus hätte sehen können, der sich rund zwanzigtausend Lichtjahre über ihrer Ekliptikalebene befand. Ein winziger Lichtpunkt, der die Mjollnir darstellte, blinkte beständig tief im Inneren des Orionarms.
Aus der von Lamoureaux gewählten Perspektive ging klar hervor, dass der Orionarm weniger ein eigenständiger Spiralarm war, sondern eher ein breiter Streifen aus Sternen in der Mitte zwischen dem Sagittarius- und dem Perseusarm.
»Und hier«, fuhr Lamoureaux von dem Interface-Sessel aus fort, »findet unser erster Stopp statt. Danach haben wir die wirklich lange Strecke vor uns.«
Von dem Icon, das die Mjollnir symbolisierte, führte eine Linie zu einem Stern, der von ihrer derzeitigen Position fünfzehnhundert Lichtjahre entfernt lag. Von dort aus zog sich eine zweite Linie quer über eine Lücke, in der es kaum Sterne gab, zu einer bestimmten Stelle in den Tiefen des Perseusarms.
Dakota musterte Lamoureaux, der den Interface-Sessel in einem Winkel von fünfundvierzig Grad nach hinten gekippt hatte, so dass er beinahe senkrecht zu der Simulation hochschauen konnte. Er wirkte immer noch nicht vollständig genesen, und als er sie anschaute, merkte sie ihm an, wie sehr ihm der Schmerz über den erlittenen Verlust zu schaffen machte. Bald würde sie ihm erklären müssen, warum sie ihr Schiff zerstört hatte.
Corso saß dicht hinter Dakota, während Nancy, Ray und Nathan
draußen mit den Reparaturen an den Antriebsdornen beschäftigt waren. Martinez konnte vermutlich erst in zwei Tagen die Krankenstation verlassen, Olivarri schlief in seinem Quartier, und Perez steckte irgendwo mitten im Schiff, kontrollierte die Plasma-Leitungssysteme und bereitete die Bord-Fabrikatoren darauf vor, neue Antriebsdorne zu produzieren, um die zu stark beschädigten zu ersetzen.
»Ted, könnten Sie die Information aufrufen, die ich Ihnen bezüglich unseres ersten Zielsystems gab?«, bat Dakota.
»Nein«, ließ sich Corso hinter ihr in feindseligem Ton vernehmen. Seit sie ihm von dem Händler erzählt hatte, hatte er kaum ein Wort mit ihr gesprochen. »Das kann noch eine Minute warten. Ted, Sie sagten, Sie hätten ein paar neue Informationen über den Krieg beschaffen
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