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Lichtschwester - 8

Lichtschwester - 8

Titel: Lichtschwester - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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den Wölfen des Jenseits begrüßt.
  Oh, wenn sie sich doch erheben könnte, um ihren Gruß zu erwi-
dern ! Aber dieser Fluß hatte sie den letzten Funken Kraft gekostet.
  Nun erklang ein schweres, dumpfes Clop-Clop-Clop-Clop-Pong —
wie das Poltern aufeinander purzelnder Melonen … Gleich darauf
wurde es vom Geräusch beschuhter Füße abgelöst. Sie näherten
sich rasch, hielten nun dicht hinter ihrem Kopf.
  »Hoho, Mädchen, was ist denn das? Wen habt ihr denn da gefun-
den?« hörte sie jemanden rufen. Die kalten Schnauzen ließen von
ihr ab. »Brave Mädchen!« Sofyia spürte Finger so heiß wie Feuer
in ihrem Nacken, witterte den Geruch von Mensch und von etwas
anderem, was aber wieder schwächer wurde und mit einem sich
entfernenden Clop-Clop-Clop-Clop schwand.
  Als sie aufblickte, sah sie über sich das wettergegerbte Gesicht
einer Frau, die blaue Augen und blonde, zur Krone gesteckte Zöpfe
hatte. Was für ein prächtiges Fell die nach der Verwandlung haben
müßte! Die Frau war von zwei enormen Hündinnen flankiert, die
den Kopf so hoch hielten wie sie und hechelten und schnüffelten.
Oh, die kalten Schnauzen, die sie geweckt hatten … Sie sahen
anders aus als ihre Stammesgenossen: Sie hatten einen schmalen
Kopf und hohen Rücken, und durch das seidige, rot gescheckte
Langhaarfell zeichneten sich scharf Rückgrat und Rippen ab …
  »Ich danke euch, himmlische Schwestern«, grüßte Sofyia in
Wolfssprache zuerst die beiden, wie es sich ja gehörte. Aber die
Hündinnen grienten nur und erwiderten kein Wort. Waren Engel
denn so blöde?
    Nun kniete sich die Fremde vor Sofyia hin und half ihr aufsitzen,
nahm ihren weiten Umhang ab, der so blau wie der Nachthimmel
bei Vollmond war, und hüllte die Frierende darin ein. Dann hielt
sie ihr einen prall gefüllten Schlauch an den Mund, und Sofyia
trank. Es war starker Wein, und ihr wurde gleich etwas wärmer.
    »Ich heiße Sofyia«, sagte sie in ihrer Menschensprache, »und
danke dir von Herzen.«
    »Man nennt mich Nitra. Ich bin die Anführerin der Jägerinnen
von Sauromatien«, erwiderte die Fremde. Nun sah Sofyia, daß sie
eine weiße, mit vielen blauen Pferdeköpfchen bestickte Bluse trug.
  Wie seltsam, sein Gewand mit dem Bild eines Beutetieres zu
schmücken! Auch ihre Reithosen aus derbem dicht gewebtem
Stoff waren damit verziert … und ihre hohen Schnürstiefel mit den zahllosen Haken prangten in demselben Nachtblau wie die kleinen Pferdeköpfe.
    »Wo bin ich?« fragte Sofyia mit heiserer Stimme.
  Die Frau lächelte freundlich. »Genau östlich des Morgens.«
Sofyia keuchte und ergriff frohlockend ihre Hände. »Da kannst du
mir ja helfen?«
    »Natürlich!« rief die Fremde verdutzt. »Denkst du, ich würde dich
hier einfach liegenlassen?« Sie faßte Sofyia unter und hob sie so
mühelos wie eine Welpe auf, blickte sich nun stirnrunzelnd um und pfiff laut durch die Zähne. »Turek! Wo bist du denn schon
wieder?«
    Jetzt trabte ein Tier herbei, in dem Sofyia den zuvor gewitterten
Grasfresser erkannte. Ein Pferd - wie peinlich, daß ihr das nicht
gleich klar gewesen war! Seine Nähe weckte das Jagdfieber in ihr.
  Wie sie doch nach Fleisch hungerte … »Rasch, laß mich herun-
ter«, flüsterte sie Nitra hilfsbereit zu. »Damit du dich verwandeln
und es reißen kannst.«
    »Mich verwandeln?« fragte die Frau und starrte sie verblüfft an.
  »Meine Stute reißen?«
    Die Stute kam zutraulich näher. So ein großes Pferd hatte Sofyia
noch nie gesehen! Zudem war es nicht braun, sondern weiß wie
der Todeswolf und trug am Kopf Lederriemen und Knochenstück-
chen. Ihr Herz begann zu rasen. Die alte Hexe hatte sie belogen!
Hier gab es für sie keine Rettung, kein Entrinnen mehr. Nein,
östlich des Morgens war das Reich des Todes!
  Nun blieb das Pferd ruhig vor ihr stehen. Es hatte sanfte, braune
Augen mit geschlitzten Pupillen - wie eine Ziege. Sofyia wim-
merte vor Angst, als Nitra sie seitlich auf seinen Rücken hob.
    »Kannst du denn nicht richtig aufsitzen?« fragte Nitra erstaunt.
  »Schwing einfach dein rechtes Bein darüber. Hier, ich schlag dir
die Röcke zurück, damit sie dir nicht im Weg sind …« Sofyia sah
ihre bleichen Hände näherkommen und die blauen Augen dämo-
nenhaft funkeln. Oh, gleich würde die Fremde sich verwandeln,
um sie auf der Stelle mit Haut und Haar zu verschlingen …
  Da fiel sie in Ohnmacht.
    »Wenn du es mich dir braten ließest, könntest du es viel leichter
kauen«, sagte Nitra nun schon zum

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