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Lichtspruch nach Tau

Lichtspruch nach Tau

Titel: Lichtspruch nach Tau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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Substanz. »Dieses Verbot besteht seit über zweihundert Jahren. Gäbe es eine Notwendigkeit, es aufzuheben oder darüber zu diskutieren, wäre es wohl in diesem Zeitraum geschehen. Haben Sie noch Fragen?«
»Ja«, erwiderte Redcroft. »Aber nicht an Sie.«
»Das ist bedauerlich.« Der Generalmajor bewegte den Kopf wie ein zu schweres Pendel. »Es drängt mich, Ihr Verhalten unklug zu nennen.«
Redcroft erhob sich. »Das ist das Recht Ihrer Erfahrung. Mit ihr sind Sie immerhin General geworden.«
Der fette Mann im Sessel grinste plötzlich. Alle Kühle und Unpersönlichkeit war aus seinem Gesicht verschwunden. Er wirkte sehr vertraulich. »Allerdings. Sie jedoch, mein Lieber, werden wohl zeitlebens Kapitän bleiben. Leben Sie wohl.«
Er berichtete Freunden vom Gefühl seiner Ohnmacht. Sie schalten ihn aus. Seine Freundin Claire beschwichtigte ihn wie ein Kind. Ihre Entrüstung auf seinen Vorschlag zur Trennung erschien ihm gespielt.
Redcroft begann die Brücken abzubrechen, über die man ihn gehen lassen wollte. Er wollte konsequent sein, und je mehr er das tat, bemerkte er den Zwang zum Triumph. Heiter schlug er ein in die Hand seines einzigen Gefährten, des Heimlichen, Gehörnten, der seine Nächte ausfüllte und seine Einsamkeit begleitete. Der Plan, auf einem der D-Planeten zu landen, nahm konkrete Gestalt an.
Mit fanatischer Zielstrebigkeit baute er ihn auf, bedachte, erwog, verwarf. Der Einsatz war hoch. Ohne Bedenken begann er seine Stellung, seine Karriere, seine Zukunft, das Traumziel aller Jungen von zehn bis fünfundzwanzig, in die Waagschale zu werfen. Er tat es, und ihm wurde leichter ums Herz, und je leichter ihm wurde, um so mehr begann er das zu hassen, was ihn ein Leben lang daran gehindert hatte. Womit nur hatte sich seine kindliche Phantasie beschäftigt. Er konnte sich nicht erinnern. Er hatte lange zum Erwachsenwerden gebraucht. Konnte er seinem neuen Selbstbewußtsein vertrauen? Es war begründet im Begreifen der Zeit: Der Traumberuf war Alltag geworden, die heroischen Aufgaben banal. Mit einemmal wurde ihm klar, daß er lange zuvor schon am Scheideweg gestanden hatte. Die Routine seines Berufs, die Zähigkeit aller Widerstände hatten nicht jene Gleichgültigkeit erzeugt, die ihn mit seinen Freunden entzweite.
Er haßte! Nicht den Beruf. Nicht die Umstände. Mit illusionslosem Abstand sah er seine Rolle. Er hatte sie auszufüllen wie ein jeder. Doch die logische Notwendigkeit, die dieser Phrase innewohnte, reizte, zu ihren Grenzen vorzustoßen und darüber hinaus. Einmal die eigene Kraft gespürt, die Fesseln zu sprengen, konnte er nicht mehr zurück.
Wo er mit seiner Frage auftauchte, belächelte man ihn, oder man wandte sich gleich ab. Manchmal dachte er selbst, ich bin ein Narr. Wofür das alles, für wen? Welch eine gekünstelte Moralität! Aber er konnte endlich seine Kräfte messen, und er fühlte mehr und mehr, daß er dazu geboren war, zum Kampf. In der Auseinandersetzung mit dem Kosmos war er geübt, den Streit mit Menschen faßte er als staunenswerte Neuigkeit auf. Er wußte, daß man ihn argwöhnisch beobachtete.
Die Tore zu Speichern und Archiven blieben ihm fortan verschlossen. Man fertigte ihn mit Redensarten ab, und die Blicke, die seinem Weggehen folgten, waren voll von Feindseligkeit und Erleichterung. Einmal war er besonders hartnäckig und provozierte die Wut eines schmalen, bleichen Wichts.
»Man sollte Sie einsperren oder in die Plutowüsten verbannen. Daß Sie es nur wissen, Sie sind ein fürchterlicher Mensch! Was habe ich Ihnen nur getan, daß Sie in meinen Frieden eindringen, Sie Wüterich. Ich lasse Sie nicht herein. Ich habe eine Anweisung. Ohnehin sind die Unterlagen, die Sie suchen, nicht hier. Es gibt sie überhaupt nicht. Gehen Sie, gehen Sie, und lassen Sie anständige Menschen in Ruhe!«
Mit dem Geschrei des kleinen Zerberus im Ohr verließ Redcroft das Zentralarchiv. »Wenn ihr nicht wollt«, murmelte er ergrimmt vor sich hin, »ich komme auch so ans Ziel. Wenn es sein muß, ohne euch.«
    Er stieß die Füße auf und hinkte über den schrägen Boden der Zentrale. Aus dem Automaten kam tatsächlich auf Knopfdruck heißer Tee. Er grinste, voller Hohn auf seine Widersacher. Eigentlich jedoch kam es ihm paradox vor, daß irgend etwas in diesem Schrotthaufen noch funktionierte.
    Tee schwappte aus dem Becher über seine Hand. Während er den kostbaren Tropfen ableckte, vernahm er die Meldung des Ky über den Fortgang der Reparaturen. Lächerlich, sagte er sich. Aber

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