Lichtschwester - 8
Bruders Miene gewahrte. »Nein«, sprach Hugh für alle vernehmlich. »Ich komme, um meine Herrin zu holen.
Du hast dein Wort gebrochen, Bruder. Gib sie heraus!«
»Du kennst meine Forderung, Hugh. Du mußt…«
»Du hast deinen Eid gebrochen, Troy. Ich will meine Frau wieder.
Wenn du sie mir verweigerst, töte ich dich.« Da ging ein Keuchen durch die Menge, und Troy starrte den Bruder ungläubig an. »Ich kann doch nicht gegen einen Krüppel kämpfen!«
»Dann wirst du dich mit mir also schlagen? Ich fordere dich zum Zweikampf. Als dein Bruder habe ich das Recht dazu.«
»Aber, Hugh …«
»Ich bin dir noch immer überlegen, Bruder«, schnitt Hugh ihm die Tirade ab, zu der er angesetzt hatte. »Und wenn du nicht gegen mich antreten willst oder kannst, werde ich wohl besser an deiner Statt König.« Er sah Troy zusammengekniffenen Auges an und fragte sich, wie es nur mit ihnen beiden so weit hatte kommen können. Da brauche ich mich gar nicht zu fragen, dachte er dann, ich weiß es ja nur zu gut. Troy ist ein sturer Mistkerl, und ein hartherziger dazu. Aber ich frage mich, was hier vorgeht …
Warum sie nicht in der Stadt sind, sondern drei Tagesritte davon entfernt ihr Lager aufgeschlagen haben … aber das soll mich jetzt nicht kümmern.
Er vermeinte, die Gedanken der hinter ihm versammelten Soldaten lesen zu können. Sie sind nicht gekommen, um der Niederlage eines Krüppels beizuwohnen, sondern um zu sehen, ob sie doch vielleicht einen besseren König bekommen könnten … Aber das will ich nicht, dachte er, ich will nur meine Frau wiederhaben. Troy stand wie vom Donner gerührt und sah ihn an - eine Ewigkeit, wie es Hugh schien. Aber dann holte der König tief Atem. »Führe ihn einer zum Exerzierplatz … Ich muß jetzt Rüstung und Waffen anlegen«, sagte er, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand in seinem Zelt. Und sein Knappe folgte ihm auf den Fersen.
Die Menge begleitete Hugh zu einem Sandplatz nördlich des Lagers.
Als er dort abstieg, stürzte ein Bursche herbei und führte seinen Hengst beiseite. Dann trat ein schlanker, blonder Jüngling zu ihm und verbeugte sich tief.
»Ich werde dein Sekundant sein …«, sagte er mit scheuem Lächeln.
»Ich habe dich früher schon kämpfen gesehen.« Hugh legte ihm die Hand auf den Kopf und ließ sich von ihm dann helfen, die Rüstung vollends anzulegen. »Ich danke dir. Ja, ich brauche jemanden, der mir zur Seite steht.«
»Aber hier stehen ja alle auf deiner Seite, Herr«, erwiderte der Bursche. »Troy ist grausam und launisch. Neuerdings soll er sogar feige geworden sein. Und die Entführung deiner Gemahlin kann nur das Werk eines Feiglings sein. Als du ihm noch dientest, hast du mäßigend auf ihn eingewirkt.«
Hugh musterte den Jungen interessiert und ließ sich dann von ihm den großen Helm mit dem Bärenfellbusch aufsetzen. Der Junge war doch älter, als er zuerst gedacht hatte. »Und wer bist du denn?«
»Man nennt mich Roger.« »Und wie heißt dein Vater?«
»Das weiß ich nicht, Lord Fitzhugh. Manche sagen, du seist mein Vater. Meine Mutter starb, als ich noch ein kleines Kind war …
Eine alte Frau hat mich großgezogen. Aber sie wußte nichts über meine Herkunft.«
Hugh starrte ihn eine Zeit forschend an, schüttelte dann den Kopf und sagte lächelnd: »Nein, Junge, ich habe vor meiner Kayli keine … Frau gehabt. Aber du bist so rank und schlank und blond, wie sie sich ihr Kind erträumt … Mein Vater ist meiner Mutter nicht treu gewesen, und das war für niemanden ein Geheimnis. Vielleicht bist du ja ein Halbbruder von mir. Wie alt bist du?« »Fünfzehn.«
»Alt genug«, sagte Hugh und reichte ihm seine Linke. »Ich wette, du bist mein Bruder, auch wenn ich das nicht beweisen kann.« »Ja«, erwiderte der Bursche grinsend und schüttelte ihm verlegen und ungeschickt die Hand.
»Nun sage mir, Roger, wie Troy … der König in diese Lage kam«, fragte Hugh, als der Junge ihm den Helmriemen fester zog.
»Irgendein Hexer mit einem barbarischen Namen«, antwortete Roger, »hat ein Heer auf die Beine gestellt und uns damit aus der Stadt vertrieben. Ich habe mit Troys Männern gekämpft, obwohl ich doch noch so jung und im Kriegshandwerk ungeübt bin. Der König scheint neuerdings nicht mehr so beherzt… und ist wohl in der Schlacht zu keiner rechten Entscheidung mehr fähig. Das war sogar so, als das Los unserer Stadt auf dem Spiel stand.« Er blickte sich um und wies in die Runde. »Daß diese Männer hier sind
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