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Lichtschwester - 8

Lichtschwester - 8

Titel: Lichtschwester - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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dem gemauerten Ofen an der hinteren Wand, in dem noch ein bedecktes Kohlenfeuer glomm.  
    »Bring die Pferde in den Stall«, rief sie dann dem Jungen über die Schulter zu.
    »Den Teufel werde ich«, knurrte der verdrießlich. »Ihr könnt doch nicht so einfach…«
    Da ließ Sharik ihre Satteltaschen fallen, schüttelte ihren Umhang ab und drehte sich herrisch zu ihm um. Groß und schlank stand sie da, eine junge Frau von achtzehn Jahren, mit dichtem, rotem Haar und in der Uniform des Ordens der Roten Falkin. Rechts auf ihrem Steppwams leuchtete das Falkin-Emblem. Daß es auch auf dem Schild draußen prangte, hatte seinen Grund. Denn dieses Gasthaus gehörte den Falkinnen und diente ihnen als Kurierherberge zwischen ihrer Ordensburg in Atenawa und der recht abgelegenen kleinen Garnison Tarzy’s Forge, die den Tempel der Erntegöttin zu schützen hatte. Gut und schön, wenn es auch an anderen Reisenden, die hier unterwegs waren, etwas verdiente; doch die Angelegenheiten der Großen Kriegerin hatten in jedem Fall Vorrang. Der Junge sah sie verblüfft an, ließ seinen Blick zwischen ihrer Uniform und dem Schwert an ihrem Gürtel hin und her wandern. »Die Pferde in den Stall bringen«, murmelte er schließlich und nickte, nahm dann von dem Haken neben der Tür die Laterne und zündete sie an einer der Kerzen an, warf sich eine Jacke über und trat in den Winterwind hinaus.
    Ressa hatte Dreyan, ihren kleinen Sohn, auf den Ofensims gebettet und wärmte ihm mit ihrem Atem die eisigen Füßchen und Händchen. Nun wischte sich Sharik den Schnee von ihren geflochtenen Haaren, blies ihre Laterne aus und stellte sie neben Ressas Reisesack ab, nahm einen Schürhaken und stocherte in der kohlenbedeckten Glut, bis daraus ein loderndes, knisterndes Feuer aufsprang. Zufrieden lächelnd legte sie das Schüreisen weg, setzte sich auf den Ofen und seufzte wohlig, als sie die Wärme durch ihre Kleidung dringen spürte.
    »Bei den Göttern, das tut gut! Wenn das noch länger so gegangen wäre, wäre ich im Sattel festgefroren. Wie geht’s dem Kleinen ?«
    Ressa hatte ihren Umhang abgelegt und war schon dabei, Dreyan zu stillen. »Sehr gut«, erwiderte sie, ohne aufzublicken. »Aber es war wohl auch höchste Zeit…«
    Sharik musterte ihre Reisegefährtin, auf die nun der helle Schein des Feuers fiel. Ressa war sicher nicht älter als sie, eher noch etwas jünger, und wäre mit ihrem honigblonden Haar und mit ihren strahlendblauen Augen wohl eine Schönheit gewesen - wenn da nicht dieses dunkle, weinrote Muttermal gewesen wäre, das ihre ganze linke Gesichtshälfte bedeckte. Ressa hatte, seit sie einander am Nachmittag auf der Landstraße begegnet waren, ihren Kopf immer so gehalten, daß es nicht zu sehen gewesen war. Als sie nun auf ihr saugendes Kind hinabblickte, huschte ein sanftes Lächeln über ihr verunstaltetes Gesicht, das all ihre Traurigkeit wegwischte.  
    Was für eine Verwandlung!
    »Eine Zeitlang dachte ich schon, ich hätte mich verirrt …«, gab Sharik zu. »Ich bin ja auch noch nie hier gewesen.« Sie lauschte auf den Wind, der immer wilder heulte. Der Junge, der da draußen bei den Pferden war, tat ihr plötzlich schrecklich leid. »Was für ein Glück, daß wir das Haus gerade jetzt gefunden haben!« seufzte sie.
    »Ja, eben noch rechtzeitig vor diesem Schneesturm«, war nun eine fremde weibliche Stimme zu vernehmen.
    Als Sharik verdutzt aufblickte, sah sie eine stämmige Frau mit schon grauem Haar vor sich. Die Fremde, die ein schlichtes Kleid und dazu eine Küchenschürze mit großen Fettflecken trug, musterte lächelnd das Falkin-Emblem auf Shariks Wams und sagte dann in der Tempelsprache: »Sei gegrüßt, im Namen der Großen Beschützerin.«
    Nun erhob Sharik sich und sprach die zweite Hälfte des rituellen Grußes: »Und sei du im Namen der Großen Rächerin gegrüßt.« 
    Sodann fuhr sie im profanen Hjelmarik fort: »Ich bin Sharik von Eshan. Kavalleristin aus Atenawa.«
    »Trin von Gliest«, erwiderte die ältere Frau und reichte ihr die Hand. »Willkommen im Falkinnenhorst! Ich bin die Wirtin … Womit hast du dir’s bei der Kommandeurin verscherzt, Reiterin Sharik?«  
    »Häh? Wieso?«
    Trin kicherte und wies mit dem Kopf auf Shariks Satteltaschen vor dem Ofen. »Du bist doch auf Kurierdienst«, konstatierte sie. »Zur Schwadron in Tarzy’s Forge, ja? Hring, diese alte Sau, verdonnert doch immer diejenigen Rekruten zum Winterkurierdienst, die sie am wenigsten mag. Was hast du denn Schreckliches

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