Lichtschwester
daß ich es tun, daß ich es versuchen soll.« Ich verabscheue die Zauberei. Sie fordert immer einen Preis, den man lieber nicht zahlen würde und den man auch erst erfährt, wenn einem die Rechnung präsentiert wird. Aber wenn ich zwischen einem Zauber und dem Leben als halblahme Hure wählen muß ... wähle ich natürlich den Zaubereingriff, zum Dämon noch mal!
»Tu es, Hoheit«, sagte ich, und diesmal war mein Flüstern etwas besser vernehmlich.
»Danke, Shaigiss! Es freut mich, daß du meine Hilfe annimmst«, sagte sie so vornehm, als ob sie eine Teegesellschaft in der Burg begrüße. »Der Zauber beginnt mit einem Tanz. Sieh mir dabei genau zu. Es ist ein Eingangszauber, der mich in deinen Körper versetzt ... damit ich deine Sehne heilen kann. Du dürftest dann allerlei durch meine Augen sehen. Danach müssen wir beide schlafen, um uns auszuruhen. Aber wenn wir wieder aufwachen, werden unsere Pferde da sein, so daß wir zu essen haben.« Irgend etwas stimmte da nicht; aber ich war von dieser wer weiß was enthaltenden Schleimbrühe so benebelt, daß ich unfähig war herauszufinden, was das sein könnte.
Yareth legte im Handumdrehen ihr Reitkleid und Unterhemd und ihre Unterröcke ab und stand nun in Korsett und Strumpfhosen vor mir. Vielleicht war es das, was nicht stimmte ... Aber mit einem dieser idiotischen Tänze, die eine Hofdame in langen Röcken absolviert, kann man wohl auch keinen Zauber vollführen, oder?
Ich sah ihr zu, als sie anmutig wie eine Wolke, ein Wasserstrahl oder ein Rauch über den Boden dieser alten Scheune dahinschwebte.
Dann half sie mir, mich auf den Bauch zu drehen, vergrößerte die Wunde etwas, suchte und fand den zusammengeschnurrten Muskel und streckte ihn. Ich sah den Schnitt und fühlte ihre Finger, als ob sie die meinen wären. »Gut so«, kommentierte ich. »Du hast ihn.
Nein, etwas mehr nach links. Da. So ist es gut.« Das alles erschien mir völlig normal - ein Routineeingriff. Nur, daß ich so schrecklich müde war ... Ihr Zauberblizzard heulte wie sieben irrwitzige Dämonen, und durchs schadhafte Dach fegten die Schneeböen herein.
Ich sah mich durch Yareths Augen, als sie die Sehne zusammennähte und mit Kräutern, Salben und Ölen versorgte. Jedes dieser Mittel war mir nach Name und Wirkung vertraut; auch an ihnen war nichts Seltsames. Jetzt vernähte sie die Wunde, verband mir das Bein mit Stoffstreifen, die sie von ihren Unterröcken abriß, und schiente es mit zwei alten Faßdauben.
Ich hatte noch nie in meinem Leben einen Rock getragen, und nun hatte ich so einen, wenn auch in Streifen, um mein Bein. Das war eigentlich komisch, aber mir war nicht nach Lachen zumute.
»Nun tanze ich den Zauber zu Ende«, sagte Yareth und erhob sich.
»Sieh mir wieder genau zu. Danach werden wir schlafen.« Ich sah ihr zu, bis mein Blick verschwamm. Da deckte Yareth mich mit etwas Warmem zu und kroch auch darunter, nahm mich sanft in die Arme und küßte mir das Ohr, daß meine schweren Ohrringe leise klirrten. »Oh, Shaigiss«, flüsterte sie erschöpft, »ich bin ja so froh, daß du wieder genesen wirst . ..« Ich schlief ein ... Und träumte ...
... träumte, daß ich ein Dutzend blutbespritzter Kriegerinnen zum Bluteid vor König Lerrig führte ... und daß ich mich hinter einem Vorhang vor dem dicken Kindermädchen versteckte, das mich überall suchte und halb flüsterte, halb schrie: »Yareth! Yareth! Wo bist du? Komm auf der Stelle heraus!« Und unter meinem Fenster legten die blutbefleckten Kriegerinnen von Shaigiss vor meinem Vater den ältesten Eid unseres Königreichs ab: »My-lord, ich habe das Blut deiner Feinde geschmeckt und es köstlich gefunden.«
Ich träumte von meinem und ... von Yareths Leben ... sie waren so ineinander verschlungen, daß ich sie nicht mehr auseinanderhalten konnte, und es schien mir bis zu meinem Aufwachen auch gar nicht merkwürdig, daß ich da Yareths Erinnerungen träumte.
Zum Begreifen brauchte ich wohl nur eine Sekunde oder weniger.
Es schien einfach so weiterzugehen, weil ich genau wußte, was da geschehen war, und ich der Wirklichkeit nicht ins Gesicht sehen wollte.
Ich lag in Korsett und Strumpfhosen unter einer Decke, und Yareth schlief, in blutverkrustetem Lederpanzer und Kettenhemd, dicht an mich geschmiegt neben mir. Ich sah mich nicht nur mit ihren Augen. Nein, ich war auch in ihrem Körper. Und er paßte mir nicht!
Ich neige ja nicht zur Panik. Wenn ich
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