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Lichtschwester - 8

Lichtschwester - 8

Titel: Lichtschwester - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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anfinge.
    Er sieht aus wie ein winziger Greis, dachte sie, so krebsrot und so runzlig.
    »Vielleicht bekommst du ja selbst mal eines«, neckte Ressa sie.  
    »Wohl kaum«, erwiderte Sharik, setzte dann jedoch hinzu: »Derlei kommt bei uns schon vor. Aber nicht eben oft. Man kann sich nach fünf Jahren aktivem Dienst zur Reserve versetzen lassen. Was du dann mit deiner Zeit anfängst, das ist deine Sache … solange du dich ans Gesetz hältst und den Orden unterrichtest, wo du denn im Bedarfsfall zu erreichen bist. Manche werden häuslich und gründen eine Familie.«
    »Sind dir noch nie Zweifel gekommen?« fragte Ressa. »An so einem Leben als Falkin, meine ich.«
    »Nein«, erwiderte Sharik rasch. Aber das war gelogen. Sie hatte sich mit derlei Zweifeln herumgeschlagen. Und der Anblick dieses schlafenden Kindes frischte einige davon wieder auf. Alle meine Freundinnen aus Kindertagen sind jetzt verheiratet, dachte sie, und, zum Teufel, die meisten von ihnen haben wahrscheinlich auch schon Kinder. Ich werde wohl nie ein eigenes in den Armen halten, so wie dieses jetzt.
    Jetzt trat Trin, mit einer Laterne in der Hand und einem dicken, wollenen Umhang um die Schultern, aus der Küchentür, musterte mit zuckenden Mundwinkeln Sharik und Dreyan und sagte: »Ich bin bald zurück. Ich besorge nur noch etwas Feuerholz für unser Frühstück morgen.« »Soll ich dir helfen?« fragte Sharik.
    »Nein, nein. Ich hole nur einen Armvoll rein, damit es über Nacht trocknen kann.« Trin bemühte sich, die Tür so schnell wie möglich hinter sich zu schließen, aber auch der kurze, eisige Luftschwall genügte, um Dreyan aufzuwecken. Er begann gleich zu wimmern, und so schmiegte Sharik ihn fester an sich, bis Ressa ihn ihr wieder abnahm, um sich mit ihm auf den Ofensims zu setzen und ihn sanft zu wiegen.
    »Was meinst du, können wir morgen weiter?« fragte sie nach einer Weile.
    Sharik zuckte die Achseln. »Das hängt vom Wetter ab. Vielleicht ist der Schnee morgen früh schon zu tief zum Reiten«, versetzte sie und fügte, Trins Verdacht eingedenk, dann hinzu: »Der Tempel der Erntegöttin in Tarzy’s Forge böte dir Obdach, und er wird von einer Schwadron Falkinnen beschützt.« Ressa wurde plötzlich ganz starr. 
    Aber Sharik ließ nicht locker und fuhr fort: »Wenn du in irgendwelchen Schwierigkeiten steckst …« Da flog die Tür auf, und herein stürzte Emry, in einem Wirbel von Schnee. »Er hat sie geholt«, schrie er verstört. »Ein Dämon hat Trin in seiner Gewalt!«
    Sharik sprang hoch, ganz Reflex und ohne Besinnen, und stand, das Schwert in der Hand, einen Sekundenbruchteil später schon draußen vor der Haustür. Ein Wind so schneidend wie eine Stahlklinge fiel über sie her, und das wilde Schneegestöber, das auch der aus der Gaststube fallende Lichtschein kaum durchdringen konnte, nahm ihr fast jede Sicht. Aber da, neben dem weißen Haufen von Holzstapel, war doch ein vager Lichtfleck - Trins Laterne! Vorsichtig stapfte sie nun darauf zu, und rutschte dennoch einmal in dem wadentiefen Schnee aus, der den Hof jetzt bedeckte.
    »Halt!« übertönte eine Stimme das Heulen des Windes. Sharik blieb wie angewurzelt stehen und faßte ihr Schwert fester. Da trat ein Schemen hinter dem Holzstapel hervor und ins Licht der zu Boden gefallenen Laterne. Der Anblick, der sich Sharik jetzt bot, ließ sie tief Luft holen.
    Denn vor ihr stand, splitternackt und strahlend lächelnd, mitten im kalten Schnee und Sturmgebraus der schönste Mann, den sie je erblickt hatte. Er war schlank und muskulös und hatte ein fein geschnittenes Gesicht und dunkelblondes Haar. Nun bückte er sich anmutig und hob die Laterne auf, und seine Augen schimmerten rot in ihrem Schein.
    »Die Frau ist in meiner Gewalt«, sagte er mit tiefer, herrischer Stimme. »Bring mir das Kind … oder sie ist des Todes.« Als Sharik endlich begriff, was er gesagt hatte, leckte sie sich nervös die Lippen. »Welches Kind?« fragte sie dann ruhig, um ihre Überraschung und Verwirrung zu verbergen. Der Fremde grinste. 
    »Ressas Kind«, erwiderte er. »Den Jungen der Frau mit dem gezeichneten Gesicht. Sag ihr, Haldan sei hier, und sie habe bis Sonnenaufgang Zeit, mir das Kind zu übergeben. Wenn sie sich weigert, bringe ich meine Geisel schön langsam um. Und jetzt geh!«
    »Wie soll ich wissen, daß sie noch am Leben ist?« fragte Sharik.  
    »Ich möchte sie sehen.« »Geh!!«
    Sharik zitterte und knirschte in ohnmächtiger Wut mit den Zähnen. 
    Er trug keine

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