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Lichtschwester - 8

Lichtschwester - 8

Titel: Lichtschwester - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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schneeweiß.
    »Das ist ein Vogel der Tale’edras«, bemerkte Tarma grimmig. »Sie sagen, daß diese Tiere im Dienst ihrer Zauberer mit der Zeit ein weißes Gefieder bekommen. Mir scheint, der da wurde ausgeschickt, Hilfe zu holen.«
    Da stieß der Eulenadler wie zur Bestätigung wiederum einen Schrei aus, flog ein Stück nach Nordwesten, ließ sich dann auf einem Ast nieder und äugte zu den beiden hin - wie um sie aufzufordern, ihm zu folgen. Kethry legte ihrer recht unruhig gewordenen Gefährtin die Hand auf den Arm, um sie zu bremsen, und fragte: »Was machen wir mit unseren Pferden?« »Verdammt… wir lassen sie am besten frei. Dann kehren sie bei Tagesanbruch allein zum Shin’a’in-Lager zurück«, versetzte Tarma. Sie schien nicht glücklich über ihre Idee - aber was hätten sie sonst tun können? Sie konnten sie weder am Camp zurücklassen noch sie durch den Wald reiten, der so stockfinster war, daß sie nicht sähen, wo sie die Hufe hinsetzten. Und sie am Zügel zu führen, wäre ebenso schlecht, wie sie zu reiten.
    Andererseits, an einem heißen Sommertag über die weite Ebene und zum Lager zurücklaufen zu müssen …
    »Nehmen wir ihnen doch die Fußfesseln ab und lassen sie hier und versuchen… vor dem Morgengrauen zurück zu sein«, schlug Kethry vor. »Bis dahin werden sie sich wohl nicht weit entfernen.« 
    Tarma zog ein Gesicht, nahm aber ihrer Stute den Fußstrick ab und warf ihn auf ihr säuberlich aufgehäuftes Sattel- und Zaumzeug.  
    Kethry folgte ihrem Beispiel, und als sie dann aufblickte, sah sie, daß der Eulenadler noch immer wartend dasaß. Er flog erst wieder auf, als sie nur noch wenige Schritte von ihm entfernt waren, und ließ sich bald danach auf einem anderen, auch nordwestlich von ihnen stehenden Baum nieder. Und damit erledigte sich auch Kethrys letzter Zweifel an Tarmas Vermutung: Der Vogel wollte offenbar wirklich, daß sie ihm folgten. So führte er sie immer weiter - viele Wochen lang, wie es ihnen schien, und doch nur Stunden, denn nach dem Stand des Mondes zu urteilen, der durchs Geäst geradewegs zu ihnen herabschien, war es derweil erst kurz nach Mitternacht geworden. Nun, da sie Weg und Steg hinter sich gelassen hatten, war es für sie unmöglich zu sagen, wo sie sich befanden, denn der Wald mit seinen riesigen Bäumen sah überall gleich aus. Kethry vermeinte seit einer Weile zu spüren, daß die zauberischen Energien, die die Luft erfüllten, stärker wurden; ja, die Haut prickelte ihr so davon, daß sie sich dagegen abschirmen zu müssen glaubte, und sie war sich nicht mehr so recht sicher … ob die Zeit noch in ihrem gewohnten Rhythmus verstrich.
    »Wo sind wir?« flüsterte sie schließlich ihrer Gefährtin zu. Tarma hielt inne und blickte zum Mond empor. »Ich weiß es nicht«, gestand sie dann. »Ich habe die Orientierung verloren. Aber wir müßten … irgendwo weit westlich und etwas nördlich von unserem Ausgangspunkt sein. Ich denke nicht, daß wir noch im Pelagiris-Wald sind, eher schon in einer Art Pelagir-Bergland. Ich wollte, wir hätten unseren zottelhaarigen Freund dabei …« »Da hast du leider recht…«, begann Kethry - und eben da fühlten die zwei, wie sich eine riesige, unsichtbare Faust um sie schloß. Der Vogel schrie gellend auf und flog himmelwärts. Tarma fluchte; aber Kethry war zu keinem Laut fähig, so sehr rang sie nach Atem.
    Das ist der Lähmungszauber, dachte sie, während sie Luft zu holen versuchte. Aber sie konnte nicht einatmen, ohne zuvor auszuatmen, und immer, wenn sie das tat, schloß sich die gewaltige Hand noch enger um ihre Brust. Der angeblich … Eine nicht der Nachtstunde geschuldete Dunkelheit überkam sie, und ihre Lungen lechzten nach Luft. … verlorengegangen …
    Pechschwarze Finsternis stieß wie ein Habicht auf sie herab und umfing sie.
    Stechende Brustschmerzen waren das erste, was sie beim Aufwachen spürte. Dann fühlte sie, wie etwas Kühles und Feuchtes über ihre Brauen strich. Sie schlug die Augen auf - und starrte in dumpfem Staunen in zwei Augen, die so blau waren wie die ihrer Gefährtin, aber zu einem von weißem Haar gerahmten und eindeutig männlichen Gesicht gehörten.
    Eindeutig? Nicht… ganz. Der Mann hatte etwas Ungewöhnliches an sich. Nicht, daß er ein She’chorne gewesen wäre, nein, das nicht. Aber etwas Ähnliches, wenn auch keineswegs Schlechtes, doch etwas sehr, sehr Besonderes.
    Hinter seinem Kopf sah sie Stäbe funkeln, die so glitzerten und gleißten, wie nur poliertes Metall

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