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Lichtspruch nach Tau

Lichtspruch nach Tau

Titel: Lichtspruch nach Tau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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einundachtzig…«
Bei »hundert« schlug er die Augen auf. Das Objekt hatte sich transformiert. Es war verschwunden. Nur ganz weit oben am Himmel schimmerte ein dunkler Punkt – vielleicht ein Vogel, vielleicht auch etwas anderes.
Dann zerschmolz auch dieser Punkt. Das bodenlose Himmelsblau war leer.
Noch am selben Abend begab sich der Professor in die Poliklinik. Ein Psychiater mit der Miene eines Menschen, dem von vornherein alles klar ist, hörte ihn an, untersuchte ihn, kontrollierte seine Reflexe und brummte: »Bei euch Physikern ist nichts so wie bei normalen Menschen…« Seine Diagnose lautete: Die Nerven des Professors sind stark angegriffen, aber eine besondere Gefahr besteht nicht.
Einen Monat lang nahm der Professor Medikamente ein und führte ein geregeltes Leben. Halluzinationen suchten ihn nicht wieder heim.

Bernd Ulbrich
In eigenem Auftrag
    Stotternd dröhnten die Triebwerke. Dann setzten sie endgültig aus. Gaswirbel packten den Raumschiffkoloß und schleuderten ihn in die Tiefe. Die Temperatur der Außenhaut stieg. Der Ky meldete den Ausfall der Triebwerkssteuerung. Das Raumschiff sackte steil weg.
    Niemals je hatte er sich so vom Glück verlassen gefühlt. Der Magen drängte nach oben. Er versuchte das Würgen zu bekämpfen. Er atmete tief und wollte sich mit einem Lächeln Mut zusprechen. Er hatte viel gewagt, um hierherzukommen. Jetzt durfte ihn das Glück nicht verlassen. Er überließ sich dieser Suggestion und hoffte mit fataler Zuversicht. Seine Bewegungen erschienen ihm sicher, seine Anordnungen unfehlbar. Tatsächlich jedoch war außer seinem Leben nichts mehr zu retten. In fünfundzwanzigtausend Meter Höhe gelang es ihm, den Sturz abzufangen.
    Ein feuriger Schatten schoß durch die Wolken. Ihm entgegen hob sich ein Gebirge.
Redcroft beobachtete das Spiel der Anzeigen. Als das Rasen der Atmosphäre so schmerzhaft in den Ohren schrillte, daß der Laut eigentlich nur noch im Krachen des Aufschlags enden konnte, riß er durch manuell bemessene Schübe der Bugdüsen die Rakete hoch. Wie Wäschestücke im Wind flatterten die Tragflächen. Aber die Superlegierung hielt. Er war sich nicht bewußt, daß ihm der Schweiß ausbrach und seinen Körper überströmte. Seine Existenz war ihm in Vergessenheit geraten. Sein Denken und Fühlen bezog sich auf Vergangenes. Er handelte wie ein Automat von Moment zu Moment. Ein vergangener Schmerz belebte eine Hoffnung. Eine unstillbare Sehnsucht wütete in ihm. Mit seinem Tod würde sie sterben.
Unglaublich knapp glitt der Flugkörper über einen Kamm, dessen jenseitiger Abhang mit sanftem Schwung in die Ebene fiel. Redcrofts Knie zitterten vor Hoffnung.
Kreischend rissen die vier Schichten der Panzerung auf. Jedoch überschlug sich die Rakete nicht. Ihr Rumpf schrammte berstend über den Fels. In seinen verwitterten Bereichen hinterblieb eine Furche.
    Auf dem Rücken eines Steinwalls kam das kosmische Geschoß zur Ruhe. Einen Herzschlag lang umgab es völlige Stille. Dann brach das Raumschiff in der Mitte auseinander.
    Redcroft, der voreilig die Gurte gelöst hatte, wurde gegen die Bruchkante einer Verschalung geschleudert. Der Wucht des Anpralls war selbst das Material des Skaphanders nicht gewachsen. Eine metallene Kralle riß ihn von der linken Schulter bis in die Höhe des Herzens auf.
    Über ihm an der Decke war ein Licht, das da nicht hingehörte. Immerhin, ein Licht. Er tastete über die Fetzen seines Anzugs. Seine Nase war verklebt und zwang ihn, durch den Mund zu atmen. Er schmeckte Blut und etwas Unbekanntes. Ich atme, dachte er. Aber das hast du doch gewußt: Das ist ein Sauerstoffplanet. Erstaunlich ist nur eins, daß du noch am Leben bist. Du bist verdammt dreist, mein Junge. Ein Leben lang warst du dreist, und das ist nun die Rechnung. Er grinste. Stöhnend und umständlich arbeitete er an seiner Befreiung. Im Stehen taumelte er ein wenig, aber das war schnell vorbei. Den Schutzanzug warf er von sich und ließ die Teile mit gleichgültiger Verachtung da liegen, wo sie gerade zu Boden fielen. Der Schmerz aus dem Innern seines Körpers schien ihm kein Signal für ernsthafte Verletzungen zu sein. Er tastete über die Glieder. Dann bückte er sich mühsam und raffte die leere, nutzlose Hülle zusammen. Sorgsam hängte er sie an eine schräg wegbrechende Wand. Indes er noch eine Falte glattzog, murmelte er: »Das Ende sieht so schlimm nicht aus, nicht wahr.«
    Vom heimatlichen Sonnensystem befand er sich lichtjahreweit entfernt. Aber er konnte

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