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Lichtspruch nach Tau

Lichtspruch nach Tau

Titel: Lichtspruch nach Tau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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Enttäuschung.
»Still«, sagte Preobrashenski. »Machen wir uns an die Arbeit.«
Schulter an Schulter standen sie am Eingang, und jeder hörte den lauten Atem des andern. Die Entdeckung legte sich wie eine schwere Last auf ihre Schultern.
Es war vorbei, sie konnten nicht mehr froh und unbeschwert auf den See schauen, und das war traurig, aber unvermeidlich.
So wunderschön er auch gewesen sein mochte, jetzt gehörte er der Forschung und der kalten Analyse.
Sie berechneten den Flächeninhalt des Eingangs, maßen die Radioaktivität des Felsens und des Hindernisses, ermittelten die Stärke des vom See reflektierten Lichts, taten routiniert alles, was zu tun war. Aber irgend etwas in ihnen protestierte gegen diese Tätigkeit. Sie arbeiteten um so verbissener und konzentrierter.
Unterdessen änderte sich nichts jenseits des Hindernisses. Wie vordem flimmerte einladend das Wasser, floß weich das Licht, lag sanft das Ufer da.
Sie drehten einen Film.
»Wir müssen die Festigkeit des Hindernisses abschätzen«, sagte Preobrashenski.
Romanow lief hastig zum Fahrzeug, schleppte den Bohrer herbei, hob ihn vor die Brust und schaltete den Motor ein. Der funkelnde Stachel traf, sich drehend und zuckend, auf die Leere.
Am Ende des Bohrers erschien ein spinnwebartiges Gebilde.
Vor Erregung erstarrt, sah Kramer, wie sich von der vibrierenden Spitze her, einander kreuzend, schwerelose Fäden ausbreiteten.
»Halt!« schrie Preobrashenski mit entstellter Stimme auf.
Aber Romanow hatte schon von sich aus den Bohrer weggeschleudert, als hätte er sich die Hände verbrannt.
Zu spät.
Nicht das Hindernis war geborsten. Die Bruchlinien wuchsen, erfaßten den See, die Felsen, den Wald, den Himmel. Die Welt zerfiel wie ein Diamant unter einem Hammerschlag. Sie zerbröckelte, verblaßte, verlosch…
Und erlosch völlig. Ein nochmaliges Auflodern, und das letzte Wölkchen verschwand.
Finsternis lag vor den Menschen.
Als sie betäubt, verständnislos mit zitternder Hand die kleinen Lampen einschalteten, erblickten sie eine kahle Steinfläche, wo eben noch der See gewesen war.
Bestürzt und vergebens, in verzweifelter Hoffnung, tasteten sie über die Fläche. Der Stein war überall spiegelglatt. Unter den Fingern blätterte schwarze Emaille ab, die hier und dort den Felsen noch bedeckte.
Sie nahmen diese Emaille auf wie eine Handvoll Asche nach einer Feuersbrunst.
Für die Analysen war sie unbedingt notwendig.
Und nachdem alles Erforderliche getan war, das ganze Ritual der Autopsie, ging Preobrashenski zur Seite, setzte sich an die flache Scholle und bedeckte das Gesicht mit den Händen.
»Ich nehme an, daß das für die Fremden so eine Art Fernseher war…«, sagte Romanow unsicher. »Wer konnte denn wissen…«
Preobrashenskis Schultern zuckten.
Kramer hob sein Gesicht zum Himmel.
Dort leuchtete in pechschwarzer Finsternis der ewige Bogen der Milchstraße.
»Nein«, sagte Kramer dumpf, mit unerschütterlicher Gewißheit. »Nein, das war kein Stützpunkt. Auch kein Fernseher. Jene Welt war allzu schön, Technik konnte sie nicht so erschaffen…« Er stockte. »So menschlich.«
Kramer schwieg, blickte zum Himmel und sah ihn nicht. Niemand unterbrach ihn.
»Wir haben uns eingeredet, daß die Größe jeder Zivilisation sich vor allem in der Technik verkörpert«, sagte er schnell. »Warum? Die Fremden sind auch keine Roboter. Hier auf dem Rastplatz, fern von zu Hause, fühlen sie wie wir, und da erschufen sie aus dem Stegreif, was ihnen fehlte: das Bild der heimatlichen Natur. Freunde, das war ein Gemälde.«
Preobrashenski erhob sich, blickte versonnen auf den Felsblock, als bewahrte er noch die Wärme jener seltsamen Wesen, die vor ihnen hier gewesen waren.
»Macht euch fertig«, sagte er und drehte sich jäh um.
Dann klopfte er Kramer leicht auf die Schulter. »Deine Hypothese hat natürlich etwas für sich. Aber sie ist logisch anfechtbar.«
Kramer nickte.
»Ja, selbstverständlich. Und trotzdem bleibt, Millionen Jahre entfernt, auf fremden Planeten und in anderen Galaxien, im Reich jeder Supertechnik der Künstler immer Künstler, und unter dem Eindruck des Augenblicks zeichnet er, gleich wo, womit und worauf. Er muß es einfach tun, das ist die ganze Logik.«

Ágnes Hosszú
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    Gestatten Sie, daß ich mich vorstelle: Ich bin Hermann, das Hermelin. Da für die Menschen – deren Dummheit übrigens grenzenlos ist – jedes Hermelin sächlichen Geschlechts ist, nannten sie mich ursprünglich Hermine. Mit der Zeit, es

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